Auch das Bruchsaler Freibad SaSch reiht sich nun in die traurige Liste jener Bäder ein, in denen es in diesem Sommer zu mindestens einem gewalttätigen Übergriff gegen das Personal gekommen ist. Über eine Grenzüberschreitung und die damit einhergehenden Gedanken und mögliche Folgen berichtet Thilo Wüstenhagen von den Stadtwerken Bruchsal in einer nachdenklichen und lesenswerten Mitteilung:
Das SaSch!-Freibad und der gesellschaftliche Klimawandel
Gewaltbereitschaft einer kleinen Minderheit könnte bald den Badespaß der großen Mehrheit trüben
Aretha Franklin buchstabierte und forderte: „(Just a little bit) R-E-S-P-E-C-T“. Das war 1967. 2023 ist Respekt für viele ein Fremdwort. Der gewalttätige Übergriff auf einen Schwimmmeister im Freibad Malsch bei Ettlingen, wo mehrere unbekannte Täter im Juni auf einen Schwimmmeister eingeprügelt und ihn dabei erheblich verletzt hatten, sind auch in Bruchsal ein Thema.
Im Freibad SaSch! hatte es im Juli ein ähnliches Vorkommnis gegeben: Nachdem ein Badegast vom Sprungturm beinahe auf ein Kind im Wasser gesprungen war, das noch nicht wieder aus dem Sprungbereich herausgeschwommen war, wurde der Badegast verwarnt und ihm die weitere Nutzung des Sprungturms untersagt. Daraufhin schaltete dieser unvermittelt in den Angriffsmodus und beleidigte den Rettungsschwimmer, der die Wasseraufsicht innehatte, worauf dieser ihn des Bades verwies. Die Situation eskalierte, was zur Folge hatte, dass der Bäderbedienstete Verletzungen im Gesicht davontrug. Als die anwesende Security den Täter zwecks Feststellung seiner Personalien ergreifen wollte, wurden sie seitens anderer Badegäste massiv daran gehindert. Der Angreifer konnte unerkannt entkommen.
Sandra Vrkic, Abteilungsleiterin Bäderbetriebe und Bädermanagerin der Stadtwerke, ist betroffen ob der latenten Gewaltbereitschaft einzelner Badegäste. Ihrer Wahrnehmung nach zählen zu dieser Minderheit, die den Badespaß der Mehrheit ernsthaft gefährden könnte, sowohl deutsche Jugendliche, mehrheitlich männlich, häufig auch in Gruppen, als auch junge Erwachsene mit Migrationshintergrund. Ihnen ist gemein, dass sie den nötigen Respekt vor den Werten des gesellschaftlichen Zusammenlebens vermissen lassen. Stadtwerke-Chef Eberhard Oehler beobachtet die gesellschaftlichen Veränderungen mit Sorge, befürchtet, dass die Gewaltbereitschaft beinahe schon ein tägliches Phänomen ist.
Hier ist im Prinzip unser aller Zivilcourage gefragt. Sich selbst dabei nicht in Gefahr zu bringen, ist die oberste Grundregel. Eine situationsabhängige Gratwanderung, zugegebenermaßen. Oehler ist zwar auch ratlos, ob der sinnlosen Gewalt, gibt sich aber entschlossen: „Wir müssen die Gesellschaft wachrütteln, das Problem beim Namen nennen.“ Er wendet sich bewusst an die Medien, um das Thema Sicherheit in den Freibädern in den Fokus der Öffentlichkeit zu bringen.
Erste Überlegungen zum Gegensteuern reichen von einem Alkoholverbot im Freibad über eine Taschenkontrolle vor dem Einlass bis hin zur Ausweiskontrolle. „Falls sich nichts ändert, werden wir im August das Freibad für zwei bis drei Tage schließen, um auf das Problem aufmerksam zu machen“, so Oehler, „in letzter Instanz geht es um die Gesundheit meiner Mitarbeiter!“
Ich halte es für naiv, die Gesellschaft zur Zivilcourage aufzurufen, da das Problem des fehlenden Respekts oft aus der Sphäre der Erwachsenen und Älteren kommt und sich dann auf die „Jugend“ durchschlägt. Wenn ich sehe, was für ein Umgangston sich in „der Gesellschaft“, sei es unter Verkehrsteilnehmern, bei politischen, ernährungs- oder ethischen Diskussionen und nicht zuletzt durch die erstarkte Rechts durchsetzt, braucht man sich nicht über den Abfärbeeffekt bei oft bildungsfernen Jugendlichen wundern. Man muss Respekt, Toleranz und Liebe vorleben und nicht maßregeln, ohne sich selbst an die Nase zu fassen.