Wellness unterm Messer

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Die besten Barbiere im Hügelland

von Philipp Martin

Wellness, so abgenudelt der Begriff mittlerweile ist, so nichtssagend ist er auch. Die meisten verstehen darunter einen Aufenthalt in der Therme, Massagen und das einlullende Gedudel von Panflötenmusik. Ehrlich gesagt schüttelt es mich bei dem Gedanken ordentlich, allein das Gequietsche von Flip Flops auf nassen Fliesen verursacht mir Zahnschmerzen.

Wenn ich eine echte “Männer-Auszeit” brauche, lege ich mich viel lieber unters Messer. Damit meine ich natürlich keinen Aufenthalt beim Schönheitschirurgen – eine Operation kommt für mich eher nicht in Frage, auch wenn es mittlerweile – sagen wir.. Optimierungsbedarf an der einen oder anderen Problemzone gäbe. Wenn ich es mir richtig gut gehen lassen möchte, besuche ich einen Barbier und lasse mir die Haare stutzen. Das ganze Ritual vor Ort ist fantastisch und hat mit einem normalen Friseurbesuch, wie ich ihn aus Deutschland gewohnt bin (einmal Igel bitte) nichts zu tun. Die Herren (eine Frau ist mir bis jetzt noch nicht untergekommen) verstehen ihr Handwerk und arbeiten mit einer faszinierenden Mischung aus maskuliner Bestimmtheit und Sänfte.

Meist startet der Reigen mit einer kräftigen Massage von Gesicht und Schädeldecke. Starke Hände packen beherzt zu und kneten Kopfhaut und Wangen unerbittlich und dabei herrlich angenehm durch. Danach landet ein dampfendes, heißes Handtuch dort, wo in wenigen Minuten mit scharfer Klinge ans Werk gegangen wird. Während ich im Halbdunkel die feuchte Luft des mit Wasser getränkten Stoffes atme, höre ich den Barbier nebenan den Schaum für den Rasierpinsel anrühren. Dann geht es auch schon los. Mit geschulten Bewegungen strafft die eine Hand die Haut, während die andere eine – nun ja – rasiermesserscharfe Klinge darüber gleiten lässt. Mal wird die Nase angehoben, mal etwas an der Lippe gezogen und mit leichtem Druck die dünne Haut am Hals glatt gezogen, damit die Klinge geschmeidig ihr Werk tun kann. Das Gefühl dabei, lässt sich nur schwer beschreiben. Es ist ein kleines bisschen kribbelnde Anspannung, da schließlich nur das Zucken im Handgelenk des Barbiers einen erklecklichen Blutverlust zur Folge hätte, aber im Wesentlichen ist das Prozedere äußerst angenehm. Man gibt sich einfach in die Hände des Spezialisten und erhält eine Rasur, die man selbst zu Hause nur mit sehr viel Übung und Aufwand erzielen könnte.

Doch der Besuch beim Barbier ist nicht nur schnödes Rasieren, es ist wie schon gesagt das ganze Drumherum. Nachdem die Klinge ihren letzten Zug getan hat, sind die Haare in den männlichen Problemzonen an der Reihe. Ein in heißes Wachs getauchtes Wattestäbchen wird in beide Nasenlöcher eingeführt um nach Erkalten mit einem kräftigen Ruck das struppige Gebüsch dort innerhalb von Sekundenbruchteilen zu entfernen. Die schwer erreichbaren Pärchen in den Ohrmuscheln werden kurzerhand mit einem brennenden Wattebausch abgeflammt. Dabei geht der Barbier sehr vorsichtig vor, der Kontakt mit der Flamme ist auf blitzschnelle Handbewegungen beschränkt. Der Erfolg dieser Übung liegt danach im wahrsten Sinne des Wortes in der Luft, der Geruch von verbranntem Haar sagt klipp und klar: “Mission accomplished”.

Doch keine Sorge, es riecht nicht lange so. Nun kommt die Behandlungen mit Aftershave. Hierbei kennen Barbiere keinerlei Sparmaßnahmen, es wird geklotzt und nicht gekleckert. Eine gute Handvoll das intensiv und alkoholisch duftenden Wässerchen landet klatschend auf den gerade eben rasierten Hautpartien. Das fühlt sich im ersten Moment so an, als ob man sich selbst in Salzsäure marinieren würde, doch wie gesagt nur für einen Moment.. danach macht sich wohlige Wärme breit.

Im Anschluss trägt der Barbier noch etwas beruhigende Lotion oder Creme auf, nimmt mit einem Schwung den Umhang herunter und vollendet sein Werk mit einer erneuten, kräftigen Massage von Kopfhaut und Gesicht. Das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Rosige, jugendliche Haut, glatt wie ein Babypopo. So liebe ich das, so muss das sein.

So, damit ihr – sofern euch Bärte wachsen – auch einmal in den Genuss dieser hart-herzlichen und besonderen Wellness-Einheit kommen könnt, habe ich hier noch meine persönlichen Empfehlungen für die besten Barbiere im Hügelland. Und gleich als Transparenz-Hinweis vorneweg: Es handelt sich hier um rein persönliche Empfehlungen. Ich stehe mit keinem der Salons in geschäftlicher Beziehung, erhalte für die Empfehlung keinerlei Vergütung – weder in Form von Geld noch von kostenlosen Dienstleistungen. Host me? Here we go:

Da wären zum Beispiel Elvis und Mazlim vom Diamond Salon in Eppingen. Hier ist schon einmal das Ambiente großartig. Die Jungs haben ihren Salon im Stil eines alten amerikanischen Barbershops aufgezogen. Die Atmosphäre ist großartig und die Einrichtung passt perfekt. Elvis ist mit seiner Haartolle und seinem schwarz-grauen Rauschebart zudem ein perfektes Aushängeschild für den Salon und seinen Beruf. Genauso gerne kehre ich auch zum Goldenen Schnitt in Bretten ein. Master of Messer ist hier Berber Ali, der in Wirklichkeit Ali Gök heißt. Handwerklich gibt es bei ihm absolut nichts auszusetzen, das ganze Prozedere passt für mich von vorne bis hinten. Ohne Fehl und Tadel ist nach meiner Erfahrung auch die Rasur bei Altuntas in Philippsburg, empfehlen kann ich zudem den neuen Barbershop an der Östringer Hauptstraße.

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