Vor 100 Jahren in der Eppinger Zeitung

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Was die Menschen an der Schwelle zu den letzten 20er Jahren bewegte

Eppingen im Herbst 2019. Die Menschen diskutieren über grüne Kreuze am Ackerrand, Klimapolitik, Wahlergebnisse, IS Rückkehrer, die Grundrente, E-Zigaretten und vieles mahr.. Vor 100 Jahren hatte man hierzulande jedoch gänzlich andere Themen, wie ein Blick in die Originalausgabe der Eppinger Zeitung vom 25 Oktober 1919 zeigt.

Der erste Weltkrieg war gerade zu Ende gegangen und im Frühjahr 1919 starteten die Friedensgespräche im französischen Versailles, an deren Ende schließlich ein Vertragswerk stand, dass u.a. die Reparationen des Kriegsverlierers Deutschland regeln sollte. Es war das Jahr in dem der Spartakusaufstand, die Münchner Räterepublik und die Novemberrevolution niedergeschlagen, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ermordet und Friedrich Ebert – übrigens ein Heidelberger – als Reichspräsident vereidigt wurde. In Paris durchfliegt Charles Godefroy mit seinem kleinen Doppeldecker den Arc de Triumph, die erste Waldorfschule wird aus der Taufe gehoben und die Erotik-Ikone Beate Uhse erblickt das Licht der Welt.

In Eppingen bekommt man von denen großen Ereignissen der politischen Weltbühne nur das mit, was in den wenigen Zeilen der Eppinger Zeitung abgedruckt wird. Vielmehr ist man zuhause ganz unmittelbar mit den Nachwehen des Krieges beschäftigt. Kohle und Lebensmittel sind knapp und es fehlt an jungen Männern die allerorten mit anpacken könnten. Doch gibt es auch Positives zu berichten. So wird Eppingen 1919 erstmals an das elektrische Netz angeschlossen und die im Mai von Adolf Dieffenbacher eröffneten Eppinger Lichtspiele verschaffen den Menschen angenehme Zerstreuung in schweren Zeiten. Damals kamen in Eppingen auch allmählich die Stammtische in Mode und so wurden die jüngsten Entwicklungen im Dorf aber auch im Reich beim „Lindewirts Karl“, im „Grünen Hof“ und später auch bei „Franke Christl“ im „Deutschen Kaiser“ diskutiert.

Interessant ist auch ein Blick in den Kleinanzeigen-Teil der Zeitung von anno dazumal. Der Turnverein Eppingen mahnt hier zum vollständigen Erscheinen bei der Probe im Engel und den anschließenden Spielen, in der Linde und im Rössle wird der Ausschank neuen Weines beworben, Wilhelm Herdle bietet eine Kuh zum Verkauf und Friedrich Hüfner gibt ergebenst zur Anzeige, dass seine Metzgerei im Adler nun wieder eröffnet sei.

Auch dem angebrochenen Wochenende sah man an diesem 25. Oktober 1919 in Eppingen offenbar gerne entgegen, immerhin lockte eine Schiffschaukel beim grünen Hof und Tanzmeister Wolf bat ergebenst zum Tanzkurs im Gasthof zur Eisenbahn.

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