Von Goldeseln und Märchenfeen

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Bretten startet 2025 zwar in ein rundes, aber keineswegs fettes Jahr

„50 Jahre“ und „Bretten“, beides zusammen in einem Satz, klingt irgendwie seltsam. In einer Stadt, die in nicht allzu ferner Zeit 1.300 Lenze auf dem Buckel haben wird, kommt einem ein 50-jähriges Jubiläum eher wie eine belanglose Fußnote in der langen und beeindruckenden Geschichte des alten Brettheims vor. Dennoch gilt es natürlich auch diesen Meilenstein zu feiern, denn er markiert ein wichtiges Datum – nicht nur für Bretten, sondern auch für die vormals neun eigenständigen Gemeinden, die im Zuge der Gemeindegebietsreform Anfang der Siebziger zur großen Kreisstadt Bretten zusammengeschlossen wurden.

Was immer wieder im Zuge dieser Art von Feier als harmonische Fusion umgelabelt wird, war es auch im Falle Brettens nicht wirklich – zumindest nicht in Gänze. So wehrte sich die Gemeinde Gölshausen mit Zähnen, Händen und Füßen gegen den Verlust der eigenen Unabhängigkeit, weshalb schlussendlich der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg das Dorf dem großen Nachbarn im Südwesten zuschlagen musste. Dieses gallische Momentum ist letztlich auch der Grund dafür, wieso Bretten die 50 Jahre Gemeindegebietsreform-Sause so ziemlich als Letzter im Kraichgau feiert.

Nico Morast: Ein OB für klare Worte

Für den neuen Oberbürgermeister Nico Morast keine schlechte Sache, denn so fällt dieses runde Jubiläum nun sogar in seine erste Amtszeit, wie er augenzwinkernd während seiner rund 45-minütigen Neujahrsrede anmerkt. Ein launiger Moment in einer Ansprache, die ansonsten die vor Bretten liegenden Aufgaben und Herausforderungen klar auf den Punkt bringt, dabei nichts beschönigt.

„Wir haben keinen Dukaten-Esel im Rathaus stehen, wir sind auch nicht Dagobert Duck mit einem Geldspeicher“, spricht der neue OB klipp und klar die angespannte finanzielle Lage der Stadt an und erteilt teuren Wünschen mit nicht minder deutlichen Worten eine Absage: „Ich bin keine Märchenfee, die Wünsche erfüllen kann.“ Diese Tacheles-Momente sind auch in Hinblick auf die geplante Gartenschau in Bretten zu verstehen, bei der jetzt schon klar sei, dass wesentliche Kernelemente nicht wie geplant umgesetzt werden könnten, so Morast.

Sparen und Priorisieren als Maxime

Der Tenor und die To-do-Liste für 2025: Sparen, Pragmatismus und Realismus allerorten. „Die Prognosen zeigen eindeutig, dass wir im großen Stil priorisieren und neu ordnen müssen“, schwört Nico Morast die Bürgerinnen und Bürger in Bretten auf einen Sparkurs ein. „Finanzielle Spielräume haben wir nicht mehr. Wir stoßen an die Grenzen unserer Möglichkeiten.“

Dass Sparen aber nicht Stillstand bedeutet, bringt der Oberbürgermeister mit einigen seiner skizzierten Pläne für das kommende Jahr zum Ausdruck: „Wir setzen uns für bedarfsgerechte Kinderbetreuungsangebote, die Weiterentwicklung unserer Schulstandorte und die Förderung des Ehrenamtes ein. Nicht mit Worten – mit Taten.“ Oder aber auch: „Bezahlbarer Wohnraum, attraktive Stadtteile und eine belebte Innenstadt stehen ganz oben auf meiner Agenda.“ Ebenso wichtig: „Der Ausbau des Nahverkehrs, der Schutz unserer Natur und die Förderung regenerativer Energien sind unverzichtbare Bausteine für eine nachhaltige Stadtentwicklung.“

Dialog und Bürgernähe im Fokus

In seiner Ansprache, gespickt mit etlichen Zitaten – von A wie Aristoteles oder Adenauer bis hin zu Anleihen aus der Bibel – zeigte sich Morast aber auch zuversichtlich und beteuerte erneut, ein Oberbürgermeister für alle Menschen in der Stadt sein zu wollen, niederschwellig und direkt erreichbar. Man müsse im Sinne Melanchthons im Dialog bleiben: „Kommunikation ist der Schlüssel zum Erfolg – in der Stadtverwaltung, im Gemeinderat und in der Bürgerschaft.“ Oder, wie er es selbst ausdrückt: „Ich möchte kein Sprechstundenoberbürgermeister sein – sondern ein Ansprechoberbürgermeister für alle.“

Ein Appell zur Wahlbeteiligung

Am Ende appellierte Nico Morast noch an alle Menschen im Saal – gut 900 waren an diesem Tag ins Hallensportzentrum im Grüner gekommen – unbedingt bei der anstehenden Bundestagswahl von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen. „Schlechte Politiker werden gewählt von guten Bürgern, die nicht zur Wahl gehen“, unterstrich der neue OB diese demokratische Pflicht mit einem prägnanten Zitat von Thomas Jefferson.

Musik und Zusammenhalt

Abgerundet wurde dieser viel beachtete Neujahrsempfang der Stadt Bretten, unter dessen Gästen neben den ehemaligen Oberbürgermeistern auch der Bundestagsabgeordnete Nicolas Zippelius, mehrere Landtagsabgeordnete und zahlreiche Stadt- und Gemeindeoberhäupter aus dem Umland waren, durch musikalische Beiträge vom Feinsten. So spielte ein Großaufgebot an Musikerinnen und Musikern aus Bretten, Bauerbach, Büchig, Gölshausen und Neibsheim gemeinsam – ein schönes Bild, das für den Zusammenhalt dieser nun 50 Jahre alten großen Kreisstadt steht.

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