Ungebetene Badegäste

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Seit Jahren verwandeln zugereiste Nilgänse den kleinen Badesee in Mühlbach zunehmend in eine Kloake – nun soll ein einheimischer Joker das Problem lösen

“Wirklich wunderschöne Tiere sind das” hört man die Jungs vom örtlichen Fischereiverein und Ortsvorsteher Theo Antritter unisono sagen, während wir gemeinsam an diesem verregneten Mai-Tag von der kleinen Staumauer auf das Spektakel direkt am Ufer hin abschauen. Dort tummelt sich gerade eine ganze Nilgans-Familie, zwei erwachsene Tiere und neun Jungvögel. Bei den Strandgästen handelt es sich um das, was wir in Baden gerne als “Neigschmeckte” bezeichnen – eben Zugereiste von außerhalb. Ursprünglich stammen Nilgänse aus Afrika, sind dort immer noch eine der am weitesten verbreiteten Vogelarten. In Europa gab es früher nur wenige Exemplare, die meisten von ihnen wurden schon vor Jahrzehnten nur als Ziervögel gehalten. Als in den Niederlanden einige Vögel entfliegen konnten, pflanzten sich diese unkontrolliert fort und so trifft man heute auch in weiten Teilen Westeuropas an Flüssen und Seen auf die afrikanische Nilgans, die mit ihrer natürlichen Aggressivität gerne neue Reviere beansprucht. Vor drei Jahren schlugen die Tiere auch das erste Mal im Eppinger Stadtteil Mühlbach auf – nicht alle Menschen im Dorf freuten sich über die Ankunft der gefiederten Gäste. Im kleinen Badesee der Gemeinde fühlten sich die Nilgänse offenbar wohl und kehrten in den kommenden Jahren in immer größere Zahl zurück.

der Mühlbacher Ortsvorsteher Theo Antritter

Zuerst versuchten es die Mühlbacher mit dem bewerten Credo “Leben und leben lassen”, doch dieser Vorsatz gestaltete sich schwierig. Während der Badesaison überziehen die Nilgänse den gesamten Strand und die angrenzenden Liegewiesen mit ihrem Kot, der zum einen in der prallen Sonne naturgemäß unangenehm riecht und zum anderen – eine entsprechende Probe hat dies bestätigt – auch gesundheitliche Gefahren mit sich bringen kann. Zum anderen verdrängen die ungebetenen Gäste aber auch Stück für Stück die heimische Tierwelt. Wie die Angler des Fischervereins selbst beobachten konnten, jagen die Nilgänse die heimischen Stockenten aus ihrem Revier und töteten durch den aggressiven Flügelschlag bereits mehrere derer Küken. Dementsprechend blank liegen die Nerven am kleinen Mühlbacher See, der vor rund 50 Jahren als Freizeitanlage für die Menschen im Dorf erschaffen wurde.

Doch wie soll man dem Problem nur Herr werden? Die Mühlbacher haben sich diese Entscheidung bislang nicht leicht gemacht, wollen doch viele Stimmen an der Diskussion teilhaben. Alleine im Ortschaftsrat des kleinen Stadtteils von Eppingen sind beispielsweise ein Biologe und eine Ornithologin vertreten, beide mit fundierten Fachkenntnissen und einer entsprechenden Ausbildung im Hintergrund. Während die einen Stimmen für die Duldung der Vögel votieren, sprechen sich andere dagegen aus – eine schwierige Situation, erzählt Ortsvorsteher Theo Antritter. Er kennt das Problem auch aus den Nachbargemeinden, beispielsweise vom Badesee Ehmetsklinge. Während dort aber genügend Platz bleibt, damit Mensch und Tier koexistieren können, kommen sich am deutlich kleineren Mühlbacher See beide Spezies doch unweigerlich ins Gehege.

Die Nilgänse ungestört gewähren zu lassen, würde faktisch bedeuten den See als Badesee und Erholungsort für die Menschen aufzugeben – zudem wäre es das Ende der örtlichen Stockentenpopulation, so Antritter. Aus diesem Grund hat sich der Ortschaftsrat in Schulterschluss mit der Wildtierbeauftragten des Landkreises Heilbronn nun eine Strategie einfallen lassen, die einheimische Champions mit ins Boot holt. Da sich die Nilgänse auf der kleinen Insel im Badesee eingenistet und dort bereits alle einheimischen Seevögel vertrieben haben, wurde nun mit einem kleinen Steg eine Art Gleichgewicht zwischen den Nilgänsen und der heimischen Fauna wiederhergestellt. Konnten bislang natürliche Fressfeinde wie Füchse oder Marder die Insel nicht erreichen, steht Ihnen nun mit dem eigens dafür konstruierten Steg ein Zugang zur Verfügung.

eine Brücke für Füchse, Marder und Co soll das Gleichgewicht der Kräfte wiederherstellen

Wann und ob Füchse und Marder diesen Weg entdecken werden, steht derzeit noch völlig in den Sternen. “Es ist erstmal ein Versuch” räumt Theo Antritter ein. “Jetzt muss man erstmal abwarten”. Wenn dieser Versuch schiefgeht, ist guter Rat jedenfalls teuer. Der Steg ist quasi das letzte Ass im Ärmel der Mühlbacher. Eine Bejagung der Gänse wäre zwar theoretisch möglich, das Jagdrecht sieht hier aber nur ein enges Zeitfenster zwischen September und Januar vor – auf die Badesaison hätte dies nur wenig Einfluss. Ob die Mühlbacher Kinder also künftig wieder vermehrt “Fuchs, du hast die Gans gestohlen” singen oder im Sommer Slalom um Entenkot laufen werden, muss sich nun erstmal zeigen.

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3 Gedanken zu „Ungebetene Badegäste“

    • Amüsant wie unwohl sich manche bei dem Gedanken fühlen, dass uns die Natur nicht gehört :) Man wird sicher einen Weg finden es den Badegästen wieder bequem zu machen.

      • …nicht ALLEINE gehört… sollte es m.M. nach heißen. Die Enten finden ja es scheinbar auch nicht so lustig.
        Aber Neozoen (so nennt man die doch?) können ein Ökosystem aus dem Gleichgewicht bringen. z.B. die Krötenplage in Australien.

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