So wächst ein Dorf zusammen

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Gemeinsam frühstücken, mit Freunden kruschteln… Bad Schönborn beteiligt sich am “Tag der Nachbarn” und macht dabei alles richtig

Eigentlich ist es ziemlich paradox. Immer mehr Menschen sind von Einsamkeit betroffen, leben alleine und zurückgezogen, vermissen die menschliche Nähe. Andererseits sind es so viele, dass man sich im Grunde ja nur untereinander vernetzen müsste um der Einsamkeit durch gelebte Gemeinschaft entgegenzuwirken. Vielen scheint hierfür aber der Antrieb zu fehlen oder die Vorstellungskraft, wie man die eigene Insel wieder verlassen könnte. Ein wunderbares Konzept im Kampf gegen das immer weiter um sich greifende Phänomen “Alleine unter vielen” ist aktiv gelebte Nachbarschaft, die alljährlich im Mittelpunkt des “Tag der Nachbarn” steht. Die bundesweite Initiative geht auf eine Idee der Stiftung “nebenan.de”, eine gemeinnützige Tochterorganisation des Berliner Sozialunternehmens Good Hood.

Sonja Franzke-Dammert

Das Konzept dieses besonderen Tages ist simpel, aber einfach schön. Überall in Deutschland, am liebsten in allen Kommunen, überall dort wo Menschen bereit sind an diesem Tag mit zu wirken, sollen spontane Nachbarschaftsfeste organisiert werden. Konkrete Anlässe einander zu begegnen, sich besser kennenzulernen, die nachbarschaftlichen Bande etwas enger zu ziehen. Auch in unserer Region nehmen daran mehrere Gemeinden Teil, zum Beispiel Ubstadt-Weiher oder – in unserem Beispiel – die Kurgemeinde Bad Schönborn. Sonja Franzke Dammert hat engagiert für diesen besonderen Tag zwei Events ins Leben gerufen: Ein gemeinsames Frühstück auf dem Mingolsheimer Marktplatz und einen dezentralen Hofflohmarkt, der ganz Bad Schönborn – also sowohl Bad Langenbrücken als auch Bad Mingolsheim mit einbezieht. „Die entspannte Atmosphäre bietet die perfekte Gelegenheit, um neue Kontakte zu knüpfen, Nachbarn kennenzulernen und gemeinsam eine gute Zeit zu verbringen“, so Sonja Franzke Dammert.

Musikalische Untermalung von der Musikschule

So fanden sich am Freitagmorgen tatsächlich eine Handvoll Menschen auf dem Marktplatz ein, um miteinander ganz gemütlich bei einem schönen Frühstück in den Tag zu starten. Jeder brachte etwas mit, so dass sich das kleine Buffet am Ende über zwei Tische ausbreitete. Wassermelonenscheiben, Laugengebäck, etwas Kuchen, ein paar selbstgemachte Aufstriche und fair gehandelter Kaffee aus dem Dritte-Welt Laden gegenüber. Eine gemütliche kleine Runde, die altersmäßig vom Kleinkind bis hin zum Best-Ager den ganzen Querschnitt der Bad Schönborner Bevölkerung abbildet. Dennoch, ein Umstand, den die ganze Gruppe einerseits bedauerte, sich andererseits nicht wirklich erklären konnte, hätten es deutlich mehr Menschen werden dürfen. Von etwa 13.000 Einwohnern in Bad Schönborn hatten nur etwa 10-12 den Weg auf dem Marktplatz gefunden, dabei hätte der Anlass nicht schöner, das Angebot nicht niederschwelliger sein können. Natürlich war an einem werktäglichen Vormittag nicht mit dem riesigen Andrang zu rechnen, doch gerade für einsame, ältere Menschen, wäre dies ein schöner Anlass gewesen um der eigenen Isolation für einen Vormittag den Rücken zu kehren.

So gering aber die Resonanz auf das Frühstück auch ausfiel, umso umwerfender war das Feedback auf den Hofflohmarkt. Unglaubliche 150 Haushalte hatten ihren Innenhof für die Aktion angemeldet, um einerseits etwas alten Kram und Hausrat zu verkaufen, andererseits mit der Nachbarschaft in Kontakt zu treten. Überall in Langenbrücken und Mingolsheim standen Türen und Tore offen, war jeder herzlich willkommen. Wann hat es so etwas zuvor schon einmal gegeben? Spontane Grillfeste, gemütliche Hocketse, improvisierte Kaffeekränzchen und an jeder Ecke ein gepflegtes Schwätzchen unter Nachbarn, aber auch Fremden.

Über eine interaktive Straßenkarte, die sich jeder Interessierte über einen QR-Code herunterladen konnte, strömten Schnäppchenjäger und Neugierige durch die ganze Bädergemeinde. Eine tolle Aktion, wie auch der Bürgermeister findet. „Der Tag der Nachbarn ist eine wunderbare Gelegenheit, um unsere Nachbarschaften zu stärken und das Zusammengehörigkeitsgefühl in Bad Schönborn zu fördern.” so Klaus Detlev Huge. Eine Gelegenheit die von vielen am Schopfe gepackt wurde und die hoffentlich in ihrer vierten Auflage 2024 noch deutlich mehr Resonanz bei den Menschen hervorrufen wird.

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