So trägt man ein Dorf zu Grabe

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Nicht nur der Strukturwandel lässt Dörfer ausbluten, auch viele enthemmte Idioten tragen ihren Teil dazu bei

Eine Meinung von Philipp Martin

Wie unsere Dörfer sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt haben, darüber müssen wir hier an dieser Stelle nichts und niemanden aufklären. Jeder sieht wie Läden, Kneipen, Gaststätten, Metzger, Bäcker… einer nach dem anderen die Flinte ins Korn werfen und lieb gewordene Institutionen von der Bildfläche verschwinden. Die Schuld daran tragen wir alle, die wir mobil wie nie zuvor, lieber dem großen Supermarkt, den städtischen Gewerbegebieten oder dem Online-Händler, als dem kleinen Einzelhändler vor Ort die Treue halten. Das soll keine Schelte sein, die Welt dreht und verändert sich eben beständig und wir müssen unseren Tanzstil ändern, wenn eine andere Musik spielt. Was aber eben bei unserer, der Praktikabilität geschuldeten Fixierung auf Kaufland, Globus, eBay und Amazon auf der Strecke bleibt, ist unser Dorfleben. Der Krämerladen oder Marions Modehäusle können einfach nicht mit den Preisen eines knallhart agierenden und börsennotierten Unternehmens mithalten.

Doch nichtsdestotrotz, trotz all dieser nachvollziehbaren Verlagerung, ist das Bedürfnis nach einem intakten Dorfleben da. Zudem gibt es manche, an vorderster Front unsere Älteren, die auf eine funktionierende Nahversorgung angewiesen sind. Ein echter Glücksfall ist hier das Konzept von Ladenketten wie Tante M, die sich in kleinen, zuhauf leerstehenden Ladengeschäften in den Orstmitten einmieten und hier einen Dorfladen einrichten, der fast 24/7 einen Einkauf über computergesteuerte Kassensysteme ermöglicht. Der Knackpunkt ist die fehlende Notwendigkeit für Personal, die dieses Konzept wirtschaftlich aufgehen lässt. Der Betreiber kommt auf seine Kosten und die Menschen haben wieder eine Anlaufstelle für den kleinen Einkauf mitten im Dorf. Wenn das keine Win-Win-Situation ist, was bitte dann? In Menzingen hat mit der ersten Filiale der Tante M im Kraichgau dieses Konzept für ein Happy End nach dem Wegbruch von Metzger und Bäcker im Dorf gesorgt. Zu jeder Tages- und Nachtzeit kann hier das Nötigste und alles Wesentliche für den täglichen Bedarf eingekauft werden, einfach, schnell und benutzerfreundlich. Andere Kommunen, wie beispielsweise Zeutern, haben längst Feuer gefangen und interessieren sich ihrerseits für die Ansiedlung eines solchen Dorfladens. Warum auch nicht, es gibt schlicht keine Verlierer bei diesem Konzept.

All das wäre so schön, gäbe es nicht jene Menschen, die es schaffen, auch in jeden noch so gut geölten Motor ihre kleingeistigen Steine zu werfen. Idioten, die sich darin gefallen, der Welt ihren Stempel in Form von sinnloser Wut und Zerstörung aufzudrücken. Idioten, die sich in der Stadtbahn wie Rindviecher aufführen, ihre dreckigen Füße auf die Bänke legen und lautstark herumgrölen um dem Nahverkehr auf dem Land auch noch die letzte Chance zu rauben… Idioten, die sich auf Festen und Umzügen hemmungslos besaufen, danach randalieren und dadurch besagte Feste und Umzüge zu Grabe zu tragen… Und Idioten, die ein tolles Konzept wie den Tante-M-Laden, ohne Not und bar jeden Geistes torpedieren, indem sie stehlen, Kassensysteme beschädigen oder durch das Unterbrechen der Stromversorgung der Kühlschränke, die Waren verderben lassen. Dieses Mal wurde der Laden durch den Betreiber instand gesetzt und die Schäden beseitigt. Sollten sich solche Vorkommnisse aber in Zukunft häufen, wer könnte es ihm verdenken, würde er irgendwann selbst den Stecker für die Filiale ziehen?

Dann hätte Menzingen etwas Wertvolles verloren, dann hätten wir alle auf dem Dorf ein Stückchen hart zurückeroberte Normalität gleich im Keim erstickt. Das dürfen wir schlicht nicht zulassen. Auch wenn wir uns immer mehr zu menschlichen Inseln entwickeln, sollten wir niemals das Terrain den Idioten, den Halbstarken, den Zerstörern überlassen. Etwas kaputt zu machen ist so einfach, etwas aufzubauen dagegen so mühsam.

Es gilt daher nicht mehr leise zu sein, stattdessen ein Zeichen zu setzen und wo immer man auf besagte Idioten stößt, klare Kante zu zeigen. Denn es ist leider ein Trend, der sich durch die ganze Gesellschaft, von oben nach unten und wohin man auch schaut, wie eine rote Linie zieht: Eine große, ehrliche und friedliche Mehrheit, lässt sich von schrillen und lautstarken Minderheiten widerstandslos durch die Gegend schubsen, lässt jede gesellschaftliche Debatte von einzelnen Schreihälsen vereinnahmen.

Wie schnell könnte man sie doch verstummen lassen, würde man nur die eigene Behäbigkeit überwinden und gemeinsam ein friedlich donnerndes “Bis hierher und nicht weiter” erschallen lassen.

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11 Gedanken zu „So trägt man ein Dorf zu Grabe“

  1. Ja, von solchen gibt es leider zuviel….!!!
    Datenschutz hin oder her… Zugang zu solch tollen Konzepten wie der TanteM sollte nur mit abscannen des Ausweiß und Videoübsdwachung möglich sein so das solche Idioten wo randalieren und zerstören die Möglichkeit genommen wird sich auszutoben!!!!
    Wir sind eh gläsern und überwacht da kommt es auf so eine Möglichkeit nicht drauf an…

    • Genau so sehe ich das auch. Mit betreten des Ladens akzeptiert man die AGBs und den „Datenschutz“ und kann beim Einkauf gefilmt werden.

    • Wunderbar geschrieben! Sehe es genauso! Wäre vielleicht auch das beste,Datenschutzrechte hin oder her.Schließlich muss die Mehrheit wegen den paar minderbemittelten Leuten leiden!

  2. gut und treffend geschrieben, ein Gescannter Ausweis ist vll. nicht notwendig aber eine Videokamera wäre sicherlich hilfreich.

    • Meist steckt dahinter Langeweile und eine kaum noch stattfindende Erziehung bzw.Aufmerksamkeit seitens der Eltern gegenüber ihren Kindern.
      Die Zeiten vom respektvollen Umgang mit fremdem Eigentum und seinen Mitmenschen scheinen fast schon Vergangenheit.
      Aber es gibt immer wieder Lichtblicke.
      Vielleicht fühlen sich, beim Lesen der Kommentare, die betroffenen Verursacher
      doch ein wenig schuldig und fangen an das Hirn einzuschalten, bevor sie so sinnlos handeln.

  3. Danke für diesen klasse Kommentar!
    Soweit ich informiert bin arbeitet Tante-M mit eine Video-Überwachung.

    Es ist so unglaublich schade, dass solche tollen Konzepte, welchen allen Dorfbewohnern das Leben erleichtern und so viel zu einer wieder erstarkenden Dorfgemeinschaft beitragen, von ein paar Idioten/Volldeppen (sucht es euch aus) zerstört und missbraucht werden.

    Ich hoffe die Verantwortlichen werden gefunden und müssen für den durch ihr assoziales Verhalten entstanden Schaden vollständig aufkommen und bekommen ausreichend Sozialstunden, z.B. Einkaufsdienst für Senioren, aufgebrummt, so dass sie lernen was für ein Zugewinn Läden wie Tante-M für ein Dorf bedeuten.

  4. Warum nicht gleich Zugang über Ec oder Kreditkarte? Dann könnte nach Videobeweis gleich der Schaden abgebucht werden?

Kommentare sind geschlossen.