Episches Gemetzel am Philippsburger Baggersee
Eine Kolumne von Thomas Gerstner
Freunde, ich kann nicht gerade behaupten als ehemaliger Zivildienstleistender das Grauen auf dem Schlachtfeld jemals selbst miterlebt zu haben… Was mir aber neulich Abends an einem Baggersee unweit Philippsburg widerfahren ist, wird mich und meinen von der Krankenkasse bezahlten Discounter-Therapeuten noch jahrelang beschäftigen. Diese Geschichte ist nichts für Zartbesaitete – Kinder und Jugendliche sollten an dieser Stelle nicht weiterlesen. Allen anderen sollen die schrecklichen Ereignisse dieses schicksalhaften Juniabends Warnung und Mahnung zugleich sein.
Es war einer dieser schwülen, heißen Abende mitten im Kraichgau. Ich fuhr mit meinem giftgrünen Opel Ascona gerade die B35 heimwärts über den Rhein, wie immer flankiert und hirnlos überholt von primitiven Ureinwohnern der wilden linken Seite des großen Flusses. (Diese Strecke ist geeignet für alle die gerne russisches Roulette spielen, denen aber nur eine Kugel in der Trommel deutlich zu wenig ist.) Hemd und Hose klebten schweißdurchtränkt an meinem nicht mehr ganz so straffen, in die Jahre gekommenen Körper. Aus dem Radio schalte Janet Biedermann (Right Now – goile Nummer) und meine Zunge klebte trocken am Gaumen. Ich beschloss mir etwas Abkühlung zu verschaffen und zum Abschluss dieses Tages für die Tonne (TfdT) ein paar Bahnen im kühlen Nass zu ziehen. Weil der allmächtige Konsum-Gott Saturn mich dereinst lehrte das Geiz immer geil ist, verzichtete ich auf einen Besuch im teuren Freibad und steuerte einen nahe gelegenen Baggersee bei Philippsburg an.
Im Nachhinein kommt es mir seltsam vor dass an einem 30 Grad heißen Tag der Strand nahezu leer war, damals schenkte ich diesem Umstand aber kaum Beachtung und entkleidete mich bis auf die knapp sitzende Unterhose. Ich schwamm und schwamm, die nun turmlose Silhouette des Atomkraftwerkes am dunkler werdenden Abendhimmel im Hintergrund. Dieses friedliche Bild eines entspannten Tommys mitten auf dem Baggersee, der lethargisch wie ein Fettfleck auf Omas Bouillon obenauf treibt, sollte sich aber binnen Minuten in eine Szenerie des Grauens verwandeln.
Ich schwöre euch, ich übertreibe nicht wenn ich euch sage dass sich mit den letzten Sonnenstrahlen der Himmel verdunkelte und ein wütendes und kreischendes Summen die bis dahin friedliche Abendluft schwängerte. Überall aus dem Totholz und den brachliegenden Gestaden des Seeufers, erhoben sich Millionen und Abermillionen von Stechmücken. Von diesem Moment an muss ich für Außenstehende ein wenig ästhetisches Bild abgegeben haben. Mein wuchtiger Körper zuckte wild um sich schlagend wie eine plötzlich mit Starkstrom gespeiste Lavalampe. Panisch durchdachte ich meine Optionen. Umziehen an Land käme einem Todesurteil gleich, also packte ich nass und Haken schlagend in vollem Lauf meine Klamotten und rannte Richtung Parkplatz. Freunde, ich kann euch sagen, das waren die längsten 100 Meter meines Lebens.
Wie die Vampire um den großen Nosferatu selbst, attackierten mich die Stechmücken von allen Seiten und aus allen Richtungen. Schutzlos und mangels entsprechender Beweglichkeit unfähig die Blutsauger auf meinem Rücken mit den Händen zu erreichen, rannte ich als ob der Teufel selbst hinter mir her wäre. Während meine Hände zitternd und hastig in dem unter den Arm gestopften Kleiderbündel nach meinem Autoschlüssel suchten, landeten Dutzende der widerlichen kleinen Parasiten überall auf mir und begannen sofort ihr gottloses Werk.
Als ich endlich den Schlüssel fand und mich mit einem Satz ins Innere meines Ascona rettete, glich ich bereits einem pockennarbigen Streuselkuchen. Überall hatten sich die Stechmücken an mir gütlich getan. Am Tag danach zählte ich nicht weniger als 35 rote Hubbel, ein jeder juckender und nerviger als der andere.
An dieser Stelle einfach einmal wieder ein demütiges, fettes Dankeschön für die bloße Existenz der KABS (Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage). Für uns Hinterländler sind Stechmücken ein weniger zentrales Thema, als für jene Menschen die dicht am Rhein leben. Seit diesem einschneidenden Erlebnis weiß ich nun dass die KABS nicht weniger ist als ein Verein echter Superhelden, der die Menschen Jahr für Jahr vor der Armada der Vampir-Invasoren schützt. Zu meiner Verteidigung – ich fand in den Twilight-Filmen irgendwie den Werwolf immer sympathischer.
Liebe KABS-Helden, sollten euch einmal wieder ein paar Hubschrauber abschmieren, dann wendet Euch vertrauensvoll an den guten alten Tommy. Ich werde dann persönlich den einzigen einsatzbereiten Hubschrauber der deutschen Bundeswehr entwenden und das gesamte Rheinufer höchstselbst mit einem Napalm-Teppich überziehen. Stechmücken sind nicht weniger als die Arschlöcher der Natur und wenn ich die Möglichkeit hätte sie mit einem Knopfdruck alle auszurotten, dann würde ich das ohne jede Skrupel oder Rücksicht auf mögliche Auswirkungen auf das Ökosystem, auf der Stelle tun.
Für meinen nächsten Ausflug an den Philippsburger Baggersee habe ich mir bei Ebay in jedem Fall einen historischen Taucheranzug mit Kupferhelm aus dem 19. Jahrhundert bestellt. Daran können sich die fliegenden Arschgeigen erstmal die Zähne ausbeißen und sollte das alles nicht helfen, wird der beim gleichen Händler bestellte Flammenwerfer sicherlich von gewissem Nutzen sein.
Lang lebe die KABS, so long Euer Tommy