Roberts Wohnzimmer

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Die Kirche Sankt Michael, die Burg oder das alte Rathaus mögen vielleicht die schönsten Gebäude in Odenheim sein, das heimliche Herz der Gemeinde schlägt aber in der liebevoll “Wohnzimmer” genannten Mehrzweckhalle in der Forsthausstraße.

von Stephan Gilliar

Der rund 60 Jahre alte Zweckbau mag zwar optisch kein Filetstück sein, doch hier pulsiert das Kulturleben der Katzbach-Gemeinde. Vom Seniorennachmittag über das Kasperletheater, den Sportunterricht bis hin zur Faschingsfete – wenn nicht gerade auf den Straßen gefeiert wird, geschieht all das immer hier im Odenheimer Wohnzimmer.

Herr über dieses Odenheimer Heiligtum ist der Arbeitskreis der Odenheimer Vereine und dessen bekanntestes Gesicht, zweifellos das Odna-Urgestein Robert Laub. Er kennt die alte Halle wie seine Westentasche, packt immer zielsicher den gerade richtigen Schlüssel von seinem großen Bund, weiß genau, was in jedem Winkel und jeder Ecke zu finden ist. Bei einer Führung durch die weitläufige Anlage wähnt man sich schon fast in einem Barockschloss, so liebevoll und wertschätzend spricht Robert von seinem “Wohnzimmer”.

Früher wurde sogar geheiratet in der alten Mehrzweckhalle, doch dafür gibt es heute im Grunde kaum noch freie Termine, denn Odenheims Dreh- und Angelpunkt platzt aus allen Nähten. In seinem dicken Ordner zeigt mir Robert den Belegungsplan der Halle und tatsächlich findet sich hier kaum noch ein freies Zeitfenster. Mal trainiert hier die FC Jugend oder die Bogenschützen, dann wieder probt die Garde, der Musikverein oder der Tennisclub… nicht selten sogar gleichzeitig. “Manchmal trainieren die Bogenschützen auf der einen Seite, während oben auf der Bühne die Mädels von der Tanzgarde üben”, lacht Robert. Er ist wahnsinnig stolz auf den Zusammenhalt in Odenheim und das gute Zusammenspiel der Vereine. Um Odenheim voranzubringen, zieht das ganze Dorf an einem Strang. “Ich hab se so gmacht wie a Familie” sagt Robert und meint damit die im AOV zusammengeschlossenen Vereine. Das sind übrigens so ziemlich alle im Dorf, mal abgesehen von den Tischtennisspielern, aber auch mit denen besteht laut Robert ein sehr herzliches und freundschaftliches Verhältnis. Klingt fast zu gut um wahr zu sein, gebruddelt und gestritten wird doch sicher auch in Odenheim, oder Robert? “S`gibt schon auch Streit” räumt er augenzwinkernd ein, aber “mir kläre des hier immer”.

Besonders die Jugendarbeit ist für den bald 70 Jahre alten AOV-Vorstand der entscheidende Schlüssel dafür, dass all das auch noch lange so bleiben kann. “Du musch mit junge Leit kämpfe” weiß er sicher und berichtet, wie manche Odenheimer Vereine aus allen Nähten platzen, so rege sei der Zufluss neuer junger Vereinsmitglieder.

Ein Generationenwechsel steht auch bald bei ihm an. Nächstes Jahr will Robert als Vorstand der Odenheimer Ortsvereine zurücktreten, hat bereits einen potentiellen Nachfolger im Blick. Zwar muss natürlich der gesamte Vorstand über eine solche Personalie entscheiden, doch Robert ist sich sicher, einen guten Mann als Nachfolger ins Spiel bringen zu können. Wer dieser Mann sein könnte, darüber schweigen wir uns aber heute noch aus, das wird früh genug bekannt werden. Die Fußstapfen, die es dann auszufüllen gilt, sind jedenfalls ziemlich groß. Trotz seiner bald sieben Jahrzehnte auf dem Buckel ist Robert immer noch ein Hansdampf in allen Odenheimer Gassen. Irgendetwas gibt es immer zu tun, etwas zu organisieren, etwas zu regeln. “Jeden Tag bin i unterwegs” sagt er und “mei Frau schelt scho mit mir”. Ob er nach dem Ende seiner Amtszeit wirklich kürzer treten wird? Fraglich, dafür brennt ihm Odenheim viel zu sehr in den Adern. Besonders seinen Augapfel, die alte Mehrzweckhalle, will er in gutem Zustand und in guten Händen wissen. In den letzten zehn Jahren wurden mehrere 100.000 Euro in die Sanierung des “Wohnzimmers” investiert – unter anderem rund 300.000 in eine neue Lüftungs- und Heizungsanlage nach dem neuesten Stand der Technik.

Public Viewing vor der Mehrzweckhalle Odenheim

Doch auch wenn der Bestandsbau mittlerweile wieder in einem guten Zustand ist, steht nach Roberts Meinung noch eine wirklich große Aufgabe auf seiner Bucket List. Da mit dem einstigen Pfarrhaus und der vermutlich bald umfangreich zu sanierenden alten Schule weitere potentielle Flächen für die Vereinsarbeit in Odenheim weggefallen sind beziehungsweise wegfallen werden, erhöht sich der Druck auf das begrenzte Raumangebot der Mehrzweckhalle spürbar. Aus diesem Grund existieren bereits erste Pläne für einen möglichen Anbau an die alte Halle. 150 m² sollen nach ersten Entwürfen eventuell auf der, der Straße zugewandten Seite der Mehrzweckhalle entstehen. Der Gemeinderat der Stadt Östringen hat bereits einer Prüfung einer solchen möglichen Erweiterung zugestimmt, erste Kostenschätzungen gehen aber von Investitionen von mehr als einer Million Euro aus. Eine Summe, die die Stadt ohne eine massive Förderung von mindestens 50 % nicht im Alleingang stemmen kann, gibt Bürgermeister Felix Geider zu bedenken. Man prüfe derzeit intensiv, welche Fördertöpfe dafür infrage kämen. Eine Förderung durch das LEADER-Programm wurde bereits verneint, eine weitere Möglichkeit wäre nun noch ein Antrag auf Mittel aus dem ELR Programm der EU, doch der Ausgang sei ungewiss, so Felix Geider. Für die 16 im AOV zusammengeschlossenen Vereine wäre eine Finanzierung in dieser Größenordnung ebenfalls kaum machbar, die Einnahmen erzielt der Zusammenschluss im Wesentlichen durch die Hallenmiete bzw. Pacht.

Für Robert Laub ist eine Erweiterung der Halle dennoch alternativlos. Um das üppige Vereinsangebot der Odenheimer Ortsvereine aufrechterhalten zu können, braucht es seiner Meinung nach eben den entsprechenden Platz. Die Frage nach der Finanzierung müssten auch mal andere beantworten, oder wie Robert das etwas trotzig ausdrückt: “Wer des zahlt isch mir egal – i bins net”. Ob es aber jemand anders ist, oder ob der Wunsch nach einer Erweiterung eben genau das bleibt – ein frommer Wunsch – steht aktuell noch in den Sternen.

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3 Gedanken zu „Roberts Wohnzimmer“

  1. Erst einmal möchte ich mich bedanken über den tollen Bericht. Aber ich habe noch zwei kleine Anmerkungen ohne das mitwirken unserer Vereine die über 1000 Arbeitsstunden geleistet haben und ohne meine Vorstandsschaft die nicht nur tolle Arbeit leistet sondern zu der ich auch ein blindes vertrauen habe wäre das alles nicht möglich.

  2. Robert Laub eine wahre Legende in Odenheim, kaum einer der ihn nicht kennt. Immer ein offenes Ohr, vor seinem Engagement für Odenheim kann man nur den Hut ziehen.

  3. Zu Robert Laub möchte ich auch gerne noch sagen obwohl der Bericht viel über ihn aussagt. Ein Mensch mit Ecken und Kanten der auch oftmals auch aneckt wenn es um den AOV geht aber auch ein Mensch mit einem großen Herz für die denen es nicht so gut geht was viele nicht wissen.

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