Platz ist in der kleinsten Hütte

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Faszination „Tiny Houses“ auf der Messe Karlsruhe

Schlafzimmer, Wohnzimmer, Esszimmer, Küche, Bad – was man eben so braucht zum Leben und das alles auf 15 rollenden Quadratmetern. Eigentlich wie im Wohnmobil. Und eigentlich doch wieder nicht.

Von Jennifer Gilliar – „Tiny House, das ist mehr als nur wohnen, das ist ein Lebensgefühl!“ So beschreibt es eine Besucherin der „New-Housing“, der Schau und dem Festival rund um kleine, alternative Wohnformen in der Messe Karlsruhe.

„Es hat etwas mit frei sein, mobil sein, unabhängig sein zu tun.“ , so weitere Stimmen.
So weit so klein, doch in Deutschland gar nicht einfach um zusetzten. Ein geeignetes Mini-Haus zu bekommen ist das kleinere Problem. Anbieter gibt es mittlerweile genügend. Doch in Deutschland einen Stellplatz dafür zu finden ist umso schwieriger.
Michele Paldino ist 55 Jahre alt und KFZ-Glaser von Beruf. Er erzählt uns, er habe zwei Jahre nach einem geeigneten Platz gesucht. Denn mit dem Kauf eines Mini-Hauses war es auch für ihn nicht getan. In Deutschland müssten bestimmte Auflagen für den dauerhaften Umzug in ein entsprechendes Domizil erfüllt werden. Unter anderem ein genehmigter Stellplatz mit einer postalischen Adresse, sowie dauerhafte Strom- und Wasserversorgung. Einfach mal raus irgendwo ins Grüne, nett an einem See…eher nicht.

Michele Paldino hat schließlich mit dem Verein „Tiny Houses für Karlsruhe e.V.“ Kontakt aufgenommen und darüber einen Stellplatz auf einem Campingplatz in Waldbronn bekommen. Dem Verein stünden dort 18 Stellplätze zur Verfügung. Die seien aber bis ende des Jahres bereits alle vergeben, so Paldino. Die Faszination des minimalistischen Wohnens ist in Deutschland angekommen. Nach Angaben des bundesweit tätigen Tiny House Verbandes werden jährlich mehr als 500 neue Mini-Häuser gebaut. In zahlreichen Vereinen seien über 2000 Mitglieder organisiert. Mehr und mehr Firmen und Dienstleister würden auf die wachsende Branche aufmerksam.
Michele Paldino schätze sehr die kleine Gemeinschaft in Waldbronn, erzählt der KFZ-Glaser weiter. Die jüngste Bewohnerin der dortigen Tiny-House Community sei 6 Monate alt, die älteste schon länger in Rente.

Von der Idee bis zum fertigen Eigenheim im Kleinformat seien bei ihm drei einhalb Jahre vergangen, erinnert sich Michele. Als er das erste Mal von Tiny Houses gehört habe, sei er sofort „geflasht“ gewesen. Eigentlich habe er sich vorgestellt einen alten Zirkuswagen zu kaufen und den dann selbst umzubauen. Doch die seien ganz schön teuer, erzählt der 55 jährige. Und am ende laufe es auf den Kompromiss hinaus: was hätte ich gerne und was ist machbar. Schließlich habe er sich dann bei einem professionellen Hersteller ein Tiny House im Rohbau gekauft und den Innenausbau in Eigenregie erledigt. Das sein billiger gewesen. Alles in allem habe ihn das Vorhaben um die 35 000 Euro gekostet. Heute sei alles aber wesentlich kostspieliger. Durch die Inflation und die gestiegenen Rohstoffpreise müsse Minimum mit 50 000 Euro für ein Tiny House mit allem drum und dran gerechnet werden.

Auf die Frage hin, was ihn denn so an dieser Art zu wohnen fasziniere, hat Michele Paldino eine klare Antwort: „Je weniger man besitzt, umso leichter ist das Leben!“
Er habe dem Konsumwahnsinn entkommen wollen. Nicht mehr arbeiten, arbeiten, arbeiten, um sich dann mit Shopping für die Arbeit zu belohnen. Das habe sich für ihn wie ein Hamsterrad angefühlt. Seinen Besitz zu minimieren sei dann ein längerer Prozess gewesen. Kleiderschrank ausmisten, einiges verkaufen und auch verschenken. Bis dann nur noch so viel da war, dass es in sein 18 Quadratmeter Schmuckstück passt. Lediglich zwei E-Gitarren stünden bei einem Kumpel im Keller, erklärt Padino. Davon habe er sich nicht trennen können. Nachhaltig und naturnah zu wohnen, das seien weitere wichtige Punkte für ihn gewesen, erzählt Michele Paldino weiter.
Er werde häufig gefragt, ob er seinen Schritt bereue. Darauf antworte er dann, dass er sich eine andere Art zu wohnen nicht mehr vorstellen könne. Lediglich der Standort könnte sich vielleicht noch mal ändern.

Infos gefällig?

Weitere Infos: www.tiny-houses-karlsruhe.de
www.tiny-house-verband.de

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3 Gedanken zu „Platz ist in der kleinsten Hütte“

  1. Gute Ansätze. Und das sowas in D kaum umzusetzen ist, war ja klar. Im Land der Bürokratie und des Verwaltungswahnsinns…
    Dennoch: wenn ich sowas brauch, hol ich unseren Winzwohnwagen raus und los gehts!

  2. Ich könnte mir das auch vorstellen, aber nicht auf 18 qm. Es gibt deutlich größere Alternativen. und zwar von einem namhaften Fertighaushersteller. Er bringt mit seinem Flying space eine andere Hausart auf den Markt. Hier sind 50 qm angezeigt. allerdings leben wir im Bürokratenland D und da ist dann alles etwas komplizierter. Und wie wird es dann, wen der gute Mensch mal in ein alter kommt, wo es ihm schwer fällt Treppen zu steigen. Das Haus des Fertighausherstellers bietet alles auf einer Ebene an. Und das finde ich besser.
    Natürlich zu einem deutlich höheren Preis.

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