Ein Streifzug durch das Geburtstags-Dorf
Einer der schönsten Wege sich dem Bruchsaler Stadtteil Heidelsheim zu nähern, ist der alte Unteröwisheimer Weg, der von Kraichtal her über einen Höhenkamm durch idyllische Felder und Hohlwege führt. Hat man die Anhöhe oberhalb des Rohrbachtals erreicht, öffnet sich das Hügelland und gibt den Blick auf Heidelsheim frei. Die ehemalige Reichsstadt ist auch heute noch ein beliebtes Motiv für Postkarten. Verwinkelte Gassen, kleine und große Türme, Sandstein, Fachwerk und alles überragend – die markanten Silhouetten der Stadtkirche, des barocken Stadttores und jene der Malzfabrik.
1250 Jahre und ein paar Wochen ist Heidelsheim nun alt. Am 26. Januar 770 erfolgte die erste urkundliche Erwähnung im Grundbuch des Klosters Lorsch, jene erste und gut überlieferte Datenbank, anhand deren die meisten Städte und Gemeinden ihr Alter festmachen. Damals hieß Heidelsheim noch Heidolfesheim und war allenfalls ein kleines Nest an der viel befahrenen Römerstraße ins italienische Verona. Zu jener Zeit als Heidolfesheim gegründet wurde, erholte sich der Kontinent gerade von der ersten großen Pest-Welle, die unzählige Unglückliche dahingerafft hatte. Durch seine gute Lage an der Handelsstraße, erholte sich der Ort aber vergleichsweise schnell und wurde vermutlich im frühen 12. Jahrhundert von Kaiser Barbarossa zur Reichsstadt erhoben. Diese Städte unterstanden keinem lokalen Machthaber, sondern direkt dem Kaiser selbst, was mit einer Reihe von Privilegien aber auch Pflichten verknüpft war.
Die folgenden Jahrhunderte waren für Heidelsheim eine einzige Berg- und Talfahrt. Die Stadt wurde mehrfach gepfändet, geplündert, stand im Mittelpunkt von Kriegen, Schlachten und Belagerungen, wurde zerstört, wieder aufgebaut und wechselte mehrfach den Besitzer. Die letzte große Schlacht wurde 1974 geschlagen, als die Heidelsheimer sich mit Händen und Füßen gegen die Eingemeindung in die große Kreisstadt Bruchsal wehrten – vergebens, wie allgemein bekannt.
Heute, im Jahr 2020, ist Heidelsheim der schönste Stadtteil Bruchsals und eine echte Perle und Zierde in den Kraichgauer Hügeln. Das Dorf mit seinem zentralen Marktplatz und den imposanten Fachwerkhäusern, hat sich seinen Charme bewahrt und ist ein hervorragendes Ausflugsziel zu jeder Gelegenheit. Es gibt Kneipen, Cafés und sogar ein kleines Freibad am Ortsrand. Alle paar Wochen rücken die Heidelsheimer auf ihrem kleinen Marktplatz rund um den historischen Brunnen zusammen und feiern ausgelassen und fröhlich. Anlässe dafür gibt es genug: Da wäre z.b. der traditionelle Higgomarkt, dessen Dreh und Angelpunkt das “Higgen” ist. Dabei werden zwei gekochte Eier gegeneinander geschlagen und der, dessen Ei dabei unbeschädigt bleibt, erhält als Beute das beschädigte Exemplar des Gegenübers.
Den Schulterschluss mit ihrer langen und bewegten Geschichte suchen die Heidelsheimer alle zwei Jahre beim Reichsstadtfest. An diesen Tagen verwandeln sich die Straßen und Gassen des Dörfchens zurück in jene des alten Heidolfesheims. Die Menschen gewanden sich dann nach alter Väter Sitte, Handwerker demonstrieren die Fähigkeiten ihres Berufsstandes vor hunderten von Jahren und in den Schänken fliesen Wein, Met und Bier bis der Hahn von denen Schindeln kräht.
Auch wenn der Veranstaltungskalender des aktuellen Jubiläumsjahres durch die derzeitigen Ereignisse stark ausgedünnt werden musste, so lohnt sich ein Besuch in Heidelsheim doch allemal. Sobald die derzeitige Krise überwunden und das Leben auf die Straßen zurückkehrt ist, dürfte es keinen schöneren Ort an einem lauen Sommerabend geben um über die schweren Tage zu sprechen und auf das Morgen anzustoßen, wie den Heidelsheimer Marktplatz. Jede noch so schwere Phase geht irgendwann zu Ende – das können Ihnen die Heidelsheimer nach 1250 bewegten Jahren voller Zuversicht in die Hand hinein versprechen.
Ein sehr schöner Bericht,das Reichsstadtfest ist immer toll,komme immer gerne nach Heidelsheim zum Besuch der Geschwister und den Festen,Higgomarkt war schon bei uns Kindern immer beliebt,mein Bruder war der Nachtwächter von Heidelsheim