Unzählige trotzten dem Regen
Wie schnell man seine Macht verlieren kann, musste Ubstadt-Weihers Bürgermeister Tony Löffler wie an jedem Rosenmontag auch in diesem Jahr wieder schmerzlich begreifen. Die Hoffnungen, das stürmische Wetter könne den Sturm auf das Rathaus selbst verhindern, zerschlug sich um 11 Minuten nach 11 Uhr. Wie jedes Jahr stürmten die Narren des Elferrates Seite an Seite mit den Freischärlern Zeutern das Rathaus und legten das Gemeindeoberhaupt und seine Räte in Ketten. Spätestens als die donnernden Kanonen-Salven der Schützen ertönten war jedem klar, das Rathaus ist gefallen – nun sind die Narren an der Macht.
Um besagten Machtwechsel zu veranschaulichen und den närrischen Geist in der Gemeinde einziehen zu lassen, veranstalteten die Narren am Tag darauf sogleich ihren traditionellen Zug der Gaudi durch Ubstadt.
So erlebte am Dienstag die Kraichgauer Fasnacht einen ihrer Höhepunkte, als sich Punkt 14:11 Uhr in Ubstadt der kunterbunte Lindwurm in Bewegung setzte. Ja, gleich vorweg, das Wetter hätte besser sein können. Aber mit dem Wetter ist es wie mit der verschütteten Milch, es lohnt nicht darüber zu klagen. Zudem sind die Ubstädter Narren in dieser Hinsicht einiges gewohnt, man erinnere sich nur an den eiskalten und verregneten Zug der Gaudi anno 2017.
Auch in diesem Jahr regnete es während der gesamten Zugdauer ohne Unterlass, wenigstens aber die Temperaturen blieben dabei im erträglichen Bereich. Auswirkungen hatte das schlechte Wetter dennoch, die Reihen der Zuschauer waren in diesem Jahr deutlich lichter als noch 2018. Der guten Stimmung vermochte der Wolkenbruch aber nichts anzutun, entlang der gesamten Umzugsstrecke jubelten die Menschen dem bunten Tross fröhlich und ausgelassen zu. Angeführt wurde dieser wie jedes Jahr von den Narren des Elferrates Ubstadt-Weiher und natürlich dem Esele auf der Motorhaube. Ihnen folgte ein Heer an Umzugswagen, Musikvereinen, Fußgruppen und Guggenmusikern aus der ganzen Region und darüber hinaus. Es ist diese eigenwillige Kakophonie aus schmetternden Blechblasinstrumenten, pumpenden Karnevalshits aus dicken Boxen, tanzenden und lachenden Menschen sowie das unablässige Prasseln an Süßigkeiten, die den Charme des Umzuges ausmachen. Der Alltag wird einfach für ein paar Stunden ausgesetzt und jeder darf fröhlich und ausgelassen sein, Seite an Seite mit Freunden, Verwandten, Nachbarn und auch völlig Fremden.
Wobei, wirklich fremd ist sich beim Zug der Gaudi in Ubstadt niemand. Alle waren sie gekommen um miteinander zu feiern: Elferrat, Hardtseegugga, Schneckenschleimer, Scholweklopfer, Kerschdekipper und wie sie alle heißen mögen. Völlig durchnässt aber glücklich marschierten sie in einem rund 50 Zugnummern umfassenden Tross durch die Straßen und Gassen Ubstadts. Von der Altenbergstraße durch die Ortsmitte bis hin zur weiter oberhalb gelegenen Festmeile, wo so manche deftige Stärkung und das eine oder andere umdrehungs-gewaltige Heißgetränk, den kühlen Regen und die durchnässten Kostüme schnell vergessen machten.