Weit über 100 Brillen hat Sebastian Geider für die MitarbeiterInnen der regionalen Kliniken angefertigt und das ohne jede Kosten
Dass so mancher Östringer scharf sehen oder auch gemütlich ein Buch – ohne die Augen zusammenkneifen zu müssen – lesen kann, geht mitunter auf die Geschicke und Fertigkeiten der Familie Geider zurück. Seit über 30 Jahren betreiben sie ein Optiker-Geschäft auf dem Östringer Kirchberg, mittlerweile in zweiter Generation. Auf Vater Klaus folgte sein jüngerer Sohn Sebastian, der ältere Bruder arbeitet nur ein paar Meter weiter im benachbarten Rathaus in – sagen wir leitender Funktion.
2013 übernahm Sebastian das Ruder im elterlichen Betrieb, entwickelte diesen weiter. Mittlerweile gibt es auch eine zweite Filiale in St. Leon-Rot, insgesamt 12 MitarbeiterInnen arbeiten an beiden Standorten. Die ersten Jahre lief das auch reibungslos, doch dann kam das, was man in einer Ehe abergläubisch das “verflixte siebte Jahr” nennt. In Sebastians Fall war das aber keine Beziehungskrise, sondern der Ausbruch der Corona-Pandemie mit all ihren kleinen und großen Folgen. Als Geschäft der Grundversorgung durfte Optik Geider zwar die meiste Zeit über weiter geöffnet bleiben, doch die vielen Auflagen sowie die Verunsicherung bei Kundschaft und Belegschaft, war dennoch äußerst fordernd.
Wie schlecht es hingegen Menschen in anderen Berufen ergangen ist, wurde Sebastian das erste Mal in der Vorweihnachtszeit des vergangenen Jahres so richtig klar. Als er eine TV-Dokumentation über die Zustände auf deutschen Intensivstationen zu Gesicht bekam, konnte er kaum fassen was er hier sah. Ausgelaugte und ausgemergelte Pflegerinnen und Pfleger, Ärzte mit 3-fach-Schichten und dicken Augenringen…die pure menschliche Überlastung.
Weil er mit seinen beiden Optiker-Geschäften dagegen bislang vergleichsweise schmerzlos durch die Pandemie gekommen war, wusste Sebastian sofort: Ich will etwas zurückgeben, ich will Danke sagen. Doch anstatt Grußkarten, Brezeln oder ein paar Pizzen an die Belegschaft der Kliniken zu schicken, bot er das an, was er am besten kann: Eine neue Brille.
So verschickten er und sein Team in einer großen Aktion Gutscheine für neue Brillen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller drei Intensivstationen im Kraichgau. 170 Gutscheine waren es letztendlich, die in den Fächern des Personals der Kliniken in Bruchsal, Bretten und Sinsheim landeten. Sebastian hat dabei an alle gedacht, machte hier keinerlei Unterschiede. Die Gutscheine gingen an Pfleger, Schwestern, Ärzte aber auch an das Reinigungspersonal.
Wer eine Brille trägt, weiß wie teuer eine solche Anschaffung sein kann. Hier kommen – je nach Konstellation – problemlos mehrere hundert Euro zusammen. Auch bei Sebastians Geschenk, war das nicht anders. Egal welches Gestell, egal welche Gläser – Sebastians Angebot stand, eine Brille für lau, völlig ohne Kosten. Über 100 MitarbeiterInnen der Krankenhäuser namen dankend an und so fertigte Sebastian am Ende Brillen im Gegenwert eines fünfstelligen Euro-Betrages.
Auch wenn die Aktion, die Sebastian und sein Team lediglich über die eigenen sozialen Netzwerk-Kanäle veröffentlicht haben, in erster Linie nicht der Werbung diente, hat sie doch einen Effekt entfaltet. Schon mehrere KlinikmitarbeiterInnen haben den Optiker gewechselt und lassen sich nun bei Sebastian mit der passenden Sehstärke ausstaffieren. Stärke und Durchblick werden sie womöglich auch wieder benötigen… Wie der Herbst im dritten Jahr der Pandemie aussieht, weiß schließlich derzeit noch niemand wirklich zu sagen. Solange aber Mitgefühl und Empathie die Oberhand behalten, können gemeinsam viele Hürden genommen werden.