Veränderte Bedingungen der Corona-Pandemie – Zahlreiche Gesundheitsämter fordern Strategiewechsel
So sollte es nicht weitergehen, da sind sich zahlreiche Gesundheitsämter im Land einig. 31 von Ihnen haben nun ein Positionspapier unterzeichnet, dessen Quintessenz lautet: “Die geltende Strategie zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wird der aktuellen Infektionslage nicht mehr gerecht.” Kritisiert wird insbesondere die Auslastung der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch die im Grunde nutzlose Erfassung von unzähligen Infektionsfällen. „Sinnvoller als endlos Datenbanken zu füttern, aus denen sich keinerlei rechtliche Konsequenzen ergeben wäre eine Konzentration ausführliche Ermittlungen bei Menschen mit schweren Krankheitsverläufen und konkrete Ausbruchsgeschehen“, so der Leiter des Gesundheitsamts Karlsruhe Dr. Peter Friebel in einer Mitteilung des Landkreises Ende vergangener Woche.
Häusliche Absonderung nicht mehr sinnvoll
Als wenig sinnvoll bewerten die Ämter in ihrem gemeinsamen Appell auch die aktuellen Quarantäne-Regeln, insbesondere die häusliche Absonderung für Infizierte und ihrer Angehörigen. „Diese Maßnahmen greifen mittlerweile überwiegend zu spät, um Ansteckungen zu verhindern, und haben kaum noch Einfluss aufs Pandemiegeschehen,“ erläutert Dr. Friebel weiter. Angesichts des eklatanten Personalmangels landauf und landab durch besagte Quarantäne-Regeln spricht sich der erfahrene Mediziner für einen pragmatischen Umgang mit dem Virus aus. Mit Covid solle man umgehen, wie mit einer „normalen“ Infektionskrankheit, zuhause solle nur der bleiben, der tatsächlich krank ist.
“Massenhafte Testung durch Laien mit zweifelhafter Qualität”
Eine solche Verfahrensweise würde der Einschätzungen Peter Friebels nach, auch das Ende der unzähligen Corona-Schnelltest-Stationen bedeuten, ein Schritt den der Leiter des Gesundheitsamtes Karlsruhe durchaus begrüßen würde, auch eingedenk der zweifelhaften Begleiterscheinungen: “„Wir erleben massenhafte Testung durch Laien mit zweifelhafter Qualität und das Verbrennen von Steuergeld in teilweisen kriminellen Strukturen bei wenig Auswirkung auf das Pandemiegeschehen und die Krankheitslast. Zugleich passen vollbesetzte Fußballstadien und auf der anderen Seite die andauernde massive Einschränkung durch Quarantäne überhaupt nicht mehr zusammen“. so Peter Friebel.
Ähnlich argumentiert auch der Landrat des Landkreises Karlsruhe, Dr. Christoph Schnaudigel. Dass sich Landessozialminister Manne Lucha der Auffassung der Gesundheitsämter angeschlossen hat, die auch vom Landkreistag und dem Ärzteverband im Öffentlichen Gesundheitsdienst Baden-Württemberg unterstützt wird, begrüßt er, hat aber für die daraufhin entbrannte Diskussion kein Verständnis: „Niemand hat ein Ende der Schutzmaßnahmen gefordert und niemand bestreitet die hohen Fallzahlen. Aber gerade deshalb lohnt sich die Prüfung, was zum jetzigen Zeitpunkt noch Sinn macht und effizient ist anstatt eingefahrene Wege immer weiter zu beschreiten. Dabei ist es sicher nicht falsch, die fachliche Argumentation derjenigen zu berücksichtigen, die an der Basis die Arbeit machen.“