“Manchmal muss man einfach auf den Tisch hauen”

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Ein Mann mit Ecken und reichlich Kanten – Robert Mächtel hat in seinem Leben allem die Stirn geboten, war in seinen 76 Jahren vieles, aber niemals einfach

Hin und wieder knistert die Luft um ihn herum. Wenn es Robert zu viel wird, dann kann schon einmal ein Gewitter aufziehen. Um deutliche Worte ist der hünenhafte Mann mit den strahlend blauen Augen selten verlegen. Geht ihm etwas gegen den Strich, dann tut er das auch kund auf seine unnachahmliche Weise. Direkt, offen und unumwunden. Robert ist ein Macher, ein Mann der Tat. Er kann es nicht leiden, wenn die Dinge zerredet werden, er packt sie lieber direkt und beherzt an, Diplomatie ist seine Sache nicht.

Das macht ihn dort wo er wirkt, zu einem geschätzten, aber auch gefürchteten Gegenüber gleichzeitig – im Beruf, im Freundeskreis, im Verein und auch in der Familie. “Ich mache was ich will, mit vollem Herzen und ich mache es richtig“, sagt er und lässt keinen Zweifel daran, dass er das auch genau so meint.

Mit großen Schritten geht er auf die 80 zu, das Alter aber lässt ihn vollkommen kalt, das alt werden stört ihn nicht. “Ein paar Wehwehchen hat man schon” brummt er aus seinem dichten, weißen Bart, der sich über der Oberlippe zu zwirbeln beginnt, um gleich hinzuzufügen: “Aber ich kann auch noch ordentlich anpacken”.

Angepackt hat er in der Tat schon immer, handfest und beherzt. Einen Bürojob hätte er sich nie im Leben vorstellen können, Robert wollte immer hinaus und Dinge bewegen. Ein eisenharter Charakter, der auch durch die strenge Hand des Vaters geformt wurde. Eine Hand, die auch regelmäßig den Weg auf den Hosenboden des Sohnes fand, denn schon in der Volksschule war Robert ein echtes Raubein, wie er selbst sagt. Von seiner Kindheit spricht er dennoch in warmen Tönen, die Maßregelung durch den Vater sieht er als Bereicherung an, die ihm den rechten Pfad gewiesen – ihn geformt hat. Eine heute schwierige Position, die beim zuhören unwillkürlich aufhorchen und schlucken lässt.

Aufgewachsen ist Robert unter insgesamt sechs Geschwistern in Kronau, sein Vater war damals Ratsschreiber im Ort, seine Mutter Hausfrau. Nach der Schule begann er als Maschinenbauer bei der Schnellpresse in Wiesloch zu arbeiten, doch durch den damals obligatorischen Wehrdienst änderte sich seine Biografie maßgeblich. Ein älterer Offizier, den er über seine zeitlebens leidenschaftlich gepflegte Liebe zum Handball kennenlernte, legte dem Jungen ans Herz, sich doch etwas länger über den Wehrdienst hinaus zu verpflichten. So hängte Robert zunächst noch einmal vier Jahre dran, war bei den Fallschirmjägern in Calw, später bei den Feldjägern auf dem Bruchsaler Eichelberg.

Berufssoldat wollte er aber nicht werden, ihn hielt es in der Heimat und in der Nähe seiner Inge, die er später schließlich heiratete und mit ihr zwei Kinder in die Welt setzte. Er hatte zuvor bei einem Kameraden, der sich voll und ganz beruflich für den Bund entschieden hatte, gesehen wie schnell man durch einen Versetzungsbefehl von der Familie getrennt werden kann ..das wollte Robert für sich nicht. Dennoch sollten es insgesamt 12 Jahre werden, die Robert Mächtel der Bundeswehr treu blieb. In dieser Zeit absolvierte er Lehrgänge zum Stabsunteroffizier und zum Feldwebel, war auf zahlreichen Einsätzen der Truppe im Ausland dabei – unter anderem in Griechenland und der Türkei.

mit seinen Schlepperfreunden vereint – Robert (zweiter von rechts)

Nach seiner Zeit beim Bund begann Robert bei einem Fensterbauer in Kronau zu arbeiten. Ein Job, der ihm so viel Spaß machte, dass er ihm bis zum Eintritt in den Ruhestand treu blieb. Er führte Kundengespräche, nahm Aufmaß direkt vor Ort, war viel in der Heimat unterwegs. Sein Leben nahm immer deutlichere Konturen an. Er baute ein Haus in Unteröwisheim, gründete eine Familie, engagierte sich in Vereinen. Besonders der Sport hat es ihm schon immer angetan, insbesondere Handball gehört zu Roberts großen Leidenschaften. In seiner Zeit als Gemeinderat im Kraichtal unter Bürgermeister Zimmermann organisierte er den Ausbau der kleinen Schulsporthalle in Unteröwisheim zu einer waschechten Großsporthalle, in der eben auch Handball möglich war. Zuvor musste der Turnverein hierfür immer auswärts einkehren.

Robert engagierte sich in Sachen Handball nicht nur in Unteröwisheim, sondern auch in seinem Heimatort Kronau über all die Jahre hinweg. Er übernahm 1970 als Trainer in Kraichtal eine eigene Mannschaft, setzte sich für die Jugend und den Nachwuchs ein. Seine eigene Karriere als Spieler endete mit einem zweifachen Riss der Achillesferse, die sein Hausarzt ganz pragmatisch mit: “Jetzt isch fertig” kommentierte. Langweilig wurde es Robert aber dennoch nicht. Er begann sich für die Landwirtschaft zu interessieren, ersteigerte sogar ein Pferd für das eigene Grundstück in Unteröwisheim, übernahm den alten Schlepper des Schwiegervaters. Er kümmerte sich um Streuobstwiesen, bildete sich in der Baumpflege fort, war fast den ganzen Tag über an der frischen Luft.

Mit anderen Gleichgesinnten traf er sich damals regelmäßig in Bahnbrücken, um sich bei einem Stammtisch auszutauschen und gemeinsam zu fachsimpeln. Als die Gruppe an Zusammenhalt verlor, scharte Robert die Unteröwisheimer um sich und gründete vor fast genau 10 Jahren – im Dezember 2012 – den Verein “Oldtimer und Schlepperfreunde Kraichtal”. Auf einem Aussiedlerhof, wo die Gemarkungen Unteröwisheim und Bruchsal aufeinandertreffen, fand die Truppe ein Zuhause und baute die dortige Scheune zu einer Mischung aus Vereinsheim, Werkstatt und Museum um. Es folgten weitere Schuppen und Scheunen, die Exponate aus der Geschichte der mechanischen und motorisierten Landwirtschaft des Kraichgau aus vielen Jahrzehnten beherbergen. Regelmäßig organisieren die Schlepperfreunde hier kleine und große Feste, laden beim Tag der offenen Tür zu Schauvorstellungen ein, die die Raffinesse und den Erfindungsgeist der Landwirtschaft von einst eindrucksvoll aufzeigen.

Viele der Gründungsmitglieder des Clubs sind mittlerweile weit über 70, auch Robert. Ganz allmählich übernehmen derzeit die Jüngeren Clubmitglieder die Geschicke des Vereins, ein Rückzug, der Robert nicht leicht fällt. Seine direkte Art und sein manchmal etwas bärbeißiges Wesen haben die Jahre seiner Vorstandschaft im Verein mit geprägt, so manches Vereinsmitglied nennt Robert auch noch heute augenzwinkernd den “General”. Doch man kann sagen was man will, Robert hat etwas bewegt, hat den Verein vorangebracht und gemeinsam mit seinen Mitstreitern innerhalb kürzester Zeit Großes erschaffen. Aus diesem Grund wurde er nun bei der Jubiläumsfeier zum zehnjährigen Bestehen des Vereins für seine Dienste und die langjährige Mitgliedschaft geehrt. Eigentlich mag er das nicht – Auszeichnungen waren ihm immer zuwider – aber wenn es um seinen Club geht, lässt der gestandene Macher fünf Gerade sein. Freunde, Familie, eine Aufgabe, Anpacken und etwas bewirken – mehr wollte er nie, dafür schlägt unter der rauen Schale sein weiches Herz ganz unbeirrbar.

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3 Gedanken zu „“Manchmal muss man einfach auf den Tisch hauen”“

  1. Eine sehr gelungener Artikel, der das Leben und Wirken von Robert Mächtel zutreffend beschreibt.
    Wir kennen uns seit der gemeinsamen Militärzeit in Bruchsal und ich wünsche Robert für die Zukunft nur das Beste mit einem herzlichen“Glück ab“!

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