Lost Places: Der alte Tierfriedhof Oberacker

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Seit Jahrzehnten betten die Kinder im Ort hier ihre Kameraden zur letzten Ruhe

Oberhalb des Kraichtaler Teilortes Oberacker findet sich ein großes ruhiges Waldgebiet dessen Ausläufer bis nach Heidelsheim reichen. Idyllisch ist es hier – es herrscht Ruhe die nur gelegentlich durch die vorbeirauschenden Züge der Schnellbahnstrecke jäh unterbrochen wird. Endlos lange Wanderwege ziehen sich durch den Forst und magische Orte wie der über tausend Jahre alte St. Blasius Brunnen laden zum Innehalten ein. Dass dieses Waldstück eine seltsame Ruhe aussendet, ist den Kindern im Ort, mit Ihren ganz eigenen Wahrnehmungen, schon vor Jahrzehnten aufgefallen. Mitten im Wald, dort wo nur wenige Spaziergänger vorbeikommen, haben Sie über die Jahre einen Begräbnisort für Ihre Haustiere errichtet. Kleine Kreuze, beschriftete Steine und verblasste Fotos kennzeichnen den Ort, wo ihre geliebten Hunde, Katzen, Meerschweinchen und Hamster begraben liegen. Eine Zeit lang werden die Gräber gepflegt, dann vergessen und an selber Stelle schließlich ein weiteres Tier begraben – die Kreislauf des Lebens en miniature.

Wenn Kinder den Tod begreifen lernen

Cherie, Bety, Willi, Shila,…. sie alle wurden von Ihren Besitzern hier im Oberacker Forst beerdigt. Technisch gesehen ist das in unserem bürokratisierten Land verboten – in der Begründung heißt es formal: „Körper toter Tiere sind rechtlich gesehen Sachen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit eine Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen darstellen können. Sie sind daher besonderen Behandlungen zu unterziehen.“ Doch die Bestattung toter Tiere ist eine uralte Tradition! Vor 10.000 Jahren wurde nachweislich die erste Katze auf Zypern rituell beerdigt, im frühen Mittelalter, bei den Alamannen, Franken und Sachsen, wurden reiche Verstorbene zusammen mit ihren Pferden und Hunden beigesetzt.

Heute leben und sterben Haustiere meist weit unspektakulärer – Von den z.B. jährliche etwa 1,4 Millionen toten Katzen, werden die meisten in einer Tierkörperverwertungsanlage geschreddert und verbrannt. Wer könnte da ein Kind nicht verstehen, das seinen Kameraden und Freund nicht mit der angemessenen Würde verabschieden und begraben möchte. In Oberacker finden seit Jahrzehnten manche Haustiere ihre letzte Ruhestätte – ohne Aufhebens, ruhig und leise. An einem Ort den die Jüngsten ausgesucht haben, mit einem Gespür für die Magie von Leben und Tod das uns Erwachsenen oft verschlossen bleibt.

Dieser Beitrag erschien zuerst im Frühjahr 2018

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