Ein neuer Sheriff ist in der Stadt

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Als frischgebackener Bad Schönborner Revierleiter gehört Gerald Gack zu den ranghöchsten Ordnungshütern im Kraichgau

Wer auf der B3 durch Bad Langenbrücken fährt, hat am nördlichen Ortsausgang bestimmt schon einmal das mehr oder minder unscheinbare Gebäude mit dem blauen Polizei-Emblem darauf bemerkt. Anders als die vielen kleinen Polizeiposten im Kraichgau, handelt es sich hierbei aber um ein echtes Polizeirevier, von dem aus 65 Beamte das über 200 Quadratkilometer große Einsatzgebiet im Kraichgau schützen und im Auge behalten. Zuständig sind sie für Recht und Ordnung in Ubstadt-Weiher, Östringen, Kraichtal, Kronau und selbstredend Bad Schönborn. Bis zuletzt wurde die blaue Truppe von Gerd Volland angeführt, der allerdings kürzlich nach stolzen 42 Jahren im Polizeidienst seinen Ruhestand angetreten hat. Neuer Sheriff in der Stadt und Herr des Hauses ist seither der gebürtige Bruchsaler Gerald Gack.

Das „Hinterhaus“ des Polizeireviers Bad Schönborn

Als wir zum vereinbarten Interviewtermin im Polizeirevier Bad Schönborn eintreffen, werden wir zuerst in das Gebäude hinein geführt um sofort wieder zum Hinterausgang hinaus begleitet zu werden. Tatsächlich besteht das Revier aus mehreren Häusern, der Chef hat sein Büro in einer alten, einstmals noblen Villa im Hinterhof. Gerald Gack springt sofort von seinem Schreibtisch in seinem nur spartanisch eingerichteten Raum auf und reicht uns die Hand. Anders als bei seinem Vorgänger Volland, dessen Haare bis zum Schluss Wasserstoff-nordisch-blond leuchteten, ist das Haupt des Endfünfzigers bereits grau-meliert. Darunter aber sitzen hellwache stahlgrau-blaue Augen, die begleitet von einem echten und gewinnenden Lächeln im Schein der Neonröhren blitzen. Gerald Gack besitzt die für einen Polizisten mit langer Erfahrung typische Wachsamkeit, bei der man sich irgendwie schon ertappt fühlt, bevor man den Mund zum Gruß geöffnet hat. Er lässt sich nicht ablenken, hält den Blick unbeirrt und schenkt seinem Gegenüber seine völlige Aufmerksamkeit. Kurzum – der Mann wirkt sympathisch, ein Eindruck der sich im Laufe des Gesprächs immer weiter festigen wird.

Für ihn ist die Ernennung zum Bad Schönborner Revierleiter der Höhepunkt und eingedenk seines Alters, vermutlich auch der festliche Schlussakkord seiner langen Polizeikarriere. Begonnen hat diese bereits im Jahr 1979, jenem Jahr als Karl Carstens Bundespräsident wurde und der Umsturz im Iran die Welt in Atem hielt. Gerald Gack war damals gerade einmal 17 Jahre alt und stand vor der großen Frage, die wohl jeden in diesem Alter umtreibt: Was soll aus mir werden? Zur Auswahl stand damals eine Ausbildung zum Koch oder zum Installateur sowie eine Karriere im Polizeidienst. Welche Option schließlich das Rennen machte, dürfte wohl auf der Hand liegen. Nach der Grundausbildung trat Gerald Gack den Polizeidienst auf dem Revier in Bretten an, studierte ab 1990 an der Fachhochschule in Villingen-Schwenningen und stieg danach in mehreren, unterschiedlichen Positionen innerhalb der Karlsruher Polizei auf. In seiner langen Laufbahn gab es nichts, was er nicht gesehen.. nicht erlebt hat: Die ganze Klaviatur der Kapitalverbrechen, kleine und große Delikte, Begleitschutz von Castor Transporten und – in Karlsruhe obligatorisch – so manches Scharmützel von KSC Fans mit wahlweise Kontrahenten aus Kaiserslautern oder Stuttgart.

In Bad Schönborn arbeitet er nun hauptsächlich vom Schreibtisch aus, in seinem kargen Büro, dessen einziges Stilelement die blaue Bordüre unterhalb der Decke darstellt. Es ist eine andere Arbeit, als er es gewohnt ist. Die Unterschiede zwischen der großen Stadt und dem hügeligen Hinterland, liegen auf der Hand. Während in Karlsruhe auch Gewaltdelikte und mitunter größere Verbrechen zum Alltag gehörten, sind es hier im ländlichen Raum eher Verkehrsunfälle und Einbrüche, mit denen sich die gut 60 Polizeibeamten tagtäglich auseinandersetzen müssen.

Aktuell beschäftigt sich die blaue Truppe von Gerald Gack aber auch oft mit Einsätzen, von denen der erfahrene Polizist niemals geglaubt hätte, sie jemals anordnen zu müssen. Wie unmissverständlich vom Innenministerium vorgegeben, muss die Polizei die aktuell gültigen Corona-Verordnungen kontrollieren, sowie die Einhaltung der Ausgangssperren sicherstellen. Doch Gerald Gack und den Polizist/innen vom Revier Bad Schönborn ist durchaus bewusst, wie pikant die Anforderungen dieser besonderen Zeiten sind. Schließlich gilt es Menschen für Dinge zu maßregeln, die noch vor einem Jahr zur absoluten Normalität gehörten und hoffentlich auch bald wieder gehören. Seine Beamten reagieren daher mit maximalem Fingerspitzengefühl, es geht mehr um Aufklärung als um scharfe Verwarnung oder gar Bestrafung. “Wir wollen schließlich nicht mit dem Dampfhammer drauf hauen” sagt Gerald Gack ernst, der wie jeder andere mit der derzeitigen Lage zu kämpfen hat. Ein politisches Statement dürften wir von ihm aber nicht erwarten, konstatiert der Revierleiter. Im Team würden die Maßnahmen und deren Verhältnismäßigkeit aber natürlich heiß diskutiert, jeder seiner Beamten habe schließlich auch ein Privatleben, eine Familie und Bekannte.

Großes Lob möchte Gerald Gack den Menschen im Zuständigkeitsbereich seines Polizeireviers aussprechen. Die überwältigende Mehrheit halte sich diszipliniert und konsequent an die derzeit geltenden Einschränkungen, so schwer diese auch sind. Nur eine Entwicklung bereitet ihm zunehmend Sorgen: Spürbar mehr Menschen wenden sich zwischenzeitlich an die Polizei um ihre Mitbürger/innen schon wegen vermeintlichen oder kleinsten Verstößen gegen die aktuell geltenden Verordnungen zu melden. Gerald Gack ist sich sicher – wir schaffen das nur miteinander und nicht gegeneinander. Die Sehnsucht nach einer Rückkehr zur Normalität, lässt auch den gestandenen Polizisten nicht unberührt. Gerne würde er einmal wieder unbeschwert mit Freunden zusammensitzen und – das hört man von einem brettharten Cop auch nicht jeden Tag – einfach mal wieder jemanden umarmen können.

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