Liebesgrüße vom “canale di posta”

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Gezerre um die “B35 light” – Was wird aus dem Alten Postweg zwischen Diedelsheim und Gondelsheim?

von Stephan Gilliar

Verzeihen Sie das Wortspiel, aber es ist nach dieser Überschrift unumgänglich: Wer nach einem stärkeren Regen über den Alten Postweg von Diedelsheim nach Gondelsheim möchte, der könnte dafür streckenweise tatsächlich auch eine Gondel gebrauchen. In Gondelse und Diedelse weiß man auch sofort wieso, für alle anderen sei es hier kurz erklärt: Da Teile des Postweges in einer Art Senke verlaufen, an die sich sanft ansteigende und kraichgau-typisch hügelige Felder anschließen, fließt bei stärkerem Regen reichlich Wasser in besagte Senke und verwandelt den Postweg in den “canale di posta”. Diese Senke liegt auf Gondelsheimer Gemarkung, wie übrigens der größte Teil des Postweges auch. Das Wasser wiederum fließt von Brettener Jagdgründen hinab und hier erahnt man auch schon das daraus resultierende Problem. Damit man den Postweg auch nach Regen ohne Amphibienfahrzeug passieren kann, müsste zunächst einmal grundlegend die Entwässerungssituation überdacht und in Angriff genommen werden. So sieht das auf jeden Fall Gondelsheims Bürgermeister Markus Rupp und sagt: “Bevor wir hier etwas unternehmen und Geld in den Postweg stecken, braucht es eine tiefgehende Planung, um das Wasser vom Postweg fernzuhalten”.

Die Diskussionen um den Alten Postweg sind dabei alles andere als neu, seit vielen Jahren tauschen sich die Nachbarn Gondelsheim und Bretten miteinander aus, um eine Lösung für die in die Jahre gekommene und entsprechend heruntergekommene Straße auf den Weg zu bringen. (Wieder ein Wortspiel, Asche auf mein Haupt). Brettens Oberbürgermeister Martin Wolff sieht das Verhandlungspotential aber mittlerweile als erschöpft an und will nun Nägel mit Köpfen machen. Wie er uns telefonisch versichert, wird Bretten seinen Teil des Postweges daher komplett sanieren, die entsprechenden Mittel seien dafür bereits im Haushalt der Stadt eingestellt worden. So wird es tatsächlich zu einer recht bizarren Situation kommen, nämlich dass ein frisch saniertes Stück Postweg an der Gemarkungsgrenze auf die alte Rumpelpiste stoßen wird… “weird” würde meine Tochter dazu sagen. Den Alleingang der Stadt Bretten in dieser Sache begründet Martin Wolff mit dem zuletzt durch die Nachbarn ausgeschlagenen Angebot an Gondelsheim, sich die Kosten fifty-fifty zu teilen, obwohl der größte Teil des Postweges eigentlich auf Gondelsheimer Gebiet liegt. Ein großzügiges Angebot, findet der Oberbürgermeister, ein weiteres soll deshalb erst einmal nicht kommen.

So sieht man das in Gondelsheim erwartbar nicht, denn was nützt der schönste Weg, wenn er regelmäßig unter Wasser steht. Als Flickschusterei bezeichnet Markus Rupp daher die Brettener Lösung und sagt klar “Aktionismus hilft uns hier nicht”. Bevor am Postweg Hand angelegt wird, müsse seiner Meinung nach die oben beschriebene Problematik mit abfließendem Wasser angegangen werden. Eine Problematik, die zumindest augenfällig auch mit dem Zustand der oberhalb des Postweges verlaufenden Gräben zusammenhängt. Diese Gräben sind zu großen Teilen durch harten und verkrusteten Schlamm verstopft, dies ergab ein Vorort-Termin durch unsere Redaktion vor wenigen Tagen. Die Gräben sind tatsächlich derart zugesetzt, dass sie ihrer Aufgabe, der Abführung von Wasser, kaum noch nachkommen können. Das will Bretten aber so nicht stehen lassen, man habe selbstverständlich auch die Entwässerungssituationen im Blick, so Martin Wolff.

Ein Entwässerungsgraben neben einem Wirtschaftsweg auf Diedelsheimer Gemarkung oberhalb des Alten Postweges

Es gibt bei all der Diskussion über Sanierung und Entwässerung aber noch einen gewichtigen Punkt in dieser Gemengelage: Die grundlegende Frage nach der Sinnhaftigkeit einer erneuten Ertüchtigung des alten Postweges. Schon bisher wird die Verbindungsstraße zwischen Gondelsheim und Diedelsheim gerne und oft als Bypass für die nicht selten überlastete B35 genutzt. Gerade zu den Stoßzeiten fahren augenfällig viele AutofahrerInnen entgegen der klar ausgeschilderten Verbote über den Alten Postweg, um abzukürzen oder Zeit zu sparen. Verlierer dieser Situation sind der reguläre landwirtschaftliche Verkehr, aber auch Fußgänger und Radfahrer, die als schwächere Verkehrsteilnehmer gegen den KFZ-Schleichverkehr keine Chance haben. “Der alte Postweg ist jetzt schon die “B35 light”, wie wird das erst, wenn die Straße frisch saniert wird?” fragt sich daher Bürgermeister Markus Rupp und verweist auf eine Lösung, die er seinem Gemeinderat schon vor Monaten offeriert hat. Diese sieht einen Rückbau des Alten Postweges vor, eine Entfernung des Betons zugunsten einer wassergebundenen Decke, die zwar für landwirtschaftliche Fahrzeuge problemlos nutzbar ist, als attraktive Ausweichstrecke für Autofahrer aber dann nichts mehr hergibt. Im selben Zuge solle für Fußgänger und Radfahrer ein parallel verlaufender und deutlich schmalerer Radweg angelegt werden, der dann ausschließlich diesen Verkehrsteilnehmern zur Verfügung stünde. Während Bretten dem Vernehmen nach dieser Lösung grünes Licht signalisiert hätte, scheiterte das Vorhaben allerdings wiederum im Gondelsheimer Gemeinderat. Es ist kompliziert Baby.

So bahnt sich nun eine “Lösung” an, die niemanden wirklich zufriedenstellen dürfte. Ein Stück sanierter Postweg auf Brettener Grund trifft auf den unsanierten Postweg auf Gondelsheimer Grund. Beide Seiten sehen den jeweils anderen in der Pflicht, ein Vorankommen scheint derzeit schwierig – ähnlich schwierig wie das Vorankommen nach Regen auf dem Alten Postweg. Und mit diesem dritten und letzten Wortspiel geben wir ab und beenden den Abspann mit einem weit offenen “to be continued…”

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2 Gedanken zu „Liebesgrüße vom “canale di posta”“

  1. Ich bin 54 Jahre alt,und als Kind sind wir nach einem Starkregen wenn sich Wasser angesammelt hat, mit den Luftmatrazen spielen und baden gewesen. Das Problem ist wahrscheinlich schon älter als ich.Falls mal einer aufräumt dort,ich habe damals einen Birkenstock im Matsch verloren, und meine Freundin 1 paar Gummistiefel…alles im “ canale di posta“

  2. Ja, der Postweg, war auch mein Revier als Kind. Mit dem Fahrrad mit Schmackes durch die Riesenpfütze, dass es bis zu den Ohren spritzt, das war ne super Sache. Mit der Zinkbadewanne war man bei Hochwasser auf dem Acker unterwegs. Die ersten maritimen Erfahrungen. Eigentlich ist das Kulturgut und müsste unter Schutz gestellt werden. „Immaterielles Kulturerbe“. Doch wahrscheinlich bekommen die Kids heute einen Kurzschluss im Kopfhörer und die Sicherung schmort durch. Wenn ich als Opa jetzt meinem Boschmotor vom E-bike im Schlamm ruiniere, dann ist das wohl nicht mehr zeitgemäß. Schade, die letzten Abenteuer werden wegsaniert. Wenigstens die Bürgermeister pflegen noch den alten Streit, wer beherrscht den Postweg. Dort haben wir damals schon „Bande gegen die Gondelsa“ gemacht. Gings dann mit dem Mofa in die Rappelkiste oder zu Charly 2000, dann fuhr man allerdings sachte durch die Pfütze. Man wollte bei den Gondelsema Mädels ja punkten.

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