Lebens- und liebenswerte Heimat im oberen Katzbachtal

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Tiefenbacher feierten das 900-jährige Ortsjubiläum mit vielen Gästen

Genau neunhundert Jahre ist es her, dass das Kraichgaudorf Tiefenbach in einer Urkunde aus der Reichskanzlei von Kaiser Heinrich V. über die Bestätigung von Besitzungen des Benediktinerklosters Wigoldesberg nach heutigem Stand der Forschung erstmals schriftliche Erwähnung fand. Allemal Grund genug für die Tiefenbacherinnen und Tiefenbacher sowie reichlich Publikum aus der ganzen Region, das markante Jubiläum des Orts am zurückliegenden Wochenende ausgiebig zu feiern.

Vier Tage lang waren jede Menge Unterhaltung und Kurzweil für Jung und Alt geboten und am Ende konnten Bürgermeister Felix Geider sowie Ortsvorsteher Thomas Behr ein rundum positives Fazit zum Höhepunkt des Jubiläumsjahrs ziehen.
„Heute ist ein ganz außergewöhnlicher Tag für Tiefenbach, ein stolzer Tag in einem ganz besonderen Jahr“ – mit diesen Worten hatte Bürgermeister Geider am Samstag die zahlreichen Gäste des Ehrenabends zum Ortsjubiläum in dem bei der Kreuzberghalle aufgebauten geräumigen Festzelt willkommen geheißen. Bei seiner Ansprache zum Ortsjubiläum brachte das Stadtoberhaupt im Rückblick auf die wechselvolle Entwicklung des Orts „Demut und Respekt vor den Menschen“ zum Ausdruck, „die hier siedelten, hier blieben, hier arbeiteten, hier lebten über die Jahrhunderte und damit den Grundstein für unser heutiges Gemeinwesen legten“. Wie Geider hervorhob, habe sich Tiefenbach zu einem „lebens- und liebenswerten Ort“ entwickeln können, der inzwischen für 1.425 Menschen Heimat ist und in dem sich insbesondere auch junge Familien wohlfühlen.

Ortsvorsteher Behr, der zusammen mit dem Hauptamt der Stadtverwaltung für die Organisation der Veranstaltungen des Jubiläumsjahrs verantwortlich zeichnet, rückte bei seinem Grußwort insbesondere auch die lange Weinbautradition Tiefenbachs in den Blick, für die sich schon bei der urkundlichen Ersterwähnung ein Beleg findet und die in der Gegenwart auf den beiden starken Säulen der genossenschaftlichen und der privatgewerblichen Weinbauwirtschaft ruht.

Erster Gratulant beim Ehrenabend „900 Jahre Tiefenbach“ war Landrat Christoph Schnaudigel, der seinen Gastgebern als Repräsentant des Landkreises Karlsruhe gerne bescheinigte, dass sich „Tiefenbach in der Gemeinschaft mit Östringen in den letzten Jahren wirklich hervorragend entwickelt“ habe. Wie sehr sich die Lebensumstände der Menschen über die Zeitläufte hinweg verändert haben, rückte Landrat Schnaudigel bei der Jubiläumsfeier mit Zitaten aus dem 1850 angefertigten Protokoll einer Ortsbereisung des einst in jener Zeit für Tiefenbach zuständigen Oberamtmanns von Eppingen eindrücklich in den Blick. Der Niederschrift der Ortsbereisung zufolge lebten in der Siedlung im oberen Katzbachtal damals 864 Menschen in 120 Häusern. Die Einheimischen seien in dem zu der amtlichen Visite gefertigten Vermerk als „sehr religiös, gut gesinnt, besonders tätig und fleißig und emsig“ beschrieben worden, führte Landrat Schnaudigel aus und ergänzte, dass die Tiefenbacher in jenen Tagen allerdings auch nicht hinter dem Berg gehalten haben, wenn es aus ihrer Sicht Redebedarf über vermeintliche oder tatsächliche Missstände gab.

So sei seinem Eppinger Amts-Vor-Vorgänger 1858 in einer Eingabe der Gemeindespitze die Beschwerde vorgetragen worden, „dass die Gottesdienste des Pfarrers immer viel zu lange dauern, länger als in jedem Ort in der Umgebung, und die Messe sonntags um 6.30 Uhr viel zu früh ist und später stattfinden soll, da die Leute auch zuhause noch etwas zu besorgen hätten“. Wie Schnaudigel mit einem feinen Schmunzeln meinte, könne die nachfolgende Beschwerde des Ortspfarrers beim Oberamtmann, dass „die Jungen beiderlei Geschlechts an Sonn- und Feiertagen am Abend mit Lärm und Geschrei durch den Ort ziehen“, wohl durchaus auch als „Retourkutsche“ auf diese Kritik interpretiert werden.

Weitere Grußworte kamen beim Ehrenabend zum Tiefenbacher Ortsjubiläum von den Landtagsabgeordneten Ulli Hockenberger (CDU) und Christian Jung (FDP), von Pfarrer Markus Kempf für die beiden christlichen Kirchengemeinden („Als Pfarrer habe ich noch nie eine 900-Jährige besucht, aber diese hier sieht richtig gut aus!“) sowie von Matthias Dewald, der als Sprecher der Tiefenbacher Vereine viel Beifall erhielt, als er vermelden konnte, dass im Kontext des besonderen Ortsjubiläums auch die örtlichen Organisationen wieder enger zusammengerückt seien und im kommenden Jahr im Rahmen eines gemeinschaftlichen Projekts das große Dorffest nach längerer Unterbrechung wieder aufleben lassen wollen.

Ein Überraschungsgast auf der Bühne war schließlich das Tiefenbacher Urgestein Oskar Denk. Der mittlerweile 90-Jährige, der zeitlebens in vielfältiger Weise in der Ortsgemeinschaft ehrenamtlich engagiert war, machte mit seinem Gedicht „Mein trautes Dörflein Tiefenbach“ seinem Heimatort eine anrührende Liebeserklärung in gereimter Form und erntete dafür den stürmischen Applaus des Publikums.
Was die Tiefenbacher Vereine zu leisten vermögen, demonstrierten beim Festabend das Blasorchester des Musikvereins sowie der Jubiläumschor ´900 Jahre Tiefenbach´ des Katholischen Kirchenchors auf eindrucksvolle Weise. Während die Musikkapelle die Festansprache und die Grußworte der Gäste mit kraftvoller und energiegeladener Blasmusik wirkungsvoll umrahmte, begeisterte der eigens zum Ortsjubiläum gegründete und mit 35 Männern und Frauen stark besetzte Projektchor das Publikum im Anschluss mit stimmungsvollen Liedvorträgen.

Ausgelassen weitergefeiert wurde vom Publikum nach dem offiziellen Teil des Programms bis tief in die Nacht beim spektakulären Auftritt der Musical Monks. Die neu formierte Band um den Vollblutmusiker Lukas Jösel am Schlagzeug und Sänger Emanuele Caserta, der unter anderem als Hauptdarsteller im Hamburger Musical „König der Löwen“ bereits rauschende Bühnenerfolge verbuchen konnte, zündete zum Abschluss des Abends ein zweistündiges Feuerwerk der bekanntesten Ohrwürmer aus den großen Musical-Produktionen der letzten Jahre.

Von Wolfgang Braunecker / Stadt Östringen

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