Kaltes Café

|

In Heidelsheim legte das “Servus Anni” einen echten Traumstart hin, dann kam Corona

Kuschelig, eng, gemütlich, nah, familiär… diese Adjektive beschreiben das im September 2019 eröffnete Café “Servus Anni” in Heidelsheim recht treffend. Leider beschreiben Sie ebenso recht treffend all das, was in Zeiten der Corona-Pandemie nicht mehr möglich ist. Nachdem Annette und Christian Venohr 2019 ihren ganzen Mut und ihr ganzes Geld zusammennahmen, das kleine, baufällige Häuschen am Heidelsheimer Marktplatz von Grund auf sanierten und darin ihren Traum eines Crossovers von Café, Bistro und Patisserie verwirklichten, haben sich die Umstände in einer Art und Weise geändert, die kein Mensch hätte vorhersehen können.

Schon in jenem Moment, als die verschärften Corona-Maßnahmen der Gastronomie die Daumenschrauben anlegten, war das “Servus Anni” im Grunde aus dem Rennen, denn genau jene gemütlich Enge in der Merianstraße Nummer 1, wurde ihm nun zum Verhängnis. Schon bei normaler Belegung passen nur rund 30 Gäste in den kleinen Gastraum, durch die verschärften Maßnahmen und Abstandsregeln wären es nur noch 12 gewesen, viel zu wenig um wirtschaftlich zu arbeiten. So waren es am Ende einzig die warmen Wochen im Sommer, die verhinderten, dass das Café im vergangenen Jahr fast durchgehend geschlossen blieb.

Im Herbst 2020 gingen dann aber die Lichter im “Servus Anni” gänzlich aus, seit Monaten liegt das kleine Café verwaist da. Während die Einnahmen faktisch Richtung Null gehen, laufen die hohen Kosten allerdings unbeirrt weiter. Kredite des erst vor eineinhalb Jahren eröffneten Cafés, Versicherungen, Nebenkosten und Co. Die Frage, wie brenzlig ihre Situation auf einer Skala von 1 bis 10 derzeit ist, beantwortet Annette “Anni” Venohr ohne mit der Wimper zu zucken mit einer klaren 10. Für sie und ihren Mann Christian ist das Schlimmste an dieser Situation das beständige “Rumgeeiere” der Politik, das ständige Bangen und Hoffen, bei gleichzeitigem Fehlen eines erkennbaren Konzeptes zur Bewältigung der Krise. Dass die Gastronomie ein Pandemie-Treiber ist, davon ist Christian nicht überzeugt. Schließlich hätte man doch sonst nach den bundesweiten Schließungen, eine deutliche Auswirkung auf die Infektionszahlen sehen müssen.

Anstatt zu resignieren oder gar aufzugeben, haben sich Anni und Christian aber dazu entschlossen quasi die Flucht nach vorne anzutreten. Irgendwann muss es ja wieder weiter geben – würden sie nun die Flinte ins Korn werfen, wären alle Anstrengungen der vergangenen Jahre völlig umsonst gewesen. Deshalb haben die beiden mutig das vor kurzem freigewordene Nachbarhaus angemietet und bauen dieses nun aus um mehr Raum für das Konzept ihres kleinen, großen Traumes zu schaffen. Ihre Pläne sind dabei nicht von schlechten Eltern. So entsteht derzeit im Obergeschoss über dem Gastraum des “Servus Anni” ein kleiner Eventraum, in dem sich bis zu 30 Personen aufhalten können. Wiederum darüber und auch im Nachbarhaus bauen die beiden mehrere kleine Gästezimmer. Das ist noch nicht alles.. Im Erdgeschoss der Merianstraße Nummer 2 soll in den Räumlichkeiten der ehemaligen Apotheke und des Eisenwarenhandels eine kleine Bar entstehen. Dafür haben die beiden mit liebevoller Unterstützung von Annettes Familie – der Bäckerei Bannholzer, einen weiteren Kredit aufgenommen. Für die beiden heißt es daher nun: Alles oder nichts, kämpfen oder untergehen.

Dass die beiden mit ihrem Konzept erneut Erfolg haben werden, ist nach den bisherigen Erfahrungen hoffentlich absehbar. Das “Servus Anni” hat direkt nach seiner Eröffnung im Herbst 2019 wie eine Rakete gezündet, freie Plätze waren in den Monaten danach exotische Mangelware. Damit ihre Pläne aufgehen, muss die Gastronomie aber auch bald wieder öffnen dürfen, müssen die Auflagen baldmöglichst fallen. Hier sind Annette und Christian wenig blauäugig, stellen sich seit langem auf einen Lockdown bis Ostern ein. Danach aber, muss sich der kleine Gastraum am Heidelsheimer Marktplatz endlich wieder mit Leben füllen können, damit der fröhliche Gruß noch möglichst lange durch das mittelalterliche Städtchen schallen kann: Servus Anni!

Vorheriger Beitrag

Geh weg!

Östringen: Festnahme einer Tatverdächtigen nach versuchtem „Enkeltrick“

Nächster Beitrag

4 Gedanken zu „Kaltes Café“

  1. Ich wünsche euch von ganzem Herzen dass dieses gemütliche und warmherzige Cafe bald seine Tür öffnet und ein Treffen von Groß und Klein wieder möglich ist.Haltet durch!. B.V.

  2. Hallo ihr lieben, toller Kommentar, wenn auch mit bitterem Beigeschmack 😔. Ich steh voll und ganz auf eurer Seite!
    Die Gastronomie muss wieder öffnen dürfen! Bis hoffentlich bald und haltet durch!
    LG sabine und Martin

  3. Tja, das ist wirklich sehr schade für dieses tolle Lokal mit seiner angenehmen Atmosphäre und der stets freundlichen Chefin. Ich denke nicht, dass es in absehbarer Zeit wieder offen haben wird. Aber das interessiert die Damen und Herren Volksvertreter NICHT !!! Ich werde mich solidarisch zeigen und nach der Widereröffnung vorbei schauen.
    Lasst euch NICHT unterkriegen.
    Beste Grüße
    Helmut

  4. Die Gastronomie muss überhaupt nicht wieder öffnen dürfen! Bei mehreren hunderten Toten täglich (täglich!) wäre das unverantwortlich.
    Aber es müssen Konzepte her wie man Gastronomen am Leben erhält. Und da ist auch die lokale Anwohnerschaft gefragt.

Kommentare sind geschlossen.