Ich mache momentan fast jeden Tag etwas zum letzten Mal…

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..ab dem 01. April mache ich vieles zum ersten Mal.

Nach 24 Jahren – Roland Schäfer verlässt Volksbank Bruchsal-BrettenEin Interview nach fast einem Vierteljahrhundert Vorstandstätigkeit

Roland Schäfer im Interview über seine Zeit im Volksbankvorstand

Blickt man auf die Vita von Roland Schäfer könnte man sagen, dass seine genossenschaftlichen Wurzeln tief sind. Genauer gesagt, 46 Jahre tief. So begann er im Jahr 1977 seine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der damaligen Volksbank Hardt eG. Dort war er nach seiner Ausbildung zunächst Angestellter und danach Prokurist im Bankgeschäft. 1989 erhielt er in der Akademie Deutscher Genossenschaften in Montabaur den Abschluss zum Diplomierten Bankbetriebswirt ADG.

Nach einem kurzen Intermezzo im Sparkassensektor, wechselte er im April 1999 zurück in den genossenschaftlichen Sektor und wurde Vorstandsmitglied in der Volksbank Bruchsal. Nach der Fusion mit der Raiffeisenbank Bruchsal wurde er im Sommer 2001 zum Vorstandsvorsitzenden in der fusionierten Volksbank Bruchsal berufen. Im Jahr 2005 folgte dann die Fusion mit der Volksbank Bretten und die Berufung in den Vorstand der neuen Volksbank Bruchsal-Bretten, dessen Vorsitzender Roland Schäfer bis heute ist.

Nach 24 Jahren Vorstandstätigkeit in der Volksbank Bruchsal-Bretten und nach 46 Berufsjahren im Bankberuf, beginnt Roland Schäfer zum 31. März 2023 einen neuen Lebensabschnitt. Im Interview mit Sina Tagscherer, PR-Managerin der Volksbank, blickt er zurück auf seinen beruflichen Werdegang.

24 Jahre Vorstandstätigkeit in der Volksbank – Wie blicken Sie heute auf Ihre Zeit in der Bank zurück?

Als ich anfing diesen Beruf zu lernen, hatte ich ehrlich gesagt keinerlei Vorstellung, was auf mich zukommt. Ich habe Bankkaufmann gelernt, da es ein sehr ehrenwerter und seriöser Beruf war und ich als Teil eines sehr geburtenstarken Jahrgangs froh war, im Jahr 1977 eine gute Ausbildung beginnen zu können. Wenn ich heute zurückblicke, nach 46 Jahren im Beruf und davon 24 Jahre im Vorstand einer Bank, ist mir nun klar, welche enorme Bedeutung das Bankensystem für eine gelingende Volkswirtschaft hat. Und dass ich in dieser Branche, in diesem Segment der Wirtschaft, so lange arbeiten und mitgestalten konnte und dazu beitragen konnte, dieses System über alle Krisen hinweg stabil zu halten, darauf bin ich sehr stolz.

Welche Erfahrungen nehmen Sie mit?

Ich habe vieles in dieser Zeit kennengelernt und dabei immer darauf geachtet über den Tellerrand, unseres Genossenschaftswesens hinaus zu blicken. Meine Haupterfahrung ist, dass wir in unserer Volkswirtschaft in Deutschland etwas haben, das andere so nicht haben. Und zwar nicht nur im Bereich der Finanzwirtschaft, sondern auch in anderen Bereichen. Es gibt eine Rechtsform, die es Menschen, die ein gemeinsames Ziel haben, ermöglicht zusammenzukommen und dieses gemeinsame Ziel zusammen zu erreichen. Damit meine ich Genossenschaftsbanken, aber auch Genossenschaften in jeder anderen Form, wie Genossenschaften im Einzelhandel oder anderen Lebensbereichen. Und gerade jetzt, wo wir gesellschaftlich und wirtschaftlich vor einem Umbruch stehen, merken wir, welche Bedeutung Genossenschaften in Bereichen haben, die wir uns bisher noch gar nicht konkret vorstellen konnten. Zum Beispiel die Form der Energiegenossenschaften, die hier eine wichtige Rolle spielen.
Meine Erfahrung ist also: Es ist uns in Deutschland möglich, dass Menschen zusammenkommen, die ein gemeinsames Bedürfnis, manchmal vielleicht sogar eine gemeinsame Not, haben und durch die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft dafür einen rechtlichen Rahmen finden. Aber vor allem, dass die Menschen die Möglichkeit haben, sich selbstbestimmt, selbstorganisiert selbst zu fördern. Nicht umsonst wurde unsere Rechtsform zum immateriellen Weltkulturerbe der Menschheit gewählt. Als Genossenschaft spielen wir eine wichtige Rolle in unserem System, wir gleichen die Waage aus, die es braucht für ein gelingendes System – zwischen der staatlich organisierten Finanzwelt und den kapitalmarktorientierten, gewinnmaximierenden Geschäftsbanken.

Was haben Sie besonders gerne gemacht?

Am meisten Freude hat es mir in all den Jahren bereitet, das Unternehmen zu führen und zu entwickeln – und das aus allen Perspektiven. Das ist das Schöne an meinem Beruf, ich kann mir fast keinen schöneren Beruf vorstellen, als Vorstand einer Volksbank zu sein und das Unternehmen gemeinsam mit Vorstandskollegen zu führen. Der ständige Austausch mit den Kollegen, der permanente Diskurs und das Ringen um zukunftsfähige Lösungen, ist wichtig für eine gelingende Organisation. Und ich durfte das Unternehmen aus allen Perspektiven betrachten und führen. Ich war viele Jahrzehnte für das Kundengeschäft verantwortlich und es hat mir unheimlich viel Freude bereitet, zu sehen, wie wir dazu beitragen konnten, junge Unternehmen zu entwickeln, das Wachstum etablierter Unternehmen mitzuerleben, aber auch zu sehen, dass wir so vielen Menschen hier Wohnraum ermöglichen konnten. Gleichzeitig hat mich auch die Mitgliederperspektive fasziniert. Dass wir darauf geachtet haben, das, was in unserer Satzung steht, nämlich die wirtschaftliche Förderung unserer Mitglieder, ernst zu nehmen und gleichzeitig ernst nehmen, dass wir eine Mitgliederorganisation sind. Dass wir Mitglieder in den Entwicklungsprozess der Bank einbeziehen. Wir sehen heute, dass wir eine Mitgliedergemeinschaft haben, von der ein Teil kräftig an der Entwicklung unserer Bank mitarbeitet und das ist das Schöne an unserer Organisation. Und die dritte Perspektive, die ich betrachten durfte, ist die Mitarbeiterperspektive. Ich bin nun ein viertel Jahrhundert hier in der Volksbank. Ich habe Menschen ganz am Anfang ihrer beruflichen Karriere kennenlernen dürfen, teilweise noch als Kinder und Jugendliche, die heute im Unternehmen eine wichtige Rolle haben, die sich entwickelt haben. Und diesen Entwicklungsprozess zu sehen und ihn begleiten zu dürfen, war beeindruckend. Es geht doch im Umgang mit Mitarbeitern um die Frage, wo diesen Entwicklungsmöglichkeiten und Chancen gegeben werden können, wissend, dass die Mitarbeiter dort dann selbst für sich ihr Glück finden können. Und es ist eine große Freude junge Menschen zu sehen, die ihre Chance hier bei uns genutzt haben und hier eine Werteheimat gefunden haben.

Was war Ihr persönliches Highlight?

Das persönliche Highlight für mich war uns ist es, in einem Unternehmen arbeiten zu dürfen, das darauf aufbaut, dass die Menschen, denen das Unternehmen gehört, dieselben sind, die gleichzeitig Kunde ihres eigenen Unternehmens sind. Und was ich besonders liebe, ist unsere regionale Verbundenheit. Und das ist für uns als Genossenschaftsbank auch besonders wichtig. Wir sind in der Region stark vernetzt und engagieren uns in vielen Bereichen der Wirtschaft und Gesellschaft, sind Mitglied der Wirtschaftsförderungsgesellschaft, haben das Digital Hub der Region Bruchsal mitgegründet, sind Mitglied in Gewerbevereinen und vieles mehr. Nicht zu vergessen, die großartige Leistung, die unsere Stiftung durch selbstloses Fördern zum Wohl der regionalen Gesellschaft bringt. Diese Möglichkeit, als Institut, als Volksbank, die ich mitgestalten und führen darf, hier in der Region etwas zu bewegen und zu gestalten, das ist für mich rückblickend das Wertvollste.

Und worauf freuen Sie sich jetzt am meisten?

Mein Beruf endet, aber nicht meine Berufung. Und im Übrigen bewegt diese Mitgestaltung in einer regionalen Genossenschaft nicht nur mich, sondern meine ganze Familie. Wir können das zwar nicht mehr in der Bank tun, aber wir werden auch in Zukunft selbstorganisiert und selbstbestimmt Dinge vorantreiben, die uns wichtig sind. Dazu gehört zum Beispiel unser Verein Ubuntu Namibia. Dazu gehören aber auch Stiftungen, die ich führe, die sich um Kunst und Kultur, um Forschung und Wissenschaft kümmern. Und dafür werde ich nun mehr Zeit aufwenden, als in der Vergangenheit. Ich mache momentan fast jeden Tag etwas zum letzten Mal. Ab dem 01. April mache ich vieles zum ersten Mal. Darauf freue ich mich. Das Vorstandsgremium der Volksbank Bruchsal-Bretten bedankt sich bei Roland Schäfer für die langjährige, partnerschaftliche und wertschätzende Zusammenarbeit. „Sein Beruf endet wohl, seine Berufung jedoch nicht. Wir wünschen unserem Kollegen Roland Schäfer, dass er seine Berufung auch weiterhin genauso so tatkräftig und mit gleicher Begeisterung, Freude, Faszination und mit gleichem Mut ausleben kann.“, betont Dimitrios Meletoudis, Vorstandssprecher.

Text und Bild: Volksbank Bruchsal-Bretten

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