Fällt die Fasnacht im Hügelland wegen Corona flach?
Auf Antwortsuche in Bruchsal, Östringen und Ubstadt-Weiher
Gute 200 Tage sind es noch, bis im Kraichgau und der Region wieder das allgegenwärtige “Helau” durch die Straßen schallt. Auch wenn die Fasnachtsaison 2020/21 in diesem Sommer noch gefühlt eine Ewigkeit weit weg liegt, machen sich die Verantwortlichen schon längst Gedanken um das was da kommen wird, oder eben nicht.. Bis Ende Oktober hat das Land Baden-Württemberg noch alle Großveranstaltungen ausgesetzt, über eine Verlängerung bis zum Jahresende wird bereits laut nachgedacht. Für die meisten Prunksitzungen und Kampagnen-Eröffnungen bedeuten diese Einschränkungen bereits das definitive Aus, doch auch die Faschingsumzüge im kommenden Frühjahr stecken alles andere als in kuschelig-trockenen Tüchern. Manche Komitees und Vereine wollen zwar noch bis September warten, bevor hier erste Nägel mit Köpfen gemacht werden, doch die Fragezeichen am Horizont sind mitunter entmutigend groß.
Das Komitee der Bruchsaler Fasnachtsumzüge ”Die Holzlumpen” schreibt auf seiner Webseite – ohne jeden Schalk im Nacken und völlig nüchtern: “In Bezug auf die aktuelle Situation Coronavirus haben wir alle vorgesehen Termine abgesagt und alle Aktivitäten eingestellt”. Michael Vettermann, oberster Narr der Großen Karnevalsgesellschaft Bruchsal (GROKAGE) sieht für alle Veranstaltungen bis Jahresende auch eher schwarz und stellt klipp und klar fest: “Kein Impfstoff – keine Prunksitzung”. Am 11.11 wolle man zwar in die neue Saison feiern, allerdings in kleinerem Kreise als gewohnt und natürlich verantwortungsvoll, streng an den Richtlinien der Corona-Verordnungen orientiert, so Michael Vettermann.
Ob der berühmte “Internationale Bruchsaler Fasnachtsumzug” 2021 stattfinden kann, darüber will man erst im Herbst vorläufig entscheiden, doch wenn man sich ansieht wie viele Menschen hier normalerweise dicht gedrängt beieinander stehen und miteinander feiern, so dürfte auch dem letzten klar sein, dass hier mitunter viel auf dem Spiel steht. “Unsere Umzugsteilnehmer könnten problemlos mit entsprechenden Abständen laufen, beim Publikum wird das wohl unmöglich”, so Michael Vettermann im Gespräch mit Hügelhelden.de. “Es gilt jetzt abzuwarten”. Für die Prunksitzung im Bürgerzentrum Bruchsal, sind aber bereits schon jetzt Hopfen und Malz verloren. Selbst bei begrenztem Platzangebot mit reichlich Abstand wäre eine solche Veranstaltung nicht durchführbar, dafür wären die Kosten im teuren Bürgerzentrum einfach zu hoch und in diesen unsicheren Zeiten für die GROKAGE nicht realistisch stemmbar.
Vorwerfen kann man dieses vorsichtiges Vorgehen der GROKAGE oder dem KBF selbstredend nicht, zeigt es doch klar, dass sich die Vereinigungen ihrer großen Verantwortung bewusst sind und damit nicht sorglos umgehen. Konkret abgesagt hat bisher keine Fasnachtsgesellschaft irgendwelche Veranstaltungen im kommenden Jahr, hier will man zuerst eine gemeinsame Linie erarbeiten. Bereits am 19. Juli könnten diese schon etwas konkreter werden, dann trifft sich im 30. Jahr seines Bestehens der Narrenkreis Bruchsal – ein Zusammenschluss vieler Komitees und Gesellschaften, um Chancen und Optionen für die kommende Saison auszuloten.
“Des was geht, mach mer auch”
Viele Kult-Veranstaltungen in diesem Jahr werden wohl dennoch nicht mehr zu retten sein. In Odenheim wurde bereits das Burgfest der Karnevalsgesellschaft OKG abgesagt und auch der traditionelle Jahrmarkt kann in diesem seltsamen Jahr nicht stattfinden. An der kommenden Saison will OKG-Präsident Hagen Neubert aber solange festhalten wie möglich und vertretbar. “Wir planen zunächst einmal so, als ob alles stattfinden würde”, bestätigt uns der altgediente Fasnachter optimistisch. Den Jahresorden hat man aber sicherheitshalber ohne Jahreszahl anfertigen lassen, falls alle Stricke reißen kann das gute Stück dann zumindest im nächsten Jahr problemlos verwendet und verliehen werden. Momentan geht in Odenheim aber alles noch halbwegs seinen gewohnten Gang. Seit dem 1. Juli trainieren die Garden und die Tänzerinnen endlich wieder gemeinsam – via Videochat wie bisher, stößt dieses Konzept eben an seine Grenzen. Die Guggenmusiker haben hingegen ihre Saisoneröffnung in diesem Jahr abgesagt, die Taufe der Fasnachter am 13. November allerding soll mit begrenzter Personenzahl stattfinden können. Am närrischen Treiben im Frühjahr des kommenden Jahres in Östringen und Odenheim will man aber bisher unbeirrt festhalten, da ziehen beide Fasnachts-Hochburgen an einem Strang, erzählt uns Hagen Neubert und fügt mit Kampfgeist Marke Odna hinzu: “Des was geht, mach mer auch”.
Nicht wirklich rosig stehen die Chancen für das Fasnachtsprogramm im Ubstadt-Weiherer Kleeblatt. Die Prunksitzung wackelt in diesem Jahr bereits erheblich, berichtet uns der Präsident des Elferrates Richard Niederbühl. Auch für die Kampagneneröffnung am 11. November muss man sich etwas anderes einfallen, dicht gedrängt auf dem kleinen Vorplatz des Kelterhauses geht das definitiv nicht, so der Präsident im Gespräch mit der Redaktion. Zittern müssen derzeit auch noch die Freunde des berühmten “Zug der Gaudi” im Frühjahr. Hier will man sich zwar noch weiter beraten und selbstredend auch die Versammlung des Narrenkreises abwarten, doch wenn man Richard Niederbühl nach einer ersten Einschätzung fragt, kann der erfahrene Fasnachter leider keine befreiende Entwarnung geben. “Die Tendenz ist Nein”
Ein trauriges Fazit muss am Ende also für alle Faschingsveranstaltungen – zumindest in diesem Kalenderjahr gezogen werden. Bis Silvester kann vermutlich keines der traditionellen Events uneingeschränkt und wie bisher stattfinden, dafür ist das Infektionsgeschehen zu dynamisch und nicht berechenbar genug. Zwar bemühen sich alle Vereine und Komitees um so viel Normalität wie möglich und setzen sich für die Durchführungen dessen ein, was verantwortungsvoll umsetzbar ist, letztlich muss sich aber jede Entscheidung an den Entwicklungen der kommenden Wochen und Monaten orientieren. Fasching und Abstand sind eben wie Feuer und Wasser, beides zusammen geht nicht.
Selbst wenn also im Herbst ein grünes Licht für die Umzüge im Frühjahr aufleuchten sollte, könnte ein erneuter Anstieg der Infektionszahlen die Faschingssaison 2020/21 doch noch kippen lassen. Es liegt also auch in der Hand eines jeden Einzelnen, die Wahrscheinlichkeit für das närrische Treiben im Winter zu erhöhen. Die simple To-Do-Liste dafür dürfte mittlerweile jeder auswendig kennen: Abstand halten, in die Armbeuge rotzen und – auch wenn es lästig ist – Maske auf. Dann klappt es am Ende auch mit einem schmetternden und fröhlichen “Helau”.