Um die Nahversorgung auf dem Land aufrechtzuerhalten, braucht es Flexibilität, Ideen und die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen. Für viele Probleme gibt es clevere technische Lösungen… längst aber nicht für alle.
Elsenz hat gerade die Eröffnung seines neuen Netto-Marktes gefeiert, Zaisenhausen wird es den Nachbarn im kommenden Jahr gleichtun. Zwei Happy-Ends am Ende einer Hängepartie, die in vielen anderen Fällen jedoch mit Ernüchterung endet: Klappe zu, Affe tot, Ofen aus. Wenn ein Dorfladen schließt, kommt nur selten etwas nach. Gab es früher in jedem Dorf minimum einen Metzger und einen Bäcker (meist waren es deutlich mehr), findet man heute viel zu oft Leerstand und aufgegebene Läden, aus denen wie aus klaffenden Wunden das Blut des Dorflebens sickert.
Jammern hilft dabei nichts, ebenso wenig wie den guten alten Zeiten hinterherzutrauern. Von nichts kommt bekanntlich nichts und wenn all die kleinen Läden floriert und gutes Geld verdient hätten, dann gäbe es viele von Ihnen sicherlich noch. Es gilt hier nicht Schuld zu verteilen, sondern sich neue Konzepte zu überlegen, wie man das Leben auf dem Dorf dennoch am laufen halten kann, ein Grundangebot für die wichtigsten Dienstleistungen und Versorgungsgüter sicherzustellen.Dabei sind wir schon viel weiter, als wir uns vermutlich bewusst sind, manche Dinge funktionieren bereits besser als man glauben mag. Es gilt nur, sich darauf einzulassen und sich nicht in eine trotzige Verweigerungshaltung zu flüchten.
Wir haben ein paar der Möglichkeiten für Euch zusammengestellt und selbst ausprobiert.
Die Post geht ab
Nehmen wir zum Beispiel die gute alte Post. Das Filialgeschäft ist, was die Alltagstauglichkeit angeht, oft nur unter Schmerzen zu ertragen. Spartanische Öffnungszeiten, die nur schwer mit der Berufstätigkeit zu vereinbaren sind und dazu lange Wartezeiten lassen manche nur rot statt gelb sehen. Dabei bietet die Post mittlerweile ein paar ganz interessante Alternativen an. So kann man zum Beispiel bei einer Paketlieferung per App gleich die Mitnahme von Sendungen in Auftrag geben, Retouren, Briefe, Päckchen und Pakete. Der Postbote kann sogar Marken, Einlieferungsbestätigungen und Co direkt mit einem mobilen Drucker am Gürtel ausdrucken. Ein mächtiges Werkzeug sind auch die Packstationen, die zwischenzeitlich ganze Filialen ersetzen können. Hier kann man Päckchen verschicken, empfangen, Porto und Marken kaufen und sich sogar per Videochat direkt mit einem Mitarbeiter unterhalten bzw. beraten lassen. Wir nutzen die Station regelmäßig, um Päckchen stresslos zu empfangen und zu verschicken, besonders außerhalb der normalen Geschäftszeiten und mittels App eine runde Sache. Die Bedienung ist kinderleicht und nach etwas Umgewöhnung kein Problem. Die Zeiten, in denen man in der Filiale eine Schlange von 15 Menschen vor sich durchstehen musste, gehören Gottseidank der Vergangenheit an.
Bring´s noch einmal Sam
Der Tante Emma-Laden hat´s hinter sich, da müssen wir uns nichts vormachen. Seit jeder Haushalt statistisch 1-2 Autos hat, sind die Distanzen zum nächsten Supermarkt kein Problem mehr, die Nachfrage nach Emmas Kleinsortiment kaum noch spürbar. Knackpunkt sind die hohen Preise und Personalkosten, unterm Strich lohnt sich das Dorflädle nicht mehr. Eine schöne Ausnahme sind die unbemannten bzw, unbefrauten Läden der Kette Tante M, die es aktuell in Menzingen, bald auch in Zeutern gibt. Durch die Masse ihrer Läden kann die Kette gute Preise bei den Händlern erzielen und an Kunden weitergeben, spart sich durch den automatisierten Betrieb zudem die hohen Personalkosten.
Ein tolles Konzept, von dem aktuell aber nur zwei Dörfer im Kraichgau profitieren. Wer ohne Auto trotzdem im Supermarkt einkaufen will, kann das alternativ aber online erledigen. Probiert haben wir das bereits über REWE und können berichten: Funktioniert ordentlich. Im Browser wählt man aus dem kompletten Sortiment seine Produkte über die REWE-Webseite aus, packt sie in den Warenkorb und wählt aus den verfügbaren Zeitfenstern für die Lieferung. Manchmal dauert das etwas, oft geht es aber auch schon am kommenden Tag. Dem Fahrer kann man dann auch das Pfand mitgeben und sich zuvor per SMS rechtzeitig über dessen nahende Ankunft informieren lassen. Ganz klar: Spontan noch etwas besorgen funktioniert so nicht – zumindest nicht auf dem Land – aber wer etwas planen kann, erledigt seinen Einkauf so ohne Parkplatzsuche oder Kistenschlepperei. Was uns auch gefällt: Man kauft zielgerichteter ein, ohne sich wie im Supermarkt von diesem und jenem “verführen” zu lassen. Die Höhe der Lieferkosten variiert übrigens je nach Bestellmenge, die erste Lieferung ist afaik gratis.
Durch die Bank praktisch
Dass eine Bank keine Filiale mehr wirtschaftlich betreiben kann, wenn am Tag nur noch eine knappe Handvoll Kunden hier persönlich vorstellig wird, sollte niemanden ernsthaft überraschen. Gehälter wollen bezahlt und Geschäftsräume gemietet und beheizt werden. Das muss sich rentieren und das tut es auf dem Land kaum noch. 90 Prozent der Bankgeschäfte lassen sich online erledigen, mit dem allmählichen Aussterben des Bargelds werden es irgendwann 100 Prozent sein. Um den “direkten” Kontakt mit der Kundschaft nicht zu verlieren, probieren Banken gerade dennoch recht vielversprechende Konzepte aus.
Eines sieht zum Beispiel die “interkonfessionelle” Zusammenarbeit mehrerer Geldinstitute vor. Sparkasse und Volksbank teilen sich in immer mehr Dörfern die Filiale, was ordentlich Ressourcen einspart, gleichzeitig aber noch einen persönlichen Kontakt zulässt. Alternativ gibt es andernorts – ähnlich wie bei den Paketstationen der Post – automatisierte Terminals, in denen Kunde und Bankberater via Videochat einander gegenüberstehen.
Ohne Wirt wirds nichts
Nicht alle geht online oder automatisiert, allerdings tatsächlich verdammt viel. Post, Bank, Einkäufe jeder Art, sogar Arzt- oder Therapeuten-Termine können heute in vielen Situationen übers Netz abgewickelt werden. Das mag für viele neu und ungewohnt sein, aber es ist eben besser als das berühmte “nix”. Was natürlich aber auch zur Wahrheit gehört – der echte zwischenmenschliche Kontakt bleibt dabei auf der Strecke. Das ist in manchen Branchen nicht weiter schlimm – ein Paket empfange ich auch gerne ohne Schwatz oder Händedruck – ist aber andernorts unverzichtbar.
Dazu gehören weite Teile der Gastronomie. In die Kneipe oder ins Wirtshaus will ich nicht virtuell, sondern in Person. Ich will echte Menschen treffen, sehen wie der Wirt ein echtes Bier zapft und es danach Seite an Seite mit Freunden trinken. Dafür gibt’s keine App und wenn uns Corona etwas klargemacht hat: Man kann vieles via Online-Meeting regeln, Spaß macht das aber nicht wirklich. Auf das Wirtshaussterben hat der digitale Sektor offenbar noch keine Antwort gefunden, Distanz ist hier keine Lösung. Doch wir wagen die Prognose, dass das nicht so bleiben wird. Der Mensch ist von Natur aus gesellig und wenn wir irgendwann erkannt haben, dass die Welt hinter dem kleinen Display, auf das wir tagtäglich stundenlang so beharrlich starren uns weder mit menschlicher Nähe noch Wärme aufwartet, wird es hoffentlich irgendwann wieder ein seliges Comeback all der Löwen, Linden, Kronen und Lämmer geben. Bleibt zu hoffen, dass hier nicht nur der Wunsch Vater des Gedanken ist.
Es ist der ewige Kreislauf. Alles wird ausgepresst bis es nicht mehr geht. Dann kommt der Fortschritt und lacht über die Vergangenheit. Bis auch er ausgelutscht ist. Danach ist der Schrecken groß, man besinnt man sich wieder auf das Alte, das aber leider nicht mehr funktioniert, denn der Gemeinsinn ist verloren -abtrainiert !
Das Internet zuerst: „die große Meinungsfreiheit“ !
Ergebnis: „Trau keiner Nachricht mehr“ !
Bargeld zuerst: „weg damit“ !
Ergebnis: “ haste nix-kriegste nix“ !
Denken: „macht KI“ !
Ergebnis:……………………………..kann sich jeder selbst ausrechnen.
Schöne neue Welt. China lässt grüßen !
oder
Den Kapitalismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.
Lernen aus der Vergangenheit is nicht. Vielleicht hilft ja beten.
Ich mach schon mal den Anfang. Amen