Saulecker?

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Worschd und Fleisch die ganze Woch? Muss net sein…

Nicht wenige Hobby-Gourmets werden am sonnigen Sonntag wieder billigstes Fleisch auf sündhaft teuren Grills erhitzen…fair ist das nicht. Vor allem nicht fürs Tier.

Im Kraichgau leben wir in einer der fruchtbarsten Regionen dieses Landes, ein Vorteil den verstörend viele Menschen aber scheinbar kaum nutzen. Statt Produkte regional und saisonal einzukaufen, gehen viele Menschen lieber in den Supermarkt um Nackensteaks im Sechserpack für viel zu kleines Geld zu kaufen oder Erdbeeren aus Übersee im tiefsten Winter mit nach Hause zu bringen. Einfach alles ist jederzeit verfügbar, dass diese Bequemlichkeit aber ihren Tribut fordert machen sich dabei nicht viele Menschen bewusst.

Machs wie Oma und Opa

Hier könnten wir tatsächlich noch viel von unseren Großeltern lernen. Diese verstanden es noch leckere Mahlzeiten aus den zur aktuellen Jahreszeit verfügbaren Obst- und Gemüsesorten zu kochen und den Fleischkonsum meist auf den Sonntag zu beschränken. Heilig spricht das die alte Generation aber nicht, sie arbeiteten einfach nur mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln. Dennoch haben sie ihrer Heimat, der Natur, den Tieren und dem was man heute als Ökobilanz bezeichnet, weitaus besser gedient als unsere “Alles- Immer-Jederzeit” – Generation.

Lass Dich nicht täuschen

Schauen wir uns doch nur einmal die perversen Auswüchse des Fleischkonsums der letzten Jahrzehnte an. Wir nehmen es tagtäglich billigend in Kauf dass empfindsame Lebewesen in ihren eigenen Exkrementen, vollgepumpt mit Medikamenten und zwischen den Kadavern ihrer Artgenossen wandelnd aufwachsen, anschließend zusammengepfercht tausend Kilometer zu einem Billig-Schlachthof ins Ausland gekarrt werden, um schließlich für einen lachhaft höhnischen Preis auf unseren Tellern zu landen. Längst nicht mehr alle Verbraucher akzeptieren diese Umstände und entwickeln Ansätze eines Gewissens. Die Lebensmittelindustrie hat bereits darauf reagiert und neuerdings ein sogenanntes “Tierwohllabel” auf die Fleisch-Verpackungen im Supermarkt gepappt. Dieses Label reicht von “1” was gerade mal den extrem niedrigen, gesetzlichen Mindestanforderungen entspricht bis hin zu Stufe „4“ welche auch Bioprodukte mit einschließt.

Ein Blatt Papier Lebensraum für ein Huhn

Um Ihnen die Bedeutung dieses “Tierwohllabel” einfach einmal vor Augen zu führen: In der Haltungsform 1 steht einem Schwein eine Grundfläche mit den Dimensionen eine Dixi-Toilette für sein ärmliches Leben zur Verfügung . Ein Huhn verbringt seine wenigen Tage auf Erden auf einer Grundfläche die nicht mal einem DIN A4 Blatt entspricht und einer ausgewachsenen Kuh stehen nicht einmal die Maße einer deutschen Bettdecke zur Verfügung. (Quelle: Handelsblatt.de). Für alle die glauben mit einer höheren Kategorie glückliche Tiere serviert zu bekommen: In Stufe drei steht einem Schwein ein klein wenig mehr als ein Quadratmeter zur Verfügung, einem Hähnchen exakt ein DinA4-Blatt und einer Kuh vier Quadratmeter.

Lügen wir uns also nicht in die Tasche, echte Lösungen sind von Profiteuren der Massentierhaltung nicht zu erwarten. Wie sieht es aber bei den regionalen Anbietern direkt vor unserer Haustür aus? Einer der Vorteile von Fleisch und Wurst aus der Region liegt schon einmal auf der Hand: Die extrem kurzen Transportwege. Es gibt durchaus noch Metzgereien im Kraichgau die ihre Tiere aus dem gleichen Ort beziehen, bei manchen entfällt dadurch sogar ein Transport mit dem LKW. Seit einer neuen EU-Verordnung von 2013 können nicht mehr viele Metzger eigenständig schlachten, die Auflagen und die damit einhergehenden finanziellen Belastungen sind schlicht zu hoch. Nicht wenige Metzger transportieren deshalb ihr Schlachtvieh zuerst zu einem nahe gelegenen Schlachthof, beispielsweise nach Bretten-Gölshausen. Den Unterschied entnimmt man meist der Formulierung am Ladengeschäft selbst: “Aus eigener Produktion” weist meist auf eine Schlachtung in einem Schlachthof hin, während “Eigene Schlachtung” tatsächlich noch für die Schlachtung der Tiere im eigenen Betrieb steht.

Selbst ist der Mann / Selbst ist die Frau

Ist man also mit dem Kauf beim regionalen Metzger moralisch aus dem Schneider? Nein, leider noch nicht ganz. Die Schlachtung selbst ist eine Sache, wichtig ist wie die Tiere aufgezogen wurden und lebten. Hier gilt es etwas Mühe und Arbeit zu investieren. Fragen Sie bei Ihrem Metzger einfach einmal nach woher er sein Fleisch bezieht, anschließend fragen Sie beim entsprechenden Betrieb nach der Möglichkeit einer Führung bzw Besichtigung. Wer nichts zu verbergen hat, wird Ihnen diesen Wunsch gerne erfüllen. Bei unserer Internetrecherche haben wir auf die Schnelle gleich mehrere Mast-Betriebe gefunden, die mit einer solchen Transparenz werben.

Tu Dir was Gutes

Selbstverständlich hat gute Qualität auch ihren Preis, das gehört dazu und soll auch nicht anders sein. Das ein Kilo Grillfleisch nicht 1,99 € kosten kann ohne dass dabei Lebewesen auf der Strecke bleiben, dürfte jedem einigermaßen klar denkenden Menschen sofort einleuchten. Eine Kuh z.B. wird geboren, muss gefüttert werden, braucht Wärme und ein Dach über dem Kopf, medizinische Betreuung und mehr. Um auf Fleischpreise zukommen die manche Supermärkte aufrufen, muss ein solches Lebewesen zwangsweise wie ein seelenloses Industrieprodukt gehalten werden – mit Medikamenten vollgepumpt, um nicht vor lauter Schwäche und Furcht noch vor dem Schlacht-Alter zu krepieren. Hier greift übrigens sehr schön das Sprichwort: “Man ist was man isst”. Erst kürzlich haben neue Forschungen belegt, dass eine Vielzahl der Geflügelprodukte aus dem Supermarkt mit resistenten Keimen verunreinigt war. Hier könnte man also die “Geiz ist Geil”-Mentalität am Ende mit einem verfrühten Ableben bezahlen, weil die wichtigen Antibiotika dann wenn sie gebraucht werden eventuell nicht mehr wirken.

Es liegt an uns

Umfragen ergeben klar, dass den Menschen das Wohl der Tiere durchaus am Herzen liegt. Leider sind das oft Lippenbekenntnisse. Wenn es ums Geld geht, hört bei vielen Deutschen der Spaß schon wieder auf. Auf Unterstützung vom Gesetzgeber zu setzen ist aussichtslos bis naiv, die Bundesregierung hat bisher kaum etwas unternommen um dem alltäglichen Wahnsinn in deutschen Schlachthöfen etwas entgegenzusetzen. Unser Land entwickelt sich immer mehr zum größten Fleisch-Exporteur der Welt, nirgendwo sonst ist zwischenzeitlich Fleisch mitunter billiger als Obst und Gemüse. Finde den Fehler.

Es geht nicht darum kein Fleisch mehr zu essen, selbiges aber bewusst zu tun. Sich vor Augen zu führen dass für das eigene Schnitzel ein Lebewesen sterben musste und sich die Frage zu stellen wie es zuvor gelebt hat. Eine mögliche Antwort auf diese Fragen könnte sein weniger Fleisch zu essen, dafür aber auf eine gute Qualität zu setzen und dem zugrunde liegenden, echten, nicht durch Lobby-Kampagnen beseelten Tierwohl Rechnung zu tragen. In unserer Region gibt es durchaus ohne größeren Aufwand die Möglichkeit diese Grundhaltung in seinen Lebenswandel zu integrieren.

„Die Welt ist kein Machwerk und die Tiere sind kein Fabrikat zu unserem Gebrauch.Nicht Erbarmen, sondern Gerechtigkeit ist man den Tieren schuldig.“

Arthur Schopenhauer, deutscher Philosoph

Interessante Links:

Obst aus der Region oder aus Übersee – Was ist besser (Bayrischer Rundfunk)

Direktvermarkter im Kraichgau (Kraichgau-Stromberg-Tourismus)

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