“Es sah aus wie eine Säule am Himmel”

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Eine örtliche Unwetterzelle sorgte am Sonntag für die Überflutung in Teilen Gondelsheims

Die Bilder und Videos, die Anwohner der Jöhlinger Straße in Gondelsheim am gestrigen Sonntagnachmittag aufgezeichnet haben, zeigen im Grunde keine Straße, sondern einen reißenden, braunen Fluss, der sich in hoher Geschwindigkeit von den Äckern außerhalb der kleinen Kraichgau Gemeinde bis in deren Ortsmitte pflügt. Seither sind Einsatzkräfte und Anwohner im Dauereinsatz um den Schlamm und die angeschwemmte Erde von der Straße und von den Grundstücken zu bekommen.

“Die erste Meldung hat mich um kurz vor 16 Uhr erreicht, als das automatische Warnsystem des Saalbach bei Knittlingen plötzlich auf Rot gesprungen war”, erzählt Bürgermeister Markus Rupp uns am Telefon. “Noch während dem folgenden Gespräch mit meinem Feuerwehrkommandant Timm Eisenhut erhielt dieser parallel erste Meldungen über eine Überflutung der Jöhlinger Straße”. Vor Ort erlebten die beiden Männer das ganze Ausmaß der zeitweilig starr über dem Osten Gondelsheims stehenden Unwetterzelle. “Selbst mit dem Auto war die Mündung der Jöhlinger Straße Richtung Bahnhofstraße und Bruchsaler Straße nicht passierbar, so stark war der Wasserdruck von oben“, berichtet der Bürgermeister. „Manche Verkehrsteilnehmer berichteten, das Unwetter über Gondelsheim sah aus wie eine Säule am Himmel“

“Wäre das ein paar Wochen später passiert, wären die Schäden sehr viel geringer ausgefallen“, ist sich der Bürgermeister sicher. Da das Wasser sich über die Felder am Ortsrand der Gemeinde in selbige ergossen hat, konnten sich die Fluten durch die noch fehlende Vegetation auf den Äckern nahezu ungehindert ihren Weg bahnen. Dabei nahmen sie derart viel Erde und Mulch mit, dass der Sieb am Ablaufbecken des Riedgrabens mehrfach komplett verstopft wurde, obwohl Bauhof und Feuerwehr mit großen Baggern regelmäßig die zähe Masse entfernten. “Der Mai ist hier immer ein kritischer Monat” weiß Markus Rupp, dessen Gemeinde sich wahrlich nicht das erste Mal mit Unwetterereignissen herumschlagen muss.

Über 90 Einsätze nach schwerem Unwetter - Starkregen und Blitzeinschläge
Die Feuerwehr Gondelsheim im Unwetter-Einsatz / Archivbild

Während es in den letzten Jahren vergleichsweise ruhig zuging, haben die Menschen im Ort die großen Unwetterereignisse beispielsweise in den Jahren 2006 oder 2013 nicht vergessen. Dementsprechend vorbereitet und gelassen reagierten die meisten auf die gestrigen Ereignisse, organisierten sich schnell um gemeinsam den Folgen Herr zu werden. Seite an Seite mit Bauhof, Feuerwehr, Gartenbaubetrieben und im Grunde jedem, der eine Schneeschippe in der Garage hat, beseitigten sie Schlamm und Erde aus Vorgärten, Einfahrten und Straßen. Ein Ärgernis waren jedoch zahllose rücksichtslose Autofahrer, die mit unangepasster Geschwindigkeit Dreck und Wasser von der Straße zurück auf die Grundstücke spülten.

“Es ist wieder so schön zu sehen, wie die Leute zusammenarbeiten“, so Markus Rupp, der mit zahlreichen Anwohnerinnen und Anwohnern noch am selben Tag das Gespräch suchte. “Mir kennet´s, des kommt halt vor”, könnte man abgesehen von einzelnen Ausnahmen den Tenor zusammenfassen. Ungewöhnlich war das Unwetter dennoch, zog es sich anders als in den vergangenen Jahren zwischen dem Bonartshäuser Hof und der B35 Höhe Diedelsheim zusammen und sorgte so für andere Wasserflüsse, als man es entlang des Saalbachs bisher gewohnt war. “Da waren regelrechte Flüsse in den Feldern zu sehen, das Wasser arbeitete sich über die B35 in das Gondelsheimer Industriegebiet vor, sorgte auch dort für großflächige Verschlammung” berichtet der Bürgermeister, kurz bevor er sich heute Morgen mit den Einsatzkräften der Feuerwehr zum Krisengespräch trifft. Nach einer langen Nacht werden es sicherlich auch heute fordernde Stunden werden, denn die Regengüsse dauern an, weitere Gewitter sind für den Tagesverlauf bereits angekündigt.

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3 Gedanken zu „“Es sah aus wie eine Säule am Himmel”“

  1. Das ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was noch kommen wird.
    Denkt mal dran, wenn Ihr wieder mit Eurem SUV zum Bäcker fahrt.

  2. Sehr einseitiger Bericht.
    Das gleiche ist noch in mehreren Orten in der Region passiert, aber davon wird hier leider nichts berichtet.

  3. Im Rahmen der letztjährigen Gartenschau in Eppingen gab es im Landespavillon eine sehr sehenswerte Ausstellung über den Wert des Mutterbodens. Das Abschwemmen großer Mengen von kostbarem Humus wurde ebenfalls erwähnt. Als Gegenmaßnahmen wurden erwähnt : das Bearbeiten von Feldern quer zum Hang, Einrichten von. begrünten Flächen, kleinzeiligere Ackerflächen mit Wechsel im Frucht- Anbau. und weniger Flächenversiegelung, Vielleicht könnten solche Maßnahmen dazu beitragen, Hochwasserschäden zu vermeiden und wertvollen Humus zu erhalten.

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