Es fährt kein Zug nach Nirgendwo

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Chaotische Zustände im Bahnverkehr zwischen Mühlacker, Bruchsal und Bretten

Fahrgäste und Politiker verärgert über Zugausfälle und Verspätungen

Bahnfahrer auf der wichtigen Verkehrsachse zwischen Mühlacker, Bruchsal und Bretten können einem dieser Tage wirklich leid tun. Seit mit dem Fahrplanwechsel 2019 der neue Anbieter Abellio den Betrieb auf der vielbefahrenen Strecke übernommen hat, herrschen hier mitunter nicht tragbare Zustände. Abellio alleine dafür den schwarzen Peter zuzuschieben, wäre zwar weit über das Ziel hinaus geschossen – der Anbieter hat sich auf die Lieferzusagen des Zugherstellers Bombardier verlassen und wurde dabei gleich mehrfach versetzt – doch war die Staffelstabübergabe von AVG zu Abellio doch augenfällig zu früh. Mittlerweile wurden zwar die meisten der bestellten Züge ausgeliefert, doch schon kurze Zeit später waren bei den neuen Triebwagen die ersten Ausfälle zu verzeichnen.

Die Fahrgäste können für die wirtschaftlichen und logistischen Hintergründe dieser Misere mittlerweile nur noch bedingt Verständnis aufbringen, sind sie es doch die die daraus resultierenden Probleme fast tagtäglich ausbaden müssen. Zugausfälle, Verspätungen und an Haltestellen vorbeifahrende Bahnen, gehören nach der Auswertung vieler Erfahrungsberichte mittlerweile zum Alltag. Die Folge: Schülerinnen und Schüler kommen zu spät zum Unterricht, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erreichen ihren Arbeitsplatz nicht rechtzeitig. Das gleiche Drama wiederholt sich dann zuweilen noch auf dem Rückweg und die stressgeplagten Pendler kommen erst mit Verspätung zu Hause an.

Dies sind nur die unmittelbaren Folgen, die langfristigen Auswirkungen fallen deutlich schwerer ins Gewicht. Wer über Wochen solche Erfahrungen mit dem öffentlichen Personennahverkehr macht, wird diesen nach Möglichkeit in Zukunft meiden und wieder zum Lenkrad und den Autoschlüsseln greifen. Eine traurige Regression für das grüne Musterländle Baden-Württemberg aber auch eine Katastrophe mit Ansage. Schon vor Monaten wurde vor den Folgen des Fahrplanwechsels gewarnt. Bereits zu Jahresbeginn waren die Lieferschwierigkeiten der neuen Bahnen bekannt, effektiv gegengesteuert hat die Landespolitik aber offenbar nicht. Bürgermeister Markus Rupp aus Gondelsheim brachte seine Besorgnis bereits im Februar zum Ausdruck und schrieb damals öffentlich: „Die Verlässlichkeit des Angebots ist für die vielen ÖPNV-Nutzer von immenser Wichtigkeit. Berufspendler, Schüler und nicht motorisierte Menschen sind auf die Stadtbahn angewiesen“

Doch nun scheinen sich die Befürchtungen Rupps bewahrheitet zu haben. Mit dem Fahrplanwechsel im Sommer übernahm Abellio, eine Tochter der niederländischen Staatsbahn, mitunter die alte Strecke S9 von der AVG und seither reißen die Probleme nicht mehr ab. In den sozialen Netzwerken berichten viele Nutzer übereinstimmend von regelmäßigen Zugausfällen, verpassten Haltestellen und Verspätungen und dies bereits von Anfang an. Schon in der Kommentarspalte unter dem ersten Facebook-Post zur Übernahme des Streckennetzes seitens Abellio, finden sich zahlreiche Stimmen die sich bereits am Tag Nummer 1 über Probleme beschweren.

Es bleibt nur zu hoffen dass Abellio bzw. Bombardier nun auch die Software-Probleme, der mit reichlich Verspätung gelieferten Triebwagen baldmöglichst in den Griff bekommt und der Bahnverkehr sich wieder konsequent und verlässlich stabilisiert. Alles andere wäre nicht nur blamabel sondern auch fatal für ein Bundesland das für sich in Anspruch nimmt außer Hochdeutsch alles zu können. Die Zeit drängt, die Geduld der Bahnfahrer, zahlreicher Arbeitgeber und Schulen in der Region dürfte wohl nicht unendlich sein. Man kommt nicht umhin an die alte Weisheit aus der IT Branche zu denken, die da lautet: Never change a running system.

Ein Kommentar von Stephan Gilliar

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