Ein langer, kalter Winter

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Überall in der Region sehen Menschen dem kommenden Winter und möglichen Energie-Engpässen mit großer Sorge entgegen

“Ich habe 13 Baggerseen, ich kann es mir nicht leisten, dass die Kinder nicht mehr schwimmen lernen“, sagt Stefan Martus mit Bestimmtheit. Der Philippsburger Bürgermeister möchte deshalb das Schwimmbad in seiner Kommune auch trotz des energieintensiven Betriebes nicht vollständig schließen. Stattdessen wird die Temperatur des Wassers um ein paar Grad abgesenkt. “Ein Grad Reduzierung bringt 10% Einsparungen bei den Energiekosten“, rechnet das Stadtoberhaupt vor “Ein Grad Lufttemperatur im Raum sind immerhin noch 6% Einsparung”. Doch nicht nur beim Schwimmbad, sondern auch in anderen städtischen Einrichtungen wird der Verbrauch an Gas reduziert, wo es eben irgendwie möglich ist. Grenzen sind hierbei aber schnell erreicht, schließlich kann man in einem Kindergarten die Raumtemperatur nicht mal eben auf 15 Grad reduzieren. Sogar für das absolute Worst-Case-Szenario hat Philippsburg vorgesorgt und eine Reihe öffentlicher Wärmeräume bereitgestellt, in denen im Falle eines Ausfalls der Gasversorgung frierende Menschen Schutz suchen können.

„Ich habe 13 Baggerseen, ich kann es mir nicht leisten, dass die Kinder nicht mehr schwimmen lernen“

Stefan Martus, Bürgermeister von Philippsburg
Stefan Martus, Bürgermeister von Philippsburg

Auch am Philippsburger Stadtrand ist die Sorge vor dem, was kommen könnte, derzeit groß. Kurt Schmitt steht etwas verloren in der kathedralenartigen Halle seines “Klaubauterlandes”, dem riesigen Indoorspielplatz, den sein Partner und er vor zwanzig Jahren ins Leben gerufen haben. “Wir haben hier 3000 Quadratmeter Grundfläche bei einer Raumhöhe von bis zu 8 Metern“, erzählt er und ergänzt resigniert: “Alles mit Gas geheizt”. Einen stattlichen fünfstelligen Betrag muss das Klabauterland bisher bereits zur Begleichung der Heizkosten aufbringen, doch die gravierenden Preissprünge der letzten Monate stellen Kurt Schmitt nun vor ein riesiges Dilemma. Schließlich haben die beiden zurückliegenden Jahre der Corona-Pandemie dem Unternehmen schwer zugesetzt, lange Monate war die Anlage geschlossen in der restlichen Zeit durch die Auflagen nicht annähernd ausgelastet.

Kurt Schmitt in seinem „Klabauterland“

“Es wird ohne Preiserhöhungen nicht gehen“, seufzt Kurt, denn nicht nur die Energie ist teurer geworden. “Nur die Pommes zum Beispiel sind pro Kilo um 30 Cent gestiegen”. Beliebig am Thermostat drehen kann Kurt nicht. Den Kindern würden ein bis zwei Grad weniger vermutlich gar nicht auffallen, so sehr sind diese im Klabauterland mit Toben und Spielen beschäftigt, den wartenden Eltern dürfte das aber zu kalt werden. Von der Politik erwartet sich Kurt keine allzu große Hilfe.. “Eher net” sagt der Dudenhofener und hält fest: “Ich glaube wir sind auf uns gestellt”.

Jürgen und Manfred Gärtner in einer ihrer Tennishallen in Weiher

Ähnliche Sorgen beschäftigen auch Familie Gärtner in Ubstadt-Weiher. Energie, also Wasser, Öl und Strom ist auch in ihrem Sportpark der großen Kostentreiber. An allzu vielen Stellschrauben lässt sich dabei nicht drehen, denn die Dimensionen die es hier zu unterhalten gilt, sind von Haus aus gewaltig. Mehrere Tennishallen, Umkleideräume, ein Fitnessstudio, eine Wellnesslandschaft und mehr wollen am Laufen gehalten werden. Jede Einsparung hier und auch jede Preiserhöhung, so dringend sie wirtschaftlich auch geboten wäre, sind eine Gratwanderung. Schließlich sitzt bei den Menschen angesichts der aktuellen Lage das Geld nicht gerade locker. Die Vermutung liegt also nahe, dass gerade im Freizeitbereich als erstes eingespart würde, befürchtet Jürgen Gärtner. Dass er sich die hohen Betriebskosten, die in diesem Winter anfallen werden, überhaupt leisten kann, ist nur der eigenen Umsicht zu verdanken. Immer wieder hat Jürgen die Gewinne in die Modernisierung der Anlage gesteckt. Sein Sportpark verfügt daher über eine vergleichsweise moderne Heizung, eine Solaranlage und gigantische Lagertanks für Wasser und Heizöl, mit denen sich auch eine Durststrecke teilweise überbrücken lässt. Eine moderate Preiserhöhung für die Kundschaft ist aber auch in Weiher nicht unumgänglich, mit einer Ausnahme. “Die Preise für Kinder und Jugendliche bleiben gleich, auch wenn wir dabei draufzahlen” stellt Jürgen Gärtner kategorisch fest.

Nur drei Beispiele, von unendlich vielen – überall in der Region. Die kommenden Monate werden für viele Menschen eine Herausforderung – um eine zurückhaltende Formulierung zu wählen. Explodierende Preise für Energieträger, Lebensmittel und im Grunde eigentlich so ziemlich alles, bringen zahllose Haushalte an ihre Grenzen und bedauerlicherweise in vielen Fällen darüber hinaus. Was die Zukunft bringen wird, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen, wohl aber dies: Es wird ein langer, kalter Winter.

Wie sorgen Sie für den Winter vor, mit welchem Gefühl gehen Sie in die kalte Jahreszeit? Wir freuen uns über Ihre Kommentare.

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2 Gedanken zu „Ein langer, kalter Winter“

  1. Zur Erinnerung: Wir veröffentlichen hier keinerlei unbelegte Behauptungen, keinerlei Verschwörungstheorien und keinerlei politische Polemik. Danke für Euer Verständnis

  2. Der Herr Bürgermeister soll mal die Hand zu und wieder auf machen. Und dann reinschauen. Dann sieht er, was ER HAT!!!
    Und: man kann den Winter auch länger und kälter reden…dann wird er’s bestimmt auch!

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