Vor 20 Jahren hat sich Eduard mit einem eigenen EDV-Laden im kleinen Heidelsheim selbstständig gemacht. Heute ist das Geschäft mit klassischen Computern schon fast eine Nische – und Eduard ihr König.
von Stephan Gilliar
Ach, Computer, was ist aus dir geworden? Massenware, Allerwelts-Hightech, omnipräsent in jedem noch so kleinen Lebensbereich. Schnöde Consumer-Electronics, genauso sexy wie ein Toaster oder eine Spülmaschine. In den Achtzigern und Neunzigern war das noch anders – es war nicht weniger als die goldene Ära der Computertechnik: eine Mischung aus Pioniergeist, Hobby und echter Community. Es ist kein bisschen gelogen, wenn ich Ihnen sage, dass mein Herz höher schlägt, wenn ich mich an das alte, schnaufende und ratternde Booten meines riesigen MIDI-Towers mit einem bescheidenen 386er-Prozessor als Herzstück zurückerinnere. Die elendig langen Installationen mit 20 Disketten oder mehr, bis irgendein Programm oder Spiel endlich lief. Das Verdrahten von Netzwerken mit Endwiderständen und T-Stücken. Das Schleppen von zentnerschweren Röhrenmonitoren zu Kumpels für ganze Wochenenden ohne jedes Zeitgefühl.
Computer waren Freude, Tüfteln, Ausprobieren, Entdecken – und ein endloses Meer an Möglichkeiten zu einer Zeit, als diese Möglichkeiten noch äußerst endlich waren. Sagen wir es so: Die schönste Farbe der Welt war das vergilbte Beige meines ersten Rechners.
Auch Eduard kann sich noch gut an seinen ersten eigenen PC erinnern. Genau wie ich wurde er 1980 geboren und machte Mitte der Neunziger seine ersten Gehversuche mit Computern. Der erste große Batzen Taschengeld ging 1997 für einen PC mit dem damals brandneuen Pentium-II-Prozessor drauf. Um einmal kurz aufzuzeigen, wie viel Zeit seither vergangen ist: Der Pentium II lief mit 233 MHz auf einem einzigen Kern, während ein moderner Intel Core i9-14900K mit bis zu 6 GHz auf 24 Kernen arbeitet – das ist, als würde man einen Dampfmaschinen-Traktor gegen ein Spaceshuttle antreten lassen.
In diesen Tagen verliebte sich Eduard in Computer und ist dieser Liebe bis heute treu geblieben. Leider waren damals Lehrstellen im Computerbereich rar gesät. Der PC war noch längst nicht überall zu Hause, der Markt nicht annähernd so gigantisch groß wie heute. So absolvierte Eduard zunächst eine Lehre als Koch und arbeitete danach eine Weile in der früheren Confiserie Feller am Karlsruher Marktplatz.
Doch die Bits und Bytes riefen beständig nach ihm, all die Nullen und Einsen ließen ihn niemals gänzlich los. Zwar schraubte und bastelte Eduard auch während seiner Jahre unter der Kochmütze weiterhin mit Freunden an Computern aller Arten herum, doch irgendwann wagte er den Übergang von der Liebe zum Beruf. In Karlsruhe und Mannheim absolvierte er die Umschulung zum Büroinformationselektroniker – eine Bezeichnung, die heute geradezu exotisch anmutet und längst nicht mehr existiert. Eduard lernte, Schreibmaschinen, Fakturier- und Rechenmaschinen, Kopiergeräte, Aktenvernichter und Registrierkassen zu warten und zu reparieren – auch Computer, aber längst nicht so regelmäßig, wie er es sich gewünscht hätte.
Eines Tages besuchte er einen Freund in Heidelsheim, um an PCs zu basteln. Gemeinsam spazierten sie an einem leer stehenden Geschäft in der Martinstraße vorbei. Früher war es der Verkaufsraum eines Steinmetzbetriebs, was nebenbei erklärt, warum Eingangsbereich und Ladengeschäft mit edlem rotem Marmor ausgelegt sind. Man wurde sich einig – und so gründete Eduard mitten auf dem Land sein erstes eigenes Geschäft: EDV-SERVICE Müller.
Seither sind 20 Jahre vergangen – 20 Jahre, in denen sich die Branche neu erfunden hat. Nicht einmal, nicht zweimal, sondern im Grunde unzählige Male. Heute werden vor allem in sich geschlossene IT-Systeme angeboten, wie beispielsweise Laptops und Tablets. Reparatur und Aufrüstung sind hier – durchaus gewollt – schwierig bis unmöglich. Hersteller spekulieren lieber auf regelmäßige Neukäufe, anstatt die Upgrade-Fähigkeit der Systeme zu gewährleisten. Ein trauriger Trend, der sich durch die gesamte Elektronikbranche zieht. Konnte man früher bei einem Smartphone noch problemlos den Akku tauschen, ist das heute nur noch in spezialisierten Service-Centern möglich.
Doch Eduard hat seine Nische gefunden. Auf Bedarf und nach individuellen Wünschen stellt er eigene Computer zusammen, die genau den Anforderungen der Kunden entsprechen. Vom schicken Gehäuse über das Motherboard, den Prozessor und den Arbeitsspeicher bis hin zur Grafikkarte – er schraubt und bastelt genau den PC, der bestmöglich zur Kundschaft passt. Zwar gibt es für diesen Service keinen riesigen Markt mehr, aber durchaus eine dankbare Kundschaft: Arztpraxen beispielsweise lassen ihre Infrastruktur von Eduard einrichten und betreuen, Gamer schwören auf seine selbst gebauten Gaming-PCs, und auch freischaffende Kreative wie ich bevorzugen ein gut abgestimmtes System für rechenaufwändige Operationen wie Video- oder Bildbearbeitung.
Gibt es ein Problem, ist Eduard immer zur Stelle. Er fährt zu den Kunden nach Hause, sieht sich das Problem direkt vor Ort an. Manchmal ist es nur eine Kleinigkeit, manchmal etwas Größeres. Derzeit geht beispielsweise bei vielen Kunden die Angst um, dass mit dem „angedrohten“ Supportende für Windows 10 der eigene Rechner nutzlos wird und teuer ersetzt werden muss. Hier kann Eduard in den meisten Fällen beruhigen – oft lässt sich das System problemlos und ohne neue Hardware upgraden. Auch mir hat er schnell und einfach erklärt, wie ich das sogar selbst machen kann. Denn tatsächlich ist Eduard kein Geschäftemacher – er ist einfach ein technikverliebter Computer-Nerd alten Schlages.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Eduard niemandem etwas aufschwatzt, das er nicht benötigt. Ob ein Kabel, eine Software-Lizenz oder auch nur eine halbe Tube Wärmeleitpaste – bis jetzt hatte Eduard immer alles zur Hand, was wir im Betrieb kurzfristig benötigten. Unkompliziert, preislich völlig unauffällig und stets mit vielen Tipps und reichlich Beratung garniert. Dazu kommt Eduards irgendwie hypnotischer Dialekt: Als Kind von heimgekehrten deutsch-russischen Spätaussiedlern hat er diesen ganz besonders weichen und warmen Singsang in der Stimme. Das flauschige CH, das melodische J – man hört ihm einfach gerne zu.
Zudem besucht man ihn gerne in seinem kleinen Laden, wo die Eingeweide und Ersatzteile von PCs verschiedenster Generationen wie der Querschnitt einer fossilen Grabung Einblick in die verschiedenen Computerzeitalter geben. Hier ein altes COM-Kabel für Nadeldrucker, da eine PS/2-Maus oder ein CD-ROM-Laufwerk mit atemberaubend schneller zweifacher Geschwindigkeit.
Die Heidelsheimer haben sich längst an Eduard gewöhnt. Wenn es irgendwo brennt und der PC hängt, ist er meist nur einen Anruf entfernt. Und Eduard mag Heidelsheim – daraus macht er keinen Hehl. Jeden Tag pendelt er von Karlsruhe hierher, obwohl es andersherum vermutlich mehr Sinn machen würde. Aber es gefällt ihm auf dem Dorf, und die Heidelsheimer mag er gerne.
„Manchmal bringt mir eine Kundin sogar etwas zu essen, im Sommer habe ich auch schon mal Eis bekommen“, erzählt er und lacht.
Aus der spontanen Idee, die er vor dem großen Schaufenster in der Martinstraße vor 20 Jahren hatte, ist mittlerweile ein beständiger und gut eingespielter Ein-Mann-Betrieb geworden.
„Ich habe gedacht, ich probiere es einfach“, sagt Eduard – und hat es bis heute nicht bereut. Manche seiner Kunden kommen sogar aus Heidelberg und Karlsruhe nach Heidelsheim. 60 Kilometer und mehr fahren manche, um ihre Rechner bei Eduard reparieren, überholen oder aufrüsten zu lassen.
„Bleib bloß da, geh nicht weg“, sagen viele.
Aber das hat er ohnehin nicht vor.
Cool!
Dass es sowas (noch) gibt!
PS: mein erster PC war ein Turbo-XT mit NEC V 20 Prozessor,10 MHz, 640 k Arbeitsspeicher und 20 MB Festplatte…
Ich glaube, Eduard könnte den auch reparieren.
Ich bin auch Kunde bei Herr Müller. Hier habe ich mein Laptop neu gekauft. Er hat ihn nach meinen Wünschen zusammen gestellt. Für mich ist es so: ich unterstütze der Unternehmen hier vor Ort und kaufe nicht im Großmarkt. Ich bin sehr dankbar, daß es Herrn Müller hier vor Ort gibt.
War bis jetzt immer sehr zufrieden – klasse, dass es so jemanden noch bei uns gibt
Schad, dass er nicht nach Heidelse zieht…die Fahrerei is doch ätzend.
Kann dem nur zustimmen !
Mein Bruder und ich sind schon mehr als 8 Jahren treue und zufriedene Kunden von Eduard Müller.
Er arbeitet sehr professionell und gibt immer gute Hinweise und Ratschläge, wenn es mal klemmt.
Wir können ihn deshalb nur weiterempfehlen, was wir auch schon des öfteren getan haben.
Hoffentlich bleibt er uns noch lange erhalten, denn solchen Service vermisst man in der
heutigen Zeit immer mehr !