Das „Schwätzbänkle“ soll einsame Menschen zueinander bringen
Eine schöne Idee findet unser Autor Philipp
Bevor meine Großmutter vor zwei Jahren gestorben ist, gab es bei jedem meiner Besuche ein grausames, wenngleich pragmatisches Ritual. Ich musste für sie Telefonnummern aus dem Speicher Ihres Festnetztelefons und ihres Seniorenhandys löschen. Nicht dass sie sich mit den “Gelöschten” nicht mehr verstanden hätte oder diese verzogen wären… nein, diese Menschen waren schlicht und einfach verstorben, waren einfach nicht mehr da. Für uns Junge, die wir uns noch flüssig in großen Kreise unserer Freunde bewegen, mag das ein absurder Gedanke sein, doch ab einem gewissen Alter sterben Freunde, Bekannte und Verwandte in immer enger werdendem Takt einfach weg. Als meine Oma schließlich starb, war sie beispielsweise die letzte überlebende Schülerin aus ihrer damaligen Abschlussklasse, die Einträge in ihrem Telefonbuch waren bis auf ein paar sehr wenige Namen alle verschwunden.
Ich gestehe, ich habe Angst vor der Einsamkeit im Alter. Wenn die vertrauten Namen und Gesichter einmal nicht mehr da sind und mich jeder weitere Tag mit einer erdrückenden Kälte begrüßt, die ein Mensch als soziales Wesen einfach nicht verkraften kann. Diese Angst ist keineswegs absurd, die Furcht nicht zu weit hergeholt… Studien zeigen in aller Bitterkeit auf, wie viele Millionen Menschen in Deutschland unter Einsamkeit leiden, die Pandemie hat dies ganz sicher nicht besser gemacht.
Nun könnte man natürlich ganz pragmatisch sagen: Wenn mehrere Einsame sich zusammentun, wird aus Einsamkeit Geselligkeit… doch so einfach ist es natürlich nicht. Die Überwindung und das Hemmnis andere einfach anzusprechen, zudem die heimliche Scham darüber sich als “Einsame/r” zu outen, ist viel zu oft noch viel zu groß. Es ist also unabdingbar und überaus wichtig, für diese Menschen niederschwellige Angebote zu schaffen, die ihnen das zögerliche Heben der einsamen Hand erleichtern. Ein solches Angebot könnte das sogenannte „Schwätzbänkle“ sein – ein Projekt des Landesseniorenrates, das eben jene Hürden überwinden soll. Ganz klar, Bänke gibt es viele, doch diese spezielle Bank ist etwas Besonderes. Wer auf ihr Platz nimmt, signalisiert seiner Umwelt ganz klar: Ich möchte in Kontakt treten, ich möchte mich unterhalten, ich möchte den Austausch. Wer einen Menschen hier antrifft, für den entfällt die bange Frage, entfallen die Zweifel, ob besagter Mensch überhaupt angesprochen werden möchte… die Antwort ist im Vorfeld klar: Ja, das will er.
Diese Bänke haben das Zeug dazu, ein echter Eisbrecher zu sein. Denn wenn die ersten Worte gewechselt wurden, folgen oft viele weitere und vielleicht noch weitaus mehr. Ein schönes Projekt, dass es zu unterstützen gilt und das auch in der Region Einzug hält. In Gondelsheim hat die Jägerschaft beispielsweise zwei solcher Bänke gestiftet, die nun im Osten und im Westen der Gemeinde aufgestellt werden sollen. Doch braucht es noch nicht einmal neue Bänke, auch Bestehende können dafür ganz einfach umgewidmet werden. Jede Stadt und jede Gemeinde im Kraichgau sollte daher darüber nachdenken, diesen für sie sehr kleinen doch für einsame Menschen wahnsinnig großen Schritt sobald als möglich selbst zu gehen. Denn jede einsame Minute, ist ohne Zweifel eine zuviel.