Ein Abend im Grünen

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Die Krone in Tiefenbach ist eine der letzten urtümlichen Dorfgaststätten im Kraichgau

Wer die Tiefenbacher Krone einmal besucht hat, der vergisst sie so schnell nicht wieder. Das liegt nicht nur an dem äußerst grünen Grün, das vor einigen Jahren das zarte Hellblau auf der Fassade beerbt hat, sondern insbesondere auch an der urigen Gaststube, den authentischen Gastgebern und den dazu passenden Gästen. Die Krone in Tiefenbach ist Kult und das nicht erst seit gestern. Manche Tiefenbacher kommen schon ihr ganzes Leben lang hierher. Da wäre Oskar, der das allererste Mal als junger Bub 1948 neben seinem Vater am Stammtisch Platz genommen hat. Heute sitzt er als gestandener Senior immer noch hier und erinnert sich an das, was einmal war. Zum Beispiel wie die damals Geflüchteten nach dem Krieg mangels Kleingeld um Maiskörner Skat gespielt haben, oder wie 1972 das Wasser kniehoch in der Gaststube stand. Neben ihm sitzt Edmund, den alle Ede nennen. Auch er ist schon Kronengast, seit er denken kann. In Erinnerungen schwelgend nippt er an seinem Bier, an dessen Herstellungen her in seiner beruflichen Laufbahn in Eppingen jahrzehntelang beteiligt war.

Es ist rammelvoll an diesem hundsgewöhnlichen Mittwoch, die Gaststube platzt aus allen Nähten. Das sei aber noch gar nichts, erzählt Gerhard Pfeiffer, man müsse sich das mal an einem Sonntag anschauen, dann käme man kaum noch durch. Trotzdem strahlt der gestandene Wirt eine Ruhe aus, um die man ihn nur beneiden kann. Klar, Gerhard macht das ja auch nicht gerade erst seit gestern. Bis vor kurzem hat der Metzgermeister im kleinen Verkaufsraum nebenan noch eine kleine Metzgerei betrieben, zuvor sogar noch eine zweite in Odenheim, zwischenzeitlich konzentriert er sich aber nur noch auf die Gaststätte.

1972, in jenem Jahr, als der Katzbach über seine Ufer trat und auch vor der Krone keinen Halt machte, übernahm Gerhards Vater das Gasthaus und damit auch eine gewisse Verpflichtung. Schließlich ist die alte Krone seit 1850 immer und jederzeit eine Gaststätte gewesen und sollte es auch fortan bleiben.

Mit wenigen Unterbrechungen steht Gerhard seither in der Küche, brät und brutzelt deftige Tiefenbacher Hausmannskost. Schnitzel, Tafelspitz, Rumpsteaks, Würste, Eintöpfe… so deftig und gut, wie man es von einem echten Metzgermeister erwarten darf. Dazu kommt in der Krone das einzigartige Ambiente, das liebevolle Erinnerungen an die Vergangenheit mache oft. Die Gaststube ist im Grunde dieselbe, wie sie es schon vor Jahrzehnten war. Vorhänge mit bunten Mustern, alte Schwarzweiß-Fotos an den Wänden, sogar ein Klavier und eine alte Klampfe warten im Nebenzimmer auf gesellige Anlässe und feucht fröhliche Abende. Ja, man fühlt sich sofort wohl in der Krone und ein wohliges Gefühl macht sich in der Magengegend breit… nicht nur wegen Gerhards Kochkünsten. Nur wenn man über das Morgen nachdenkt, über die Frage, was mit der Krone sein wird, wenn Gerhard einmal nicht mehr kann, dann mischt sich etwas Unbehagen dazu. Doch darum soll es heute hier nicht gehen… heute ist heute und morgen ist morgen. Möge die alte Krone noch lange Jahre in Tiefenbach glänzen.

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