Don’t kill the messenger

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Anstatt die zu belangen, die aktiv an der Zerstörung einer lebenswerten Zukunft mitwirken, arbeitet sich die schäumende Volksseele lieber an jenen ab, die dagegen aufbegehren.

Von Stephan Gilliar

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres bringt es in seiner gewohnt direkten Art ohne Umschweife auf den Punkt: “Klimaaktivisten werden manchmal als gefährliche Radikale dargestellt. Aber die wirklich gefährlichen Radikalen sind Länder, die die Produktion von fossilen Brennstoffen erhöhen. Investitionen in neue Infrastrukturen von fossilen Brennstoffen sind moralischer und wirtschaftlicher Wahnsinn.” Damit meint er mitunter unser wunderbares Deutschland. Ein Land, dessen Regierung sich bei ihrer Bildung den Klimaschutz medienwirksam auf die Banner geschrieben hat, gar mit einem “Klimakanzler” von sich reden machte und sich zunehmend besagten Klimaschutz wie eine lästige Fliege vom Kittel wischt. Stattdessen werden nun jene Menschen dämonisiert und kriminalisiert, die sich schlicht nicht damit abfinden wollen, dem Ausverkauf ihrer eigenen Zukunft tatenlos zuzusehen.

Klimaschutz ist keine Ideologie, er ist kein Prestigeprojekt grüner Eliten oder pseudopolitische Hysterie – er ist der einzige gangbare Weg um künftigen Generationen eine intakte Umwelt, ja einen intakten Planeten zu hinterlassen. Die Notwendigkeit dafür zeigen bereits heute die Zeichen der Zeit auf: Epochale Dürren auf europäischem Boden, Wassermangel, Hitzesommer und Umweltkatastrophen sind nur die ersten zarten Auswirkungen dessen, was droht, wenn wir einfach alles wie bisher weiterlaufen lassen. Der Klimawandel ist auch keine Frage der persönlichen Interpretation, nichts was im Wutschaum der sozialen Netzwerke oder auf dem abgeranzten Holz dörflicher Stammtische zur Diskussion stünde… vielmehr ist er wissenschaftliche Realität, ein Konsens so ziemlich jeder ernstzunehmenden wissenschaftlichen Kapazität auf dieser Erde.

Es könnte unterhaltsam sein, wäre es nicht so unendlich tragisch. Wir wissen, was geschieht, was geschehen wird und wir wissen auch was zu tun ist. Dennoch unternehmen wir kaum etwas. Jede noch so kleine Maßnahme, die zur Abmilderung der drastischen Szenarien beitragen könnte, wird in einem Handgemenge aus Ignoranz, Dummheit und Verblendung zerrissen, bis kaum noch etwas davon übrig bleibt. Stattdessen konzentrieren wir unsere Energie darauf, jene abzustrafen, die sich nicht damit abfinden wollen. Die es wagen, uns in unserem Alltag mit realen Problemen zu behelligen, die sich unseren geliebten, wie goldenen Kälbern verehrten Fahrzeugen und Bequemlichkeiten in den Weg stellen – den Finger auf das richten, was einfach nicht sein darf. Dabei überschreiten sie Grenzen, manchmal auch die des guten Geschmacks. Hin und wieder muss die Art des Widerstands auch unumwunden als „töricht” bezeichnet werden, doch ist es auch nachvollziehbar, dass für sie die Zeit des unsichtbaren Protestes vorbei ist. Aus ihrer Warte und übrigens auch aus der renommierter Wissenschaftler, ist es fünf vor zwölf und um fünf vor zwölf verteilt man eben keine Flyer mehr.

Mit Schaum vor dem Mund fordern unsere Obrigkeiten härtere Haftstrafen, setzen Aktivisten mit Terroristen gleich und brechen im selben Atemzug geltendes Recht unserer ohnehin schon viel zu schwachen Klimagesetze. Selbst einfache Maßnahmen wie ein Tempolimit, das der Rest der Welt schon längst umgesetzt hat, sind offenbar ein zu großer Preis im Kampf gegen die Klimakrise. Stattdessen setzt unsere Republik unbeirrt auf fossile Relikte wie das Dienstwagenprivileg, einen Steuerrabatt für Diesel, eine Steuerbefreiung für Kerosin und forciert den Ausbau von 140 weiteren Autobahnprojekten in einem Land, das ohnehin schon eine der höchsten Straßendichte weltweit aufweist.

Es ist niemand geringeres als unsere eigene Bundesregierung, die derzeit geltendes Recht bricht, verbindliche Klimaziele ignoriert und damit die Zukunft kommender Generationen bewusst und fahrlässig aufs Spiel setzt. Und jene, die davon betroffen sein werden, dürfen sich nicht zur Wehr setzen, dürfen nicht den Finger in diese weit klaffende Wunde legen?

Besonders schön formulierte das unlängst der Kabarettist Max Uthoff: “…Ein System ruiniert die Lebensgrundlagen des Planeten und wehrt sich mit einer albernen Täter-Opfer-Umkehr…” Oder eben: Don’t kill the messenger

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18 Gedanken zu „Don’t kill the messenger“

  1. Dass es läuft wie es läuft liegt wie meistens am Unterschied zwischen Ameisen und Menschen. Die einzelne Ameise ist strunzdumm, aber als Volk handeln sie hochintelligent und effizient. Der einzelne Mensch ist relativ intelligent, aber als Volk …

    • Dem kann ich nur zustimmen! Und hab an die letzte Folge der „Anstalt“ im ZDF gedacht, bevor ich den letzten Absatz gelesen habe.
      Sehr empfehlenswert, sich diese in der Mediathek anzuschauen.
      Da sieht man, wie auch eine unserer Regierungsparteien mit den Leugnern der Klimaveränderung verstrickt ist und ihre „Mission“ erfüllt.
      Aussitzen, schönreden, greenwashing vom Feinsten.
      Dies seit Jahrzehnten.
      Fängt auf regionaler Ebene an und geht bis ganz hoch!

    • Extrem giftige Pestizide erhalten weiter Zulassungen, weil die Behörden es nicht schaffen die neuen Risikobewertungen termingerecht abzugeben, obwohl man weiß, dass sie das Kind im Mutterleib schädigen ( nachzulesen beim Umweltinstitut München). Renommierte Wissenschaftler werden ignoriert, die schon Jahrzehnte vor dem Klimawandel warnen. Die Auswirkungen erleben wir gerade, Das ist erst der Anfang. Ich will nicht wissen, was noch auf die nachfolgenden Generationen zukommt. Auch wenn einzelne Aktionen junger Klimaschuetzer vielleicht am Ziel vorbeischiessen. Die junge Generation hat meiner Meinung nach das Recht ihre Zukunft durchzusetzen und ich freue mich, dass endlich mal jemand aktiv wird.

  2. Vielen Dank für die ehrlichen Worte !
    Leider steht keiner mehr zu seiner Meinung. Anonym ist angesagt…

  3. Habe grad in der Zeitung gelesen, dass die zwei Landtagsabgeordneten der FDP gegen das Heizungsgesetz gestimmt haben. Den Anreiz zum Umstieg würde der Marktpreis regeln.
    Ein Schelm, wer böses dabei denkt.
    Ebenso bei der Ankündigung des nächsten Treffens von windradfreies Kraichtal.
    Wirkliches Aussitzen, Schönreden und „weiter so“.

  4. Man kann einen Teil des Volks eine Zeit lang belügen.
    Man kann aber nicht das ganze Volk die ganze Zeit lang belügen.
    Viel jahrzehntealte Lügen platzen derzeit…

  5. Wenn nicht alle mitmachen hat das ganze eh keinen Sinn.
    Und mir ist es unbegreiflich, wie Eltern ihre nächste Generation in Stadtpanzern rumkutschieren können und in den Urlaub fliegen.

    Eine beratungsresistente Dame (ca. 40) meinte neulich zu mir „Diese Klimakleber haben ja auch Handys und Klamotten!“
    Okay. Ohne Klamotten wäre das ziemlich kalt auf der Straße zu kleben.
    Meine Antwort „Sie scheinen ja einige Klimakleber persönlich zu kennen um das zu beurteilen“.
    Die Diskussion führte natürlich ins Leere.
    Nun denn: Happy Weltuntergang!

  6. Schon die Überschrift ist seltsam „Don`t kill the Messenger“.
    Ich habe zunächst geglaubt das ist ein Artikel über WhatsApp, Snapchat oder was auch immer.

    „Klimaschutz“ was soll das überhaupt sein ? Wetterstatistik ist Mathematik. Soll die geschützt werden ?

    Das Problem ist gigantisch.
    Die Biokapazität der Erde beträgt 11,8 Mrd gha, ein Mensch braucht 2 spartanische gha -> für 5,9 Mrd Menschen haben wir Platz wir sind aber 8 Mrd. -> 2,1 Mrd zu viel. Wie lösen wir das Problem?

    Kohlenstofffreie Wirtschaft in der Zukunft ist möglich, MASSIVER EINSATZ VON GROSSTECHNOLOGIE und Kohlenstofffreie Energie sind dafür erforderlich – das ist nichts für Deutsche, die wollen das nicht, die haben davor Angst – deswegen kommt auch demnächst der Totalabsturz.

    Auch die Bevölkerung hier,
    sie beteuern zwar sie wollen die Welt retten, aber wehe wenn es ernst wird, dann schiessen die Deppi-BIs GEGEN ALLES nur so aus dem Boden.
    Siehe kürzlich Waghäusel & Geothermie.

    • Erwähnenswert ist auch noch, dass nur prozentual nur wenige Prozent des Wasserstoffs der erzeugt werden soll, aus erneuerbaren Energien hergestellt wird. Die Hauptmenge wird mit Erdgas hergestellt. Dabei entsteht beim Abschneiden CO2, das dann im Meer oder im Boden verklappt wird, sprich verpresst. Ein Fakt, den man meist nicht mitbekommt.

  7. Ich bin der Meinung, dass viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Land sehr wohl erkannt haben, dass der Klimaschutz notwendig ist. Es ist vielmehr die Art und Weise, wie unsere Regierung versucht, mit der Brechstange technologisch und/oder wirtschaftlich fragwürdige Maßnahmen umzusetzen und dies noch im geopolitischen Alleingang. Das Weltklima kennt leider keine Landesgrenzen und wir alleine werden die ganze Welt nicht retten können, dafür fahren wir ganze Wirtschaftszweige an die Wand, geben die günstige Kernenergie zu Gunsten von teuren fossilen Brennstoffen auf und nehmen in Kauf, dass unserer gesamten Gesellschaft ein bis auf Nach-Kriegszeiten nie da gewesener Wohlstandsverlust droht. Dazu kommen ein paar ideologisch verbohrte Chaoten, die mit radikalsten Methoden ganze Städte lahmlegen und billigend sogar Tote in Kauf nehmen. Deutschland steht vor dem Scherbenhaufen seiner Nachkriegspolitik.

    • Danke für diesen Kommentar.
      Sie bringen es auf den Punkt!

      Man darf nicht vergessen, dass man sich Klimaschutz auch leisten können muss. Nur Länder, die einen gewissen Wohlstand aufweisen, haben die Mittel und den Rückhalt in der Bevölkerung etwas für den Klimaschutz zu tun.
      Eine Deindustrialisierung, die trotz anderweitiger Beteuerungen aus unserem Wirtschaftministerium, unweigerlich auf uns zukommen wird, bedeutet einen enormen Wohlstandverlust in unserem Land.
      Und dann verliert nicht nur der Fließbandarbeiter beim Verbrennungsmotorzulieferer seinen Job sondern auch jene, die in Branchen arbeiten, die sich in Gegenden angesiedelt haben, wo aufgrund der unzähligen Jobs in der Industrie der Wohlstand Einzug gehalten hat (das sind dann Floristen, Frisöre und und und).

      Ob das größte Problem dieser Menschen und deren Kinder dann der Klimawandel ist, mag bezweifelt werden!

      • Andersherum wird ein Schuh daraus, wer sich den Klimaschutz nicht leisten möchte, dem werden die Folgen erst recht den Gürtel sprengen. Die Kosten für die Bewältigung der Klimakrise, werden ein Vielfaches dessen sein, was durch Prävention fällig wird. Ach ja, die sich ankündigende Krise der deutschen Automobilbranche ist durchaus hausgemacht. Wenn man an Technologien von gestern festhält, darf man sich nicht wundern, wenn der Rest der Welt auf der Überholspur vorbei zieht.

  8. Danke!

    Solche Artikel würde ich gerne auch einmal bei den großen Verlagshäusern lesen, aber leider ist Journalismus aktuell häufig nur noch Politik für die 10 %, die ständig laut herumschreien, weil sie ihren status quo behalten wollen.

  9. Ich spreche nicht nur von der Autoindustrie – energieintensivere Unternehmen werden sich den Standort Deutschland über kurz oder lang nicht mehr leisten können.

    Ich glaube kaum, dass es Menschen gibt, die gegen den Klimaschutz sind. Aber es gibt Menschen, die zurecht anprangern, dass man nicht Energie in Form von Strom verknappen sollte und gleichzeitig Technologien subventioniert, die in absehbarer Zeit unseren Energiebedarf nochmal drastisch erhöhen.

    Machen wir uns doch nicht vor. Wir verstromen so viel Kohle wie seit Jahren nicht mehr. Ein E-Auto in Deutschland stößt sein CO2 genauso aus, nur eben nicht vor Ort. Dafür qualmen dann wo anders die Schlote dass es kracht.

    Insofern sind wir uns einig, dass die Regierung viel falsch macht.
    Der Protest kann und darf sich aber nicht gegen die Bevölkerung richten. Deutschland trägt zum weltweiten CO2 Ausstoß nur einen Bruchteil bei. Das Klima wird also auch nicht in Deutschland gerettet werden können.

    Mal abgesehen davon, zeigt sich beim Protest in Düsseldorf (Stichwort „Euer Luxus = unser Klimakollaps“), dass es sich hier längst um einen Kampf gegen den Kapitalismus handelt.
    Und dazu will ich nur zu Bedenken geben: Im Sozialismus sind alle gleich – gleich arm!

  10. Wie sagte der Kaberettist Gerd Dudenhöfer: irgendwann haben wir ein neutrales Klima, aber keine Natur mehr. Aber das macht ja NIX, denn vielleicht gibt es noch eine Reserve -Erd. Und eine bescheidene Frage: Weshalb muß denn die EU das Klima der Welt retten?? Nirgendwo auf der Welt – außer in der EU gibt es ein Verbot für Verbrenner. Und noch eine Frage habe ich an diese Zeitgenossen: Wer hat ein Interesse an knapper Energie? Wer hat auf die Energieverknappung zielenden Kampagnen Grenzen des Wachstums, Atomausstieg unter welchen politischen Rahmenbedingungen ausgelöst und entwickelt? Zu welchem Zweck und mit welcher Absicht sind die Kampagnen über die Jahre betrieben worden? Windmühlen sind nach 25 Jahren Laufzeit Sondermüll. Mit der sogenannten Energiewende läßt sich ein Industrieland wie deutschland eben NICHT betreiben. aber es doch nicht schlimm, wenn in Industriebetriebe aus deutschland abwandern, gelle. Ich schlage mal vor: zurück in die Höhlen und als Verkejrsmittel nehmen wir wie früher die Postkutschen. aber halt ich vergaß, Tieren sollen ja nach Möglichkeit auch abgeschafft werden. Die pupsen doch auch. Mein Wohlstand lasse ich mir nicht verbieten von diesen oliv-grünen Weltverbesserern.

  11. Aha, die FDP hat wohl ihr Klientel aktiviert.
    Anders sind die letzten beiden Kommentare wohl nicht zu erklären.
    Inhalt gelinde gesagt flach.
    Aber das ist man von dieser Partei und ihrem Klientel gewohnt.
    Und beide verwechseln mal wieder persönliche Freiheit mit Rücksichtslosigkeit.

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