Die Schau aus dem Bau

| ,

In einer großen und einzigartigen Sonderausstellung im Regierungspräsidium Karlsruhe zeigt das Vollzugliche Arbeitswesen (VAW) gleich mehrerer baden-württembergischer Haftanstalten, was es zu bieten hat.

Eine Gewerbeschau in unserer Region ist zunächst einmal nichts Ungewöhnliches. Lokale Betriebe zeigen, was sie auf dem Kasten haben, welche Produkte sie anbieten und für welche Qualität sie einstehen. Im Regierungspräsidium Karlsruhe am Rondellplatz ist am gestrigen Montagabend genau eine solche Schau an den Start gegangen, die sich jedoch von anderen Gewerbeschauen in einem zentralen Punkt gänzlich absetzt: Alle Produkte, die hier vorgestellt und präsentiert werden, wurden allesamt in den Gefängniswerkstätten des Vollzuglichen Arbeitswesens Baden-Württemberg hergestellt.

Ministerialdirektor Elmar Steinbacher und Regierungspräsidentin Sylvia Felder

Der Landesbetrieb Vollzugliches Arbeitswesen (VAW) Baden-Württemberg betreibt bereits stolze 18 Niederlassungen in verschiedenen Justizvollzugsanstalten des Landes. Die Werkstätten umfassen dabei alle großen Gewerke von der Metallverarbeitung über die Holzverarbeitung, die Papierverarbeitung, aber auch Abteilungen für Elektrotechnik, die Lebensmittelherstellung, landwirtschaftliche Betriebe und sogar ein Weingut, das auf dem gefängniseigenen Weinberg Weine in Bio-Qualität herstellt.

Die Standorte dieser VAW-Niederlassungen sind über ganz Baden-Württemberg verteilt. Wer sich die entsprechenden Produkte der jeweiligen Werkstätten live und in Farbe anschauen möchte, kann bislang – wenn es nicht der virtuelle Showroom im Onlineshop sein soll – nur die Fahrt zu den jeweiligen Verkaufsräumen in Angriff nehmen. Wenn Sie sich aber einmal das nahezu gesamte Repertoire des VAW kompakt und schön aufbereitet an einem zentralen Ort anschauen wollen, dann ist die nun startende Ausstellung „Hinter Gittern hergestellt“ in Karlsruhe auf jeden Fall ein Punkt, der es auf Ihre To-Do-Liste schaffen sollte.

Fünf Wochen läuft die neue Sonderausstellung im Regierungspräsidium am Rondellplatz

Fast alle VAW-Werkstätten zeigen in den kommenden fünf Wochen, was sie zu bieten haben. Büroausstattung, Grills, Smoker, Backöfen, Gartenmöbel, Dekoartikel, Designer-Taschen, Kissen, Polster, Weine… die Liste ist dabei endlos lang. Der Landesbetrieb Vollzugliches Arbeitswesen organisiert die Produktion all dieser Dinge unter dem Dach des Ministeriums der Justiz und für Migration Baden-Württemberg.

Zum Start der großen Ausstellung am Rondellplatz begrüßte Hausherrin, Regierungspräsidentin Sylvia Felder, so auch Ministerialdirektor Elmar Steinbacher, der in seiner Begrüßungsrede die Größenordnung des Justizvollzugs in Baden-Württemberg hervorhob. Demnach gibt es in den Vollzugsanstalten im Land aktuell rund 7000 Gefangene in 40 Einrichtungen, die von rund 4000 Mitarbeitenden beaufsichtigt, betreut, versorgt, unterrichtet und therapiert werden, so Steinbacher.

Dazu gehört auch die Arbeit in den Werkstätten des VAW, geregelt durch einen klar formulierten gesetzlichen Auftrag. Die Rechtsgrundlage dafür findet sich unmittelbar im Grundgesetz, im zwölften Artikel, der eine solche Pflicht explizit vorsieht. „Unser gesetzlicher Auftrag, so steht es im Justizvollzugsgesetzbuch, ist die Gefangenen nach einem oft jahrelangen Freiheitsentzug auf eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft vorzubereiten“, führt der Ministerialdirektor weiter aus und verweist auch auf die schwierige Ausgangslage, die einer solchen Beschäftigung meist zugrunde liegt: Viele Gefangene waren demnach in ihrem Leben vor der Haft nie in einen geordneten Arbeitsprozess eingegliedert, verfügten zudem kaum über die notwendigen sozialen Kompetenzen, die für einen Arbeitsalltag benötigt werden, erläutert Steinbacher.

Die Arbeit, die hinzugewonnenen Fähigkeiten – oft im Rahmen einer regulären handwerklichen Ausbildung – sind daher nicht als Strafe zu verstehen, sondern vielmehr als konkreter und nachweislich erfolgreicher Bestandteil im Konzept der Resozialisierung. „Ziel ist es, dass die Insassen in Freiheit erwerbstätig werden können und in ein geregeltes Leben zurück können“, beschreibt auch Regierungspräsidentin Silvia Felder das Ansinnen dieser gesetzlichen Regelung.

Patrick Hoffmann – Geschäftsführer des VAW an der JVA Bruchsal

In der Praxis ist es ohnehin so, dass der überwältigende Löwenanteil der Gefangenen arbeiten möchte, weiß Patrick Hoffmann, Geschäftsführer des VAW an der JVA Bruchsal. Er kennt die Gefangenen und die Arbeit in den verschiedenen Werkstätten genau, ganz praxisnah und im alltäglichen Kontakt. „Die Meisten sind uns da auch sehr oft dankbar dafür, dass wir ihnen diese Möglichkeiten bieten, weil sie dann nach der Haft auch wieder im Wege der Resozialisierung irgendwo anfangen können zu arbeiten“, weiß Hoffmann, der alleinverantwortlich die gesamte Ausstellung im Regierungspräsidium mit den anderen VAW-Niederlassungen koordiniert und organisiert hat. Natürlich könne man niemanden zwingen zu arbeiten, Arbeitspflicht hin oder her, die meisten würden jedoch bereits wenige Tage nach ihrer Inhaftierung einen entsprechenden Antrag stellen, erläutert der Bruchsaler VAW-Geschäftsführer.

Qualitativ müssen sich die Produkte aus den gefängniseigenen Werkstätten jedenfalls keineswegs hinter denen, die außerhalb der Mauern produziert wurden, verstecken. Die Produkte entsprechen dem zertifizierten Siegel „Made in Germany“, werden unter Anleitung von qualifizierten Werkmeistern hergestellt und erfüllen hohe Anforderungen – sowohl was die Standards des Herstellungsprozesses als auch der verwendeten Materialien angeht.

Darüber hinaus ist es für viele Gefangene – nicht selten erstmals im Leben – ein echtes Erfolgserlebnis zu erfahren, wozu die eigenen Hände fähig sind, was mit ihnen bewegt und erschaffen werden kann. „Wir haben hier schon echte Talente entdecken dürfen, regelrechte Perlen“, erzählt Patrick Hoffmann. Manche der Produkte wurden sogar direkt von Häftlingen erdacht und entworfen, beispielsweise die neue dreieckige Feuerschale, die aktuell in der Metallwerkstatt in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal hergestellt wird.

Nicht nur diese, sondern auch unzählige weitere Eigenkreationen, Alltagsgegenstände, Dekowaren, Möbel und mehr können ab sofort in den Räumlichkeiten des Regierungspräsidiums Karlsruhe am Rondellplatz gegenüber dem Einkaufscenter Ettlinger Tor besichtigt werden. Abgerundet wird die Gewerbeschau der besonderen Art durch regelmäßige Specials, wie beispielsweise dem großen Show-Grillen auf den Grills und Smokern aus der JVA Bruchsal. Mehr dazu finden Sie online auf der Webseite des RP.


„Hinter Gittern hergestellt“

Unter dem Motto „Hinter Gittern hergestellt“ ist im Regierungspräsidium am Rondellplatz auf 500 Quadratmetern Fläche ein Querschnitt zahlreicher Produkte zu sehen, die täglich in baden-württembergischen Haftanstalten entstehen.

Die Ausstellung läuft vom 4. Februar bis zum 9. März 2025 und ist montags bis sonntags jeweils von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.


Hinweis: Das Vollzugliche Arbeitswesen (VAW) schaltet Werbung auf hügelhelden.de. Dieser Beitrag steht damit jedoch nicht in Zusammenhang, wurde weder beauftragt, inhaltlich beeinflusst noch anderweitig kompensiert oder vergütet.

Vorheriger Beitrag

Windkraft in Kraichtal – Bürgermeister Borho bezieht Stellung