“Die Polizei-Familie kümmert sich um Sie, da können Sie sich ganz sicher sein”

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Nach dem massiven Sparkurs der Vorgängerregierung, stellt Baden-Württemberg nun wieder vermehrt Polizistinnen und Polizisten ein. Rund 30 von ihnen erhielten gestern in Bruchsal vom stellvertretenden Ministerpräsidenten ihre Urkunden.

von Stephan Gilliar

Da stehen sie, ganz in Blau gekleidet, die Brust herausgestreckt und ein strahlendes Lächeln auf dem Gesicht. Knapp 20 AbsolventInnen der Klasse BR21F01 posieren an diesem strahlenden Sommertag für das große Abschlussbild zum Ende ihrer Ausbildung. Im Publikum sitzen ihre Freunde, ihre Familie und mitunter auch ihre kleinen Kinder, die fröhlich im warmen Licht der August-Sonne vor der Türe spielen. Es ist schließlich ein großer Tag für die Absolventinnen und Absolventen, ein Tag, auf den sie lange hingearbeitet haben. In den Monaten zuvor haben sie hier im Institutsbereich Ausbildung in Bruchsal alles gelernt, was einen Polizisten in Baden-Württemberg ausmacht: Den sicheren Umgang mit Polizeifahrzeugen, Dienstwaffen und Ausrüstung, die Gesetzeslage und ihre Anwendung, den Umgang mit Bürgerinnen und Bürgern – gerade auch solchen, die nicht nur Gutes im Schilde führen.

Nach etlichen Reden, Grußworten und ein paar Stücken vom Polizeimusikkorps Karlsruhe ist es dann soweit. Unter großem Applaus ihrer Kameradinnen und Kameraden sowie ihre Angehörigen, überreichte Ihnen in einer kleinen Feierstunde in den Dittmannswiesen niemand geringeres als der stellvertretende Ministerpräsident Baden-Württembergs Thomas Strobl, Seite an Seite mit Schulleiter Sebastian Schwarz und Polizeidirektor Jürgen von Massenbach-Bardt ihre Urkunden und ernannte sie zum/zur Polizeiobermeister/in des Landes Baden-Württemberg.

In seiner Rede sprach der stellvertretende Ministerpräsident und amtierende Innenminister von der größten Einstellungsoffensive, die es jemals zuvor in Baden-Württemberg gegeben habe. Über 10.000 junge Polizistinnen und Polizisten seien jüngst eingestellt worden, eine Zahl, die für etwa 40% aller Einsatzkräfte der Polizei Baden-Württembergs stünde. Was der Innenminister in diesem Zusammenhang allerdings nicht erwähnte, ist der Umstand dass in den zurückliegenden 20 Jahren mehrere hundert Polizeiposten im Land geschlossen wurden, und die auch die Zahl der Polizeibeamten im Zuge der Ende der 90er Jahre verabschiedeten Polizeireform drastisch reduziert wurde.

Auch hinsichtlich Strobls Ausführungen zu der in den letzten Jahren zurückgegangenen Kriminalitätsbelastung im Land, die so niedrig sei wie zuletzt in den 70er Jahren, muss ergänzend darauf hingewiesen werden, dass überall dort wo Polizeiposten geschlossen wurden, die Kriminalitätsrate nicht gesunken sondern tatsächlich eher gestiegen ist. Darauf weist erst aktuell der Konstanzer Südkurier hin und beruft sich dabei auf eine aktuelle Studie des ifo-Institutes.

Vergleichbar sind diese Zeiten allerdings mit der heutigen Situation nicht wirklich – die Welt hat sich verändert, das steht außer Zweifel. “Sie werden immer wieder Flexibilität an den Tag legen müssen, auch in Situationen, die man sich im Sommer 2023 nicht einmal vorstellen kann“, bringt es Thomas Strobl an die jungen Beamtinnen und Beamten gewandt auf den Punkt. “Sie werden konfrontiert sein mit Gewalt, mit Aggressionen” spricht der Innenminister auch das schwierige Thema “Gewalt gegenüber der Polizei” an und verspricht, sich dieser Entwicklung weiter entschieden entgegenzustellen und sie zu bekämpfen. Tatsächlich erfasste das BKA im Jahr 2021 fast 40.000 Gewalttaten gegen Polizeibeamte, ein Trend der bedauerlicherweise nach oben zeigt.

“Wir wollen ein attraktiver Arbeitgeber sein” beteuert Thomas Strobl dennoch und führt exemplarisch die Einführung der komplett digitalisierten Bewerbung, die Umstellung des Fuhrparks auf E-Autos und den Bürokratieabbau durch speziell auf die Polizei abgestimmte Apps auf neuen IPhones für die BeamtInnen an. Attraktiv sei der Beruf des Polizisten auch aufgrund seiner Vielseitigkeit. “Sie können in die Luft gehen, sie können aufs Wasser gehen, sie können auf die Straße gehen, sie können ins Ausland gehen” so Strobl in Hinblick auf die unterschiedlichen Einsatzfelder – von der Hubschrauberstaffel bis hin zur Wasserschutzpolizei oder Auslandspolizeimissionen. “Die Polizei in Baden-Württemberg besteht aus Profis in Sachen Sicherheit und sie gehören jetzt dazu“, schloss der Minister schließlich.

Gewandt an die jungen Polizistinnen und Polizisten, die nun nach der gemeinsamen Ausbildung in alle Landesteile ausschwärmen werden, hob Volker Weinstock, Leiter der Bereitschaftspolizeidirektion, im Anschluss die Bedeutung der Kameradschaft hervor. “Sie werden an ihren neuen Dienststellen “best friends” finden und die werden sie auch brauchen”, weiß der altgediente Polizeidirektor genau: “Ich kenne keinen Beruf, in dem Kollegen so wichtig sind, wie in diesem”.

Danach nahmen die jungen AbsolventInnen im Beisein unter anderem von Polizeipräsidentin Caren Denner, dem GdP-Vorsitzendem Thomas Mohr und dem Landtagsabgeordneten Ulli Hockenberger ihre Ernennungsurkunden entgegen. “to protect and to serve” – dieses Credo der amerikanischen Polizei gefalle ihm besser, als das deutsche “Die Polizei, dein Freund und Helfer” gibt Volker Weinstock seinen Schützlingen noch mit auf den Weg. Schließlich bringe dieses doch die Aufgaben der Polizei besser und schlüssiger auf den Punkt. “Würden die Beamtinnen und Beamten im Dienst nach ihrem festen Wertekodex handeln, dann könne doch gar nichts passieren” so Weinstock und gab zum Abschluss noch ein Versprechen: “Die Polizei-Familie kümmert sich um sie, da können Sie sich ganz sicher sein”.

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