Vorzeitig legt Martin Wolff sein Amt als Oberbürgermeister der Stadt Bretten nieder, um mehr Zeit für das zu finden, worauf es am Ende doch wirklich ankommt: das Leben und die Lieben.
Ein persönlicher Gruß zum Abschied von Stephan Gilliar
Nun hat er sie gezogen, die sinnbildliche Reißleine. In ein paar Monaten endet Martin Wolffs Berufsleben, seine Karriere und seine Zeit als amtierender Oberbürgermeister der Stadt Bretten. Letztere sogar noch vor dem ursprünglich angedachten Ablaufdatum, ein ganzes Stück vor dem Ende der derzeitigen Amtsperiode. Im Herbst übergibt er die Amtsgeschäfte an seine Nachfolgerin oder seinen Nachfolger, wer das sein mag, darüber wird in den alten Gassen Brettens bereits reichlich gemunkelt, doch für handfeste Spekulationen ist es noch zu früh.
Für seine Entscheidung schlägt dem Oberbürgermeister eine Mischung aus Verständnis und Respekt, aber auch Kritik und Häme entgegen, also genau das Spektrum öffentlicher Meinungsvielfalt, dass er nur zu gut aus seinen rund fünf Jahrzehnten als Politiker kennt. Doch in den letzten Jahren ist hier seiner Auffassung nach vieles aus dem Ruder geraten, nicht selten wurde aus Kritik Diffamierung, Beleidigungen und leider auch unverhohlene Androhung von Gewalt – sogar mit einer Morddrohung sah sich Martin Wolff schon konfrontiert.
Doch es sind nicht der zunehmend raue Wind und der hohe Wellengang der den erfahrenen Segler Wolff, der lange Jahre mit einer eigenen Jolle die Atlantikküste befuhr, letztendlich zu diesem Schritt bewegten, sondern der Erkenntnisgewinn darüber, was alles im Leben durch den Beruf und die Karriere zurückstecken musste. Martin Wolff ist 67 Jahre alt, ein Alter, in dem man sich zwar noch nicht auf den letzten Metern seines Lebens befindet, sich aber durchaus die Frage stellen kann, was man von der verbleibenden Zeit noch erwartet, was man damit noch anstellen möchte.
Sind wir ehrlich, es ist eine Frage, die wir uns alle früher oder später stellen, kann doch unsere Leistungsgesellschaft darauf nicht wirklich eine sinnhafte Antwort liefern. Zunehmend verbringen wir unsere starken Jahre, also die Zeit, in der wir körperlich und geistig voll leistungsfähig sind, im niemals endenden Hamsterrad zwischen Karriere, Konsum und dem allgegenwärtigen Imperativ: Du musst! Wenn uns diese niemals stillstehende Mühle irgendwann freigibt, können wir nur darauf hoffen, noch genügend Energie, genügend Kraft für das letzte Drittel unseres Lebens aufbringen zu können. Eine gute Freundin hat mir mal gesagt: Die ersten 30 Jahre deines Lebens gehören dir, die zweiten 30 den anderen und das, was davon noch übrig ist, wieder dir.
Martin Wolff will die Zeit, die nun vor ihm liegt, also letztendlich die Zeit, die ihm noch bleibt, mit dem verbringen, was ihm wichtig ist: Seiner Familie, seiner Frau Elke, seinen Söhnen und seinen Enkelkindern. Er will seinen Hobbys nachgehen, will am Meer spazieren gehen, fotografieren, werkeln, gärtnern, mit seiner Frau und dem Wohnmobil Europa durchqueren, in seiner Holzwerkstatt basteln, richtig Zeit fürs Kochen haben und miterleben, wie seine Enkel heranwachsen.
Wer könnte ihm das verdenken? Was letztendlich zu diesem Schritt geführt hat, zu diesem vorzeitigen Ende seiner Amtszeit noch vor deren offiziellen Ablauf, ist dabei gar nicht entscheidend. Vielleicht war es der Umstand, dass seine Enkel an Weihnachten nach mehr Zeit mit dem Opa fragten, sich in dessen restlos vollem Terminkalender aber nicht ein freies Wochenende fand, oder aber auch die größere OP, die Martin Wolff kürzlich am Kniegelenk hinter sich gebracht hat. Wer weiß das schon genau? Sicher ist aber, dass er beschlossen hat, die restlichen Jahre seines Lebens so zu gestalten, so zu erleben und so auszufüllen, wie er es für richtig hält und das ist eines jeden Menschen Recht, eines jeden Menschen Pflicht. Den letzten Endes gilt es für sich selbst einzustehen, vor sich selbst gerade zu stehen und den eigenen Fußabdruck auf dieser Erde nicht allzu sehr zu überschätzen.
In unserem ausführlichen Interview haben wir mit Martin Wolff über seine Entscheidung, seine Gründe und ein Resümee seiner Zeit als Politiker gesprochen. Sie können das ganze Gespräch im folgenden nachhören:
Leider hat er nie die Empathie vom Herrn Metzger erreichen können.
Lieber Herr Wolf,
auch wenn wir politisch nicht ins selbe Horn stoßen, wünsche ich Ihnen einen verdienten ruhigen Ruhestand.
Menschlich und als Chef waren Sie sehr korrekt zu mir!
Freundliche Grüße