Sieben Generationen lang hat die Familie Holzer das Gasthaus Ritter in Weiher geführt, eine Ära die nun an diesem Sonntag für immer endete
Er ist ganz ruhig, der ehrwürdige Ritter mitten im alten Ortskern von Weiher. Die Tische sind eingedeckt, weiße Tischtücher darauf und ein paar Blümchen – die Stühle drumherum akkurat zurecht gerückt. Nur das Telefon durchbricht immer wieder mit seinem Klingeln die Ruhe. “Das geht den ganzen Tag so“, sagt Wolfgang, “wenn’s danach ging, könnten wir gerade weiter schaffen.“ Doch Reservierungen können Wolfgang und seine Frau Karin keine mehr annehmen, an diesem Wochenende wird der alte Ritter zum letzten Mal seine Tore öffnen. Danach endet seine lange Geschichte, die vor unglaublichen 231 Jahren anno 1793 begann. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Gasthaus das erste Mal nachweislich urkundlich erwähnt, ist seither eine Institution in Weiher und im Grunde gar nicht mehr wegzudenken.
Die ersten Ritterwirte hießen noch Gärtner, doch irgendwann – der genaue Zeitpunkt ist nicht überliefert – übernahm dann die Familie Holzer den Gasthof. So war es und so ist es seit tatsächlich nunmehr sieben Generationen. Nach seinen Eltern Walter und Agnes übernahm 1992 Wolfgang und seine Frau Karin das Gasthaus. Agnes mit weit über 80 Jahren hilft übrigens immer noch jeden Tag mit wo sie nur kann. Jeder, der einmal in der Gastronomie gearbeitet hat, weiß wie fordernd dieser Beruf sein kann. Der Tag beginnt früh und endet spät, dazwischen Arbeit ohne Ende…Putzen, Einkaufen, Vorbereiten, Kochen, Bedienen, Abräumen, Abwaschen und und und.
Als es an Wolfgang war, die Nachfolge des Ritters zu übernehmen, gab es darüber noch keine nennenswerte Diskussion. “Ich bin gar nicht gefragt worden“, erzählt Wolfgang und auch: “Es war irgendwie schon immer klar, dass ich das mache”. “Ja, das war ein ungeschriebenes Gesetz damals“, bekräftigt auch seine Karin, die er in jungen Jahren in der Kronauer Disco “Happy Night” kennengelernt und 1982 geheiratet hat. Zudem dürfte der Druck, der durch die Bürde der vielen Generationen davor und der verpflichtenden Tradition entsteht, nicht von schlechten Eltern gewesen sein. Ihren eigenen Kindern wollten Karin und Wolfgang aber die freie Wahl lassen, ihre Wünsche in den Vordergrund stellen. Und so kam es eben, dass ihr Sohn sich für ein Informatikstudium und ihre Tochter für die Hotelbranche entschieden. Entscheidungen, die es zu respektieren galt, das stand für die beiden Eltern immer außer Frage. Dennoch Entscheidungen, die eine lange Kette der Holzerschen Familientradition nun am Ende durchbrechen und das Ende des Ritters einläuteten. Alles hat eben irgendwann mal ein Ende, das war schon immer so und genau so muss es auch sein, auch wenn es schwer fällt.
Den Endspurt im Ritter sehen Wolfgang und Karin mit der berühmten Zweifaltigkeit aus einem lächelnden und einem weinenden Auge. Einerseits freuen sich beide darauf das erste Mal in ihrem Leben wirklich Zeit für sich zu haben, aber natürlich wird Ihnen auch der tagtägliche Trubel, den sie seit 1993 – seit sie das Restaurant übernommen haben – gar nicht mehr anders kennen, am Ende fehlen. Bitter wird der Abschied auch für ihre Gäste, viele von Ihnen kommen seit Jahren, wenn nicht schon seit Jahrzehnten in den Ritter. Er ist das Zuhause unzähliger Vereine, ein Treffpunkt für Weiher, ein Ort wo das Dorf zusammen finden kann. Karin, die fast jeden Abend die Menschen hier bewirtet hat, kennt sie alle, kennt ihre Geschichten und was sie bewegt. “Ich weiß wie jede Katz und jeder Hund heißt” lacht sie und ein bisschen Wehmut schwingt schon ihrer Stimme mit.
Alle Lichter werden im alten Ritter übrigens vorerst nicht verlöschen, die 13 Hotelzimmer über dem Gastraum werden Wolfgang und Karin vorerst noch weiter bewirtschaften. Unten im Restaurant wird es für die Hotelgäste noch Frühstück geben, doch das Gasthaus selbst schließt an diesem Sonntag zum letzten Mal. Was die beiden nun mit ihrer Zeit anfangen werden? Nun, da gibt es genügend Ideen sagt Wolfgang. Ich freue mich auf die Gartenarbeit, die Fensterläden müssen mal frisch gestrichen werden, Arbeit gibt’s genug.
Ja, so ist das auf dem Dorf, im Sessel sitzen ist für die Menschen auch im Alter nichts, das Schaffen steckt in den Knochen, da beißt die Maus keinen Faden ab. Ihrem guten alten Weiher werden die beiden aber in jedem Fall treu bleiben, es ist ihr Zuhause, ihr Mittelpunkt und ihre Heimat. “Wenn ich mal zehn Tage den Weiherer Kirchturm nicht gesehen habe, werde ich krank” lacht Wolfgang und obwohl er dabei zwinkert, weiß man doch sofort, das ist sein Ernst.
So geht eine mehrere hundert Jahre lange Dorfgeschichte ihrem Ende entgegen, die Stunde des alten Ritters hat an diesem Wochenende geschlagen. Man möge aus diesem Grund vor Wolfgang, Karin und den vielen Generationen vor ihnen dankbar sein und ihnen sagen: Schön, dass ihr für uns da wart, ihr alten Rittersleut! Ihr werdet uns fehlen!
Pizza und Döner, ist das neue Schniposa !! Das kulturelle und gesellschaftliche Leben stirbt immer auch mit ….
Danke für euere Arbeit.
Wir haben Hochzeiten (die eigene 1977) und Geburtstage bei Euch gefeiert und so manchen Leichenschmaus erlebt.
Mein Urahn Franz Michael Gärtner, geb. 1754, steht als Wirt auf der Urkunde, die im „Ritter“ hängt.
Die Oma hat Wurst gmeacht, der Vater Hausschlachtungen.
Der Ritter war in Weiher eine Institutuion. Ich hab es erlebt. Es war das Stammlokal des FC Weiher. Von da sinnd die Spieler zum Fussballplatz gelaufen.
Der Ritterstammtisch, der erste Fernseher mit Fussballübertrgunn, alles bis zu letzten Platz besetzt, , Kappenabende, Familinfeste, Hier geht etwas zu Ende, was zu Weiher gehört hat.
…und ich wünsche den beiden von ganzem Herzen eine schöne Zeit danach. Geniest das Leben, geschafft habt ihr Beiden schon genug. Bleibt gesund!!!
Wiedereinmal ein schöner Text ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️
Ruhe in Frieden , Spätzle mit Soß !