Den Kraichgau zu Füßen

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Jahrhundertelang trotzte die Ravensburg bei Sulzfeld allen Widrigkeiten, heute lässt sich hier gut speisen und eine herrliche Aussicht genießen

Eine uralte Chronik der Familie Göler, ein Name vom nahezu ersten Tag bis zum Heutigen untrennbar verbunden mit der alten Feste, datiert den Baubeginn der Ravensburg bereits auf das Jahr 930. So gesehen wäre die Burg bereits über 1000 Jahre alt, doch das gilt unter Historikern als unwahrscheinlich und als längst widerlegte Sage. Eine Sage mit einem möglicherweise wahren Kern, da in besagter Gegend ein ehemaliges römisches Kastell vermutet wird, auf das sich die Geschichte ebenfalls beziehen könnte. Konsens ist jedoch vielmehr, dass die Burg im Auftrag Kaiser Friedrich II. zwischen 1220 und 1222 von Ravan von Wimpfen und seinen Söhnen erbaut wurde. Die im Laufe der Jahrhunderte immer weiter ausgebaute Burg diente der Familie von Sulzfeld – später der Familie Göler als Stammsitz. Ihre Nachfahren sind noch bis zum heutigen Tage Eigentümer der nur noch im Kern vorhandenen Burganlage. Denn das alte Gemäuer hat in den Wirren der Zeit vieles über sich ergehen lassen müssen. Während die Bauernrevolte noch spurlos an der Burg vorüberging, wurde sie in den 40er Jahren des 16. Jahrhunderts von kaiserlichen Truppen zuerst belagert, danach geplündert und den Flammen überlassen.

Nach ihrem Wiederaufbau widerstand die Ravensburg mehreren Versuchen der Einnahme, erst den Franzosen gelang im Zuge des Erbfolgekrieges im 17. Jahrhunderts die Übernahme des Dorfes Sulzfeld und der Burg. In der folgenden Zeit wurde die stolze Feste stark beschädigt, ein Wiederaufbau lag in weiter Ferne. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die baufälligen Gebäudeteile durch Benjamin Göler abgebrochen, 1846 schließlich die ganze Burg aufgegeben. Die kommenden Jahre waren die traurigsten in der Geschichte der Ravensburg… in denen sie nur als Steinbruch diente, dabei fast gänzlich ausgeschlachtet wurde.

Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die Reste der Ravensburg gesichert und so gut es ging saniert. In den 50er Jahren wurde in den alten Mauern ein Restaurant eingerichtet, das auf die eine oder andere Weise bis zum heutigen Tag besteht. Bis zum heutigen Tag befindet sich die gesamte Ravensburg im Besitz der Familie Göler, ist also entgegen einer weit verbreiteten Annahme kein öffentlicher Grund, sondern reines Privatgelände. Dennoch ist es Besucherinnen und Besuchern gestattet, die äußere Anlage zu besichtigen, während der Öffnungszeiten des Restaurants auch der Innenhof.

Hier empfiehlt sich dann gleich auch eine Einkehr im Burgrestaurant Ravensburg, das mit einiger Sicherheit über den schönsten Biergarten im Kraichgau verfügt. Während es auf der unteren Burgterrasse rund um den hölzernen Pavillon kleinere Speisen wie einen Wurstsalat oder eine Currywurst und zudem natürlich Getränke jeder Art gibt, kann auf der oberen Burgterrasse à la carte gespeist werden. In einzigartigem Umfeld gibt es hier Klassiker der regionalen Küche in einem ständig wechselnden Angebot. Preislich aber auch qualitativ befindet man sich hier im gehobenen Segment. Mit Hauptspeisen im Bereich zwischen 20 und 30 Euro, aber noch durchaus im leistbaren Rahmen. Besonders beliebt ist das Burgrestaurant für Feiern und Feste aller Arten. Hochzeiten, Geburtstage, Jubiläen oder Firmenfeiern. Bis zu 200 Gästen bewältigt das Team von Susanne Sauter, ihrem Mann Christopher und seiner Mutter Karola spielend.

Das ganze Jahr über, abgesehen von einer kleinen Winterpause von Anfang Januar bis Mitte Februar, sind sie für ihre Gäste da und kümmern sich in der restlichen Zeit um die Burg und die gesamte Anlage drumherum. Kein leichtes Unterfangen, gilt es doch schließlich 10.000 Quadratmeter uralter Bausubstanz zu pflegen und nicht weniger als 5.000 Quadratmeter Rasenfläche, Gärten und Beete zu mähen, zu gießen und in Schuss zu halten. Seit 2019 ist der Familienbetrieb auf der Ravensburg heimisch und fühlt sich hier rundherum wohl. Die ersten beiden Jahre waren im Kielwasser der Pandemie eine schwierige Zeit für die erfahrenen Gastronomen, schließlich waren durch die verordneten Schließungen und die strengen Auflagen die Einschränkungen erheblich. Zwischenzeitlich lässt sich auf der Ravensburg jedoch wieder uneingeschränkt feiern Speisen und trinken, gerade in den Sommermonaten und an lauen Sommerabenden gibt es wahrscheinlich keinen schöneren Ort als hoch über Sulzfeld unter weiten Schirmen zu sitzen, den Blick über die Heimat schweifen zu lassen, den Kraichgau zu Füßen.

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4 Gedanken zu „Den Kraichgau zu Füßen“

  1. Ja, der Ausblick von hier oben ist einfach traumhaft. Ganz gleich vom Biergarten aus oder vom Restaurant.

  2. Die Küche des Burgrestaurants ist es mehr als wert, diese zu erkunden. Qualität vor Quantität, seit vielen Jahren mit etwas Auf und Ab, heute wieder ganz oben. Und wenn man von hier oben auf 1.093 Jahre Geschichte, untermalt mit großformatigen Stammbaum bis 1867 und restaurierten Familienporträts, dann kann man wirklich genießen…

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