Das Herz der Bahnstadt beginnt zu schlagen

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Jahre nachdem die ersten Bewohner in Bruchsals städtebaulichem Aushängeschild, dem neuen Stadtviertel “Bahnstadt” eingezogen sind, wird nun endlich der brandneue Quartiersplatz fertiggestellt.

Über die Bruchsaler Bahnstadt gehen die Meinungen auseinander, nicht erst seit gestern, sondern schon seit Bekanntwerden der ersten, zarten Pläne vor rund einem Jahrzehnt. Zwischenzeitlich sind diese Pläne bereits in Stein und Beton in den Bruchsaler Himmel gewachsen, schon lange sind die ersten Bewohner in ihre neuen Wohnungen gezogen. “Hässliche, charakterlose Betonklötze” sagen die einen, “Modernes, effizientes Wohnen” die anderen. Doch die Wahrheit liegt wie bei jedem ästhetischen Empfinden eben im Blickwinkel des Betrachters. Unzweifelhaft müssen potenzielle Bewohner der Bahnstadt ein gewisses Maß an Liquidität mitbringen. Eigentumswohnungen im hohen sechsstelligen Bereich sind hier durchaus üblich, im Penthouse mit Sauna und allem Schnick und Schnack kann es sogar noch mehr werden. “Günstiges Wohnen gibt es nur im Bestand” hielt damals Stadtbaudirektor Prof. Hartmut Ayrle den Kritikern des Projektes in dieser Hinsicht entgegen, dennoch hat die Bahnstadt ihren Ruf als Bruchsals Prestige-Viertel nie so ganz ablegen können.

Wenig exklusiv und mit reichlich zeitlicher Verzögerung wurde auch die Pforte zur Bahnstadt, der neue Zugang unter dem Areal des Bahnhofs hindurch, fertiggestellt. Statt dem einmal angedachten optisch ansprechenden Eingangsbereich auf Innenstadt-Seite, müssen die Bewohnerinnen und Bewohner bislang nun einfach in die Verlängerung der Bahnhofsunterführung hinab- und zumindest auf der anderen Seite in schönerem Ambiente daraus emporsteigen.

Egal wie man zum Design der Bahnstadt stehen möchte, was augenfällig zwischen den Häuserschluchten noch fehlt, ist eine ordentliche Portion Grün, etwas Raum um sich gegenseitig zu begegnen, eine Art Herz und Gesicht des neuen Viertels. Ein solcher Ort war natürlich von Beginn an Teil der Planungen, konnte aber nachvollziehbar erst dann in Angriff genommen werden, wenn das schwere Gerät für die Errichtung der Gebäude Vollzug gemeldet hatte. Dieser Punkt ist zwischenzeitlich bereits erreicht, so dass die Arbeiten am großen Quartiersplatz der Bahnstadt längst begonnen haben. Herzstück dieser neuen Anlage soll der oder die Saalbach sein – der Kampf um den korrekten Artikel des Bruchsaler Gewässers wurde afaik immer noch nicht nachhaltig geklärt.

Bislang floss der Bach in einem tiefen Beton-Korsett, war weder ein Teil seiner Umgebung, noch den Menschen darin zugänglich. Das hat sich in den letzten Wochen grundlegend geändert. Der neue Quartiersplatz bezieht den Wasserlauf essentiell mit ein. Große stufenförmige, an Freitreppen erinnernde Uferbereiche, erlauben fortan den Zugang direkt bis zum Wasser und stehen im Zusammenspiel mit der großen Plattform auch als Raum für das Auditorium zukünftiger Veranstaltungen zur Verfügung. Der Platz daneben, nur gesäumt von einzelnen Sitzgruppen um Bauminseln herum, verschafft dem Gelände Größe, Weitläufigkeit und das Potenzial, viele Menschen zu versammeln. Vom Exil-Theater bis zur Fassade des Parkhauses und weiter entlang des Saalbachs, können künftig kleine und größere Feste auf die Beine gestellt werden, ohne dass man sich dabei auf die Füße treten muss.

An die Kinder wurde bei der Gestaltung des Quartierplatzes natürlich auch gedacht, dafür gibt es weiter westlich am Saalbach entlang einen großen Kinderspielplatz, der aus zwei Bereichen besteht. Einem mit reichlich Spielgerät, Klettergerüsten, Rutschen, Schaukeln und Co, ein weiterer, der das Element Wasser spielerisch einbinden soll – besonders im Sommer ist die groß angelegte Produktion von Matschkuchen dabei durchaus erwünscht.

Noch laufen in der Bahnstadt einige Restarbeiten in deren neuer Mitte, doch der Abschluss der letzten Bauphase ist nur noch eine Frage weniger Wochen. Irgendwann Ende Juni Anfang Juli soll der neue Platz eingeweiht werden, der genaue Tag stünde noch nicht fest, so die Stadt Bruchsal auf unsere Nachfrage hin. Man wolle den Termin baldmöglichst kommunizieren. Schon jetzt lässt sich aber bei einem Blick durch die Maschen des Bauzauns feststellen, dass die Mischung aus Grün, Blau und Grau durchaus etwas hermacht und der Bahnstadt endlich das gibt, was ihr so dringend fehlt: Ein schlagendes Herz, in welchem die Bewohnerinnen und Bewohner endlich zu einer echten Nachbarschaft heranwachsen können.

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9 Gedanken zu „Das Herz der Bahnstadt beginnt zu schlagen“

  1. Die ganze Zeit wurde hier ein Beach geworben. Von dem Beach sehe ich auf den Fotos und Vorort relativ wenig. Kein feinsandiger Strand sondern normale Blumenerde überall. Die Fläche ist schön gestaltet aber hat mit einem Beach relativ wenig zu tun.

  2. Ästhetik hin oder her. Die Stadt als Hitzeinsel bzw. menschengemachtes Stadtklima sind schon seit Jahrzehnten ein Thema und spät. seit dem Hitzesommer 2003 sollte alle Stadtplaner verstanden haben, dass geschlossene Bebauung und tiefe Straßenschluchten den Luftaustausch mit dem Umland und höher liegenden Luftschichten verringern und somit die Frischluftzufuhr behindern. Auch die bodentiefen Fenster, fehlende Dachüberstände und somit Fassadenbeschattung bestätigt dass hier alle Beteiligten an der Schaffung eines nachhaltigen Stadtquartiers gescheitert sind. Das muss von den Medien auch so kritisch kommentiert werden. Dieser „Bach“ ändert gar nichts.

  3. Das hat jetzt schon so einen Hauch von Emmertsgrund (Heidelberger Vorort auf dem Berg).

    Diese „Bahnstädte“ sind komplett auf die Bedürfnisse von Investoren zugeschnitten und für die Anwohner laut, vermutlich im Sommer sehr unangenehm und vor allen Dingen teuer. Für den einen oder anderen möglicherweise ruinös, da Personen die dort in den letzten 5 Jahren gekauft haben kaum vom zusammenbrechenden Immobilienmarkt profitieren werden.

    Die Bahnstadt scheint von den qm-Preisen einer Art „Nobelgegend“ zu sein. Wenn die Leute wüssten was sie in anderen Bereichen Bruchsal´s für das selbe Geld bekommen könnten, würde der Ort schnell verlassen sein.

    • In der Tat sind viele der Ansicht, der qm Preis würde als Indikator für eine „Nobelgegend“ dienen :)
      Immer wieder amüsant.

  4. Ich weiß nicht in wie weit ist das klein Viertel gut oder schlecht, aber wie die Straßen dort deswegen „serpentiert“( wie Schlangen) ist nicht ok. Mann fährt nie Direkt zum Ziel in Bruchsal …Nirgendwo!
    Als länger Fahren schadet die Umwelt (inklusive Geräusch-Pollution) nicht ! Mein Gott…wie schrecklich sind Bruchsal Straßen! Nicht Ästhetik gemeint, sondern als Fahrplan!
    Die Stadt braucht zum Beispiel, unbedingt einen Tunnel von vor dem Bahnhof bis zum Siemens Kreisverkehrs. Etwa wie gegenüber Karlsruhe Schloß und Landes Bank. Das Bahnhof Vorplatz sollte mit dem gegenüber Garten nur für Fußgängern und Fahrrädern werden. Dazu einen ordentlichen Unterirdischen Parkplatz. Wenn man über Umwelt spricht, soll man die Nutzung des Zugs fordern, in dem man Park&Ride Angebote anbieten, kostenlose oder günstige Parkplätze… Irgendwie merkt man, dass das Druck auf die Personen von den Behörden der Städten für eine besser Umwelt zu hoch ist, die Städte selber aber haben in ihren Projekte kein Zeitdruck um etwas dafür zu unternehmen! Als ob die normale einzelne Menschen verursachen mehr Umweltschaden als die Institutionen und Firmen !
    Die Straße vom Schloß zur Stadt soll anderes umgeleitet werden. Zu viele Kurven und Ampeln und ZigZag…😏
    Nun, hoffe ich, dass das Wasser-Beton-kanal, wegen Mücken, kein Grund zu verlassen des Wohnviertel bald. Da die Flora&Fauna in einem Betonkanal, beheimaten sie sich nicht so optimal wie in einem echten natürlichen Bach, zwischen Felsen und Erdboden.
    Am Ende, gibt’s keine bessere Name für das neues Quartiers? „Bahnstadt“ klingt irgendwie wie „Wahnsinn“…unattraktive unschön. Wie wär’s wenn die Bewohner sich einigen für eine neue Name?
    Und… Long leben liebe Beuchsal 🥰

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