Das Geheimnis der acht Wege

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Viele Radwege führen durch unsere Region – In Kronaus brandneuer Ortsmitte treffen acht von ihnen in einem neuen Radwegekreuz aufeinander.

Die Dauerbaustelle im Herzen Kronaus hat die Nerven der Menschen in der Gemeinde in den vergangenen Monaten durchaus strapaziert. Die Arbeiten an der abgesperrten Hauptstraße verzögerten sich zuletzt – der Abschluss der Maßnahme lässt noch etwas länger auf sich warten. Kronaus Bürgermeister Frank Burkard hätte den Abschnitt auch gerne bereits wie ursprünglich angedacht in diesem Sommer freigegeben, doch es ist nun mal, wie es ist. Baumaßnahmen in Zeiten von Material- und Personalmangel verzögern sich schließlich nicht nur in Kronau.

Doch es geht bei den Arbeiten zwischen Dorfplatz, Kirchplatz und Rathaus schließlich nicht nur um eine einfache Oberflächensanierung des Straßenbelages, sondern um weit mehr als nur das. Neben der Erneuerung des Belages, der Verlegung von Leerrohren für Glasfaseranschlüsse und der barrierefreien Ertüchtigung der Bushaltestelle, erfindet sich Kronau in seinem Herzen derzeit richtiggehend neu. Wie so viele Gemeinden in der Karlsruhe Rheinebene möchte sich Kronau nicht mit seinem Status als Quasi-Straßendorf ohne echten Mittelpunkt abgeben und treibt die eigene Transformation seit Jahren konsequent voran. Schon vor einiger Zeit wurde der rundum erneuerte Dorfplatz seiner Bestimmung übergeben. Entstanden ist hier ein gemütlicher und harmonischer Ort, der mit seinem Mix aus Bäumen, Holz, Erde und Sandstein zu gefallen weiß. Regelmäßig wird hier gefeiert, werden Märkte abgehalten und bei schönem Wetter auch die eine oder andere spontane Hocketse.

Doch die Kronauer Ortsmitte hat noch mehr Potenzial, weiß Bürgermeister Burkard und freut sich darauf im Herbst den nächsten Meilenstein der Ortsentwicklung seiner Bestimmung übergeben zu können. Gegenüber vom Rathaus entsteht derzeit ein weiterer und ganz neuer Platz, der aufgrund der Nähe zur Gemeindeverwaltung Rathausplatz heißen soll. Hier stand früher eine Gastwirtschaft, doch laut Frank Burkard war das alte “Lamm” derart in die Jahre gekommen und so sanierungsbedürftig, dass ein Abriss des Gebäudes alternativlos wurde. Der hier entstandene Platz erweitert zusammen mit dem Kirchplatz, dem Dorfplatz und dem Ballreichplatz, die neue Kronauer Ortsmitte um einen entscheidenden Faktor. Genau hier treffen nicht weniger als acht Radwege aufeinander, deren Schnittpunkt zum großen Kronauer Fahrradkreuz ausgebaut werden soll. Für insgesamt 2,3 Millionen Euro soll hier ein Ort der Begegnung geschaffen werden, an dem nicht nur Radtouristen sondern auch die Menschen aus Kronau zusammenkommen können. Ein bedeutsamer Teil dieser Kosten wird durch das vom Bundeswirtschaftsministerium aufgelegte Förderprogramm – der “Nationalen Klimaschutzinitiative” getragen. Insgesamt 1,1 Millionen Euro kommen allein aus verschiedenen Fördertöpfen, erläutert Frank Burkard im Gespräch die Kostenaufteilung.

Noch ist der neue Rathausplatz eine einzige Baustelle, doch bald soll hier unter anderem eine ikonische Radfahrer-Skulptur entstehen, auf der sogar für kreative Fotos zur Erinnerung an den Stop in Kronau posiert werden kann. Gesäumt wird der Platz mit überdachten Sitzgelegenheiten und Info-Galerien, die über die insgesamt acht Radwege informieren, die hier in Kronau zusammentreffen. Dazu kommen ein Brunnen, ein Spender für Trinkwasser, eine E-Ladestation für E-Bikes, eine Servicestation mit Luftpumpe, Vespertische, Toilettenanlagen inklusive einem speziellen WC für Schwerstbehinderte sowie ein interaktiver Touchscreen, der über touristische Hotspots in der ganzen Region informieren kann. Über diesen primär touristischen Nutzen hinaus wird der Platz noch reichlich Stellfläche für beispielsweise regelmäßig hier Station machende Food Trucks bieten, die den Rathausplatz natürlich auch zu einem Treffpunkt für die Menschen im Dorf erheben soll. Natürlich wäre auch eine Gastronomie toll, das ist unser mittelfristiger Plan, hofft Frank Burkard, doch auch das Modell mit wechselnden Angeboten hat seinen Charme. In Zaisenhausen beispielsweise fährt man damit seit der Neugestaltung des eigenen Dorfplatzes äußerst erfolgreich.

Am 14. Oktober soll alles fertig sein, dann wird Kronaus neue Dorfmitte mit einem rauschenden Fest ihrer Bestimmung übergeben. Geplant sind neben einer Podiumsdiskussion, einer Sternfahrt aus den Umlandgemeinden und einem Empfang mit Ehrengästen auch ein kulinarisches Angebot durch die Vereine, ein Open Air Konzert am Abend sowie ein ehrgeiziger Weltrekordversuch. “Wir wollen hier die längste Fahrradkette der Welt bilden“, gibt sich der Bürgermeister optimistisch. Um das zu schaffen müssten allerdings ziemlich genau 1449 Radfahrerinnen und Radfahrer hintereinander im Corso fahren, ob Kronau auch das auf die Beine stellen wird, muss es am 14. Oktober unter Beweis stellen.

Frank Burkhardt ist in jedem Fall optimistisch, freut sich sichtlich auf den Tag, wenn sein Kronau sich endlich anschauen kann, auf was es seit Beginn der Planungen 2017 wartet. Stimmen im Gemeinderat und aus der Ortsbevölkerung, die den neuen Rathausplatz gerne als Parkplatz für Autos angelegt gesehen hätten, erteilt der Bürgermeister eine klare Absage. “Wir haben für das Projekt Mittel zur Gesaltung aus dem Landessanierungsprogramm erhalten, ein Parkplatz ist aber keine Gestaltung”. Damit dürfte der Bürgermeister im Zeitgeist liegen, denn schon heute müssen sich unzählige Städte und Gemeinden mit der früher einseitig auf den Autoverkehr fokussierten Stadtplanung arrangieren, die heute in Zeiten des Klimawandels und der Mobilitätswende in vielerlei Hinsicht von großem Nachteil sind. Ein Parkplatz wäre in diesem Kontext einfach nur eines, nämlich rückwärtsgerichtetes Denken.

Die Neuausrichtung der Kronauer Ortsmitte erfolgt übrigens auch unter energetischen Aspekten. Mit dem sogenannten “Geonetz” als zweitem großen Bauvorhaben, soll hier ein Heizkraftwerk entstehen, das anders als vergleichbare Anlagen aber kein heißes, sondern nur etwa 30 Grad warmes Wasser an die Verbrauchsstellen transportiert. Diese 30 Grad sind ausreichend, um sie vor Ort mittels Wärmepumpe effektiv für die Erwärmung aber auch die Kühlung zu nutzen. Profitieren davon sollen in erster Linie kommunale Liegenschaften wie das Rathaus, das Schulzentrum, mehrere Hallen, aber auch Sozialwohnungen und private Häuser. In weiteren Baustufen könne die Kapazität der Anlage in Zukunft noch deutlich erweitert werden, versichert Frank Burkard. Mit 4 Millionen Euro soll dieses Projekt wiederum zu Buche schlagen, das eine jährliche Einsparung von 600 Tonnen CO2 ermöglichen soll. Von diesen 4 Millionen werden 75% durch Fördergelder finanziert, den Rest übernimmt die Gemeinde Kronau. Insgesamt soll der Haushalt der Kommune mit beiden Bauprojekten mit ca. 2,5 Millionen Euro belastet werden. “Geschenkt” sagt der Bürgermeister, der sich durch die Projekte eine Aufwertung der Ortsmitte, aber auch eine deutliche Steigerung der Attraktivität für Tourismus, Wirtschaft und Neubürger erhofft – sich dessen sogar sicher ist. “Ich wünsche mir, dass Kronau eine eigene Identität entwickelt“, gibt sich Frank Burkhardt überzeugt. Ob das gelingen wird, wird wie immer die Zeit zeigen. Den 14. Oktober sollten sich nicht nur die Kronauer in jedem Fall dick in den Kalender eintragen. Und wenn Sie schon dabei sind , pumpen sie auch noch gleich die Reifen an ihrem Fahrrad auf und geben Sie idealerweise bis zu 1448 anderen Radlern Bescheid.

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2 Gedanken zu „Das Geheimnis der acht Wege“

  1. OK, ein Ort der Begegnung und Sternpunkt von Radwegen soll da entstehen.

    Leider führt dort die Straße durch und nicht drumherum, weshalb man dort vor allem Autos begegnen wird, die an einem solchen Platz aber nur stören.

    Insofern schade, man hat wieder nicht von anderen Ländern gelernt.

  2. Lernen von anderen Ländern?
    Ich glaub, des kann mer hier gat net!
    Oder wills net.
    Mer wills Rad immer neu erfinde.
    Trauig und schad!!!

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