Das geheime Zimmer

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Im Krieg ging das historische Watteau-Kabinett im Bruchsaler Schloss verloren. Nun feiert es zumindest digital seine Wiederauferstehung.

Auch große Schlossherren brauchten eigene Refugien – Rückzugsorte, an denen sie dem Trubel des höfischen Lebens für ein paar Momente entfliehen konnten. Auch im Barockschloss Bruchsal gab es einen solchen Raum, der über geheime Treppen und Gänge zu erreichen war und keiner wirklichen Funktion diente, außer jener, sich den Blicken anderer eine Weile lang zu entziehen. Dieser Raum war ein Juwel, gestaltet im Stil des Rokoko, namentlich bekannt als Watteau-Kabinett. Benannt wurde der vergleichsweise kleine Raum nach dem Maler, der dessen Wände mit unzähligen, aufwändigen und üppigen Szenen verzierte. Antoine Watteau, geboren vor 340 Jahren im äußersten Norden Frankreichs, gilt als einer der großen Rokoko-Künstler. Mit seinen Darstellungen galanter Feste, Naturszenen und einem guten Schuss prickelnder Erotik schuf er eine ganz eigene Bildgattung.

Doch die verheerenden Angriffe auf Bruchsal im Zweiten Weltkrieg – insbesondere der Schicksalstag am 1. März 1945, als große Teile der Stadt in Flammen aufgingen – bedeuteten auch das Ende zahlreicher Kunstwerke und Malereien im schwer getroffenen Schloss. Auch das Watteau-Kabinett wurde weitgehend vernichtet, so schwer, dass eine Rekonstruktion unmöglich war. Nun ist es dennoch wieder auferstanden, wenn auch nur auf virtuelle Art und Weise. Als künftiger Bestandteil der öffentlich und kostenfrei verfügbaren App Monumente 3D wurde das Kabinett digital rekonstruiert, aufwändig neu gestaltet, exzellent recherchiert und technisch hochwertig umgesetzt.

Kurzer Sneak in Watteau-Kabinett – Screenshot PK Schloss Bruchsal

Auf einem Pressetermin im Schloss Bruchsal am Mittwoch, den 4. Dezember, stellten die Geschäftsführerin der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, Patricia Alberth, gemeinsam mit Staatssekretärin Gisela Splett und Dr. Frithjof Schwartz, Projektleiter der Virtuellen Rekonstruktion von Kulturliegenschaften, das Projekt vor. Künftig können Besucherinnen und Besucher des Schlosses das Kabinett mittels Tablet oder Smartphone betreten und es durch den Bildschirm des Geräts unmittelbar und direkt vor Ort erleben. Durch die gyroskopischen Sensoren des Geräts ändert sich die Perspektive je nachdem, wohin das Smartphone ausgerichtet wird, sodass Blickwinkel und Wahrnehmung genau mit dem Szenario vergangener Tage übereinstimmen. Während das Kabinett selbst aufgrund der Kriegsschäden heute nur aus mit rotem Stoff bespannten Wänden besteht, ermöglicht die App den Blick auf die frühere Pracht.

Das Angebot endet jedoch nicht bei der rein visuellen Rezeption des prachtvollen Raumes. Es erstreckt sich auch auf Detailinformationen zu den involvierten Künstlern, den einzelnen Elementen des Interieurs und bietet sogar aufwändig produzierte Audioszenen zum Nachhören. Mit der App wolle man nicht nur den ursprünglichen Zustand rekonstruieren, sondern den Gästen ein wirklich immersives Erlebnis bieten, so Dr. Schwartz. Die App zeige auf eindrucksvolle Weise, wie der Raum entstand, wie er wirkte und welche Funktion er hatte.

Wer Lust hat, das Ganze zu erleben, sollte bald einen Besuch im Schloss Bruchsal einplanen. Es empfiehlt sich, die App Monumente 3D vorher auf dem Smartphone zu installieren; sie steht in den großen, gängigen App-Stores zur Verfügung. Wer mag, kann einfach den QR-Code scannen, der auf unserem unten stehenden Foto enthalten ist:

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