Bruchsal und der liebe Wind

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Die Energiewende macht auch vor Bruchsal nicht halt, mehrere Windkraftanlagen müssen und werden hier in den kommenden Jahren geplant und errichtet. Damit dies möglichst harmonisch vonstattengehen kann, setzt die Stadt auf Information und Dialog. Für den Fall der Fälle allerdings mit einem mächtigen Joker im Ärmel.

Dass die Energiewende kommen muss, ist zwischenzeitlich mehr oder minder gesellschaftlicher Konsens. Die Abhängigkeit von Energie aus dem Ausland ist durch den Angriffskrieg Russlands mehr als deutlich geworden und mit ihm die Notwendigkeit hierfür gangbare Alternativen zu entwickeln. Eine dieser Alternativen ist der Ausbau der Windenergie in Deutschland. Bund und Land geben hier gesetzlich glasklare Vorgaben: 2% der Fläche des Bundesgebietes müssen für die Errichtung dieser Anlagen reserviert werden, in Baden-Württemberg sind es 1,8%.

Jeder muss also seinen Teil beitragen, auch Bruchsal bleibt da selbstverständlich nicht außen vor. Die Stadt möchte die besagten Flächen gerne auf kommunalem Grund ausgewiesen wissen und das macht auch durchaus Sinn. Solange die Anlagen auf städtischem Land stehen, kann Bruchsal selbst die Gewinne aus der Energieerzeugung für den eigenen Haushalt nutzen und sogar noch strengere – über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehenden Rahmenbedingungen für beispielsweise Abstandsregelungen oder Artenschutz definieren. Während bei privaten Investoren das Geld einfach abfließen würde, bliebe es so in der Region und könnte beispielsweise unter anderem für den Betrieb von Schulen oder Kindergärten eingesetzt werden.

Doch noch steht keine der Anlagen, noch nicht einmal die Standorte sind entschieden, obwohl die Zeit zweifelsohne drängt. In Betracht kommen verständlicherweise eher die höher gelegenen Ortsteile wie beispielsweise Heidelsheim, Helmsheim oder Obergrombach – alle angedachten Flächen liegen bislang primär in Waldgebieten. In unserer Region ist es der Regionalverband Mittlerer Oberrhein, der für die Festlegung der in Betracht kommenden Flächen verantwortlich ist. Dieser hat nun einen Fahrplan für die kommenden Schritte in dieser Sache festgelegt. Bis zum 26. Juli sollen die entsprechenden Suchraumkarten erstellt werden, am 13. Dezember folgen die Planentwürfe und bis 2025 soll der finale Satzungsbeschluss gefasst werden. Ein ehrgeiziges Ziel für das noch so manche Hürde genommen werden muss.

Bis dahin gilt es zu informieren, zu überzeugen und mit allen Beteiligten in einen möglichst konstruktiven Dialog zu treten. Damit sich das zu erwartende aufkochende Emotionen in überschaubarem Maße bewegt setzt die Stadt dabei auf externe Unterstützung und hat das “Forum Energiedialog” ins Boot geholt, ein Angebot des Landes Baden-Württemberg, das quasi zwischen Kommunen, Land und Bürgerschaft vermitteln soll. Ziel dieser Vermittlung sei aber nicht den Bau der Anlagen zu forcieren, sondern mehr oder weniger denn Dorffrieden zu bewahren, erläutert sinngemäß Sarah Knöll vom Forum Energiedialog. Doch gebaut werden muss natürlich, die Vorgaben aus Berlin und Stuttgart lassen da keinerlei Interpretationsspielraum.

Der Spagat der dabei aufs Parkett gelegt werden soll, wird schon beim ersten Blick auf die Webseite des Forums klar: “Die breite Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland steht hinter der Energiewende. Gleichzeitig wächst – vor allem im ländlichen Raum – die Zahl der Kritiker, die sich dagegen wehren, dass in ihrer Umgebung Windräder errichtet werden.” Wer einmal in den Kommentarspalten der soziale Netzwerke oder auch unter entsprechenden Artikeln hier in der Lokalpresse unterwegs war, der weiß genau: Hier wird überspitzt ausgedrückt nicht weniger als die Quadratur des Kreises in Angriff genommen.

Es gilt zu informieren, aufbereitete Informationen zur Verfügung zu stellen, zu vermitteln und – wo immer möglich – Kompromisse zu finden. Die Stadt Bruchsal beispielsweise plant die besagten Dialoge am 22. Juli am 25. Juli. Zuerst in den Stadtteilen Obergrombach, Helmsheim und Heidelsheim und schließlich in der Kernstadt. Alle Argumente aller Seiten sollen gehört werden, es soll so konstruktiv wie möglich an einer Lösung gearbeitet werden. Einer Illusion darf man sich jedoch nicht hingeben, nämlich jener, dass die Anlagen großflächig verhindert werden können. Dies ist allein schon aufgrund des gesetzlichen Auftrages nicht möglich, die Energiewende und der Ausbau der Windkraft wurden längst demokratisch beschlossen. 4000 Hektar in Summe sollen in ganz Baden-Württemberg für den Ausbau der Windkraft ausgewiesen werden, theoretisch wären auf dieser Fläche 400 Anlagen möglich. Ganz so viele werden es in der Praxis sicher nicht werden. „Gerecht“ verteilt werden können diese Anlagen aber nicht, schließlich sind manche Regionen besser, manche schlechter geeignet, auch das ist eine unumstößlicher Tatsache. Der Raum Bruchsal ist übrigens vergleichsweise mit mehr Wind gesegnet, als andere Kommunen im Umland.

Die Diskussionen in unserer Region, die dichter besiedelt ist als viele andere, werden daher sicherlich eine große Herausforderung werden. Alle Kritiker wird man nicht erreichen, besonders jene, die sich beratungsresistent auf die alten, x-fach widerlegten Argumente stützen und mehr auf Polemik als auf Fakten setzen. Wenn aber schließlich in einer Kommune das Suchraster auf die tatsächlich möglichen Flächen eingegrenzt wurde und zwar nachdem Faktoren wie Mindestabstände, Artenschutz, Windausbeute oder Sperrzonen mit eingepreist wurden – muss es dann aber ans Eingemachte gehen. Ein kategorisches Nein ist mitten im fortschreitenden Klimawandel und der Energiekrise anno 2023 einfach nicht drin, weiß Dr. Matthias Proske vom Regionalverband genau und bringt es in Hinsicht auf einen konkreten Fall im Süden des Landkreises klipp und klar auf den Punkt: “Wenn man meine ausgestreckte Hand nicht ergreifen will, dann planen wir halt ohne die Mitwirkung der Kommune”. Das soll aber selbstverständlich nur die ultima ratio sein.. “Wir können nicht wie ein Bulldozer über kommunale Interessen hinweg gehen” so Dr. Proske…”es sei denn es geht nicht anders”.

Konkret heißt das wohl übersetzt: Informieren, diskutieren, sich austauschen, Kompromisse finden und wo immer möglich aufeinander zugehen… Kategorische Blockaden oder eine sture Verweigerungshaltung sind allerdings nicht mehr hinnehmbar und durch die klare Gesetzeslage und die unleugbaren Fakten der Gegenwart schlicht nicht mehr tolerabel.

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11 Gedanken zu „Bruchsal und der liebe Wind“

  1. Verhindern wird man die Windräder wohl kaum, irgendwo muss die saubere Energie ja auch erzeugt werden. Man muss nur mal entlang den deutschen Autobahnen schauen, überall entstehen mehr und mehr davon.
    Allerdings erschließt sich mir der Eindruck, als ob man Flächen gezielt weitab der Kernstadt ausgesucht hat. Daher wäre es schön, wenn die Erträge aus diesen Windrädern dann auch primär in die betroffenen Stadtteile fließen würden und nicht immer in die schönen Vorzeigeprojekte in der Kernstadt.

  2. Wahrscheinlich kommt wieder das St.Florians- Prinzip zum tragen: Öko-Strom ja, aber nicht vom Windrad,das ich von meinem Grundstück aus sehe!

  3. Wetten, dass das Ganze wieder „kaputtgeplant“ und wegdiskutiert wird?
    So läuft das hier doch seit Jahren…und nicht nur in Bruchsal.
    Ergebnis: nix ändert sich und alles geht grad so weiter.
    Bravo!

  4. Ein sehr tendenziöser Beitrag, der die Tür für anderslautende Denkansätze leider keinen Millimeter öffnet.
    „Wir können nicht wie ein Bulldozer … es sei denn, es geht nicht anders“ klingt wie ein Euphemismus für „und bist du nicht willig, so brauch‘ ich Gewalt“.
    Diese Arroganz ist alles, nur nicht demokratisch. Mehrheiten ändern sich. So wie sich die Zustimmungswerte für unsere einst mehrheitlich gewählte Regierung aktuell im Keller befinden, so dürfte inzwischen auch der deutsche Sonderweg der sogenannten „Energiewende“ inzwischen nur noch wenige Unverbesserliche begeistern.

    • 👍🏻stimme vollumfänglich zu. Hätte man das AKW Philippsburg belassen oder ggfflss durch ein Modell der neuen, kleineren Klasse ersetzt… Ohne Not wurde in Deutschland der Ausstieg aus der Kernkraft durchgepeitscht. Und nein: das war und ist nicht alternativlos.

  5. Lärm macht dem Michl nichts mehr aus , sonst würde ja er hier nicht wohnen 😜🤥🫵🏻. Gerne mehr davon 👍

  6. Philippsburg könnte heute noch Strom liefern ! Ich schmeiße auch nicht meine Hose in den Kleiderspender und merke erst dann das ich nackt da stehe und gebe die Schuld anderen!

    Guten Morgen und viele Grüße von

    Andreas Wansky

  7. Hinter jedem dieser Windräder bilden sich Wirbelschleppen, die je nach Lage kilometerweit Bestand haben. Die vertikale Strömung der Luft bewirkt einen Transport der FEUCHTEN Luft aus der unteren Schicht in höhere.
    Die Folgen sind Austrocknung, und letztendlich ( menschengemachte ) Erderwärmung!
    Ferner sind die Generatoren mit seltenen Edelmetallen, UND dem Hochgiftigen SF6, Schwefelhexafluorid
    DAS STÄRKSTE BEKANNTE TREIBHAUSGAS DER WELT!
    Es wirkt rund 22.800 Mal stärker als CO2, welches sie uns ja als ganz ganz böse verkaufen.
    Ein sogenanntes EwigkeitsGift!
    Das die Umwelt mehr vergiftet, als alle Autos + Heizungen zusammen!
    Die Stahlbeton-Fundamente, die man NIE wieder aus der Erde kriegt, auf Extra dafür gerodeten Flächen.

  8. D hat sich selbst ohne Not in eine desaströse Situation hineinmanövriert.
    Schweden wurde vernünftig, hat sein Ziel geändert von „100% erneuerbare Energien“ auf „100% fossilfreien Strom“, unter Einbeziehung der Kernenergie.
    In diese Richtung sollte es auch hier gehen, je früher desto besser.

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