Bratwurst, Bier und Bingo

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Ein Samstagabend der anderen Art in und aus Heidelsheim

Die Heidelsheimer können einem wirklich leid tun. Es gibt kaum einen zweiten Ort im Hügelland, der über ein derart intaktes Gemeinschaftswesen und Vereinsleben verfügt, wie das gute, alte Heidelse. Anstatt aber fröhlich in Waschzubern über den Saalbach zu schippern, auf dem Marktplatz Ostereier gegeneinander zu schlagen oder in Ritterrüstungen durch die Altstadt zu marschieren, wehen seit Monaten nur Steppenhexen rund um den altehrwürdigen Dorfbrunnen… Wie auch überall sonst in der Region, liegt das Kulturleben in Heidelsheim am Boden – gerade erst wurde zu allem Überfluss das traditionelle Reichsstadtfest in diesem Jahr abgesagt.

Doch hinter den Kulissen des liebenswerten, mittelalterlichen Städtchens, geben sich die Heidelsheimer mit diesem unfreiwilligen Dornröschenschlaf nicht einfach zufrieden. Wie schon im ersten Jahr der Pandemie springt das Dreamteam, bestehend aus OWK und den Melkkiwwelreidern Heidelsheim wieder in die Bresche und versucht die Gemeinschaft zusammenzuhalten, mit jenen Mitteln, die derzeit eben alternativlos sind. Wenn man sich schon nicht auf dem Marktplatz oder dem Altenberg zusammensetzen darf, dann muss das Ganze eben online stattfinden. So kam es, dass am Samstagabend über 180 Haushalte dem Sendezentrum Heidelsheim zugeschaltet waren und via Internet – einsam, doch gemeinsam Bier tranken, Bratwürste grillten und miteinander Spiele spielten. Kurzum: Ein wunderbarer Abend, der so viel Nähe erzeugte, wie es eben im Moment nur möglich ist.

Reichlich Respekt gilt dabei den Kämpfern des OWK und der Melkkiwwelreider – denn eine solche Veranstaltungen ist aufwendig und muss akribisch geplant werden. Schließlich gilt es nicht nur ein paar Biertischgarnituren aufzustellen, sondern das technische Rückgrat für eine Videoschalte zwischen verschiedenen Locations zu bewerkstelligen. Eine davon fand sich übrigens im Schwarzwald, in den Räumlichkeiten der Brauerei Bauhöfer. Als sich die Heidelsheimer im Vorfeld nach einem möglichen Partner für Ihre Online-Bierprobe erkundigten, empfahl ihnen der örtliche Getränkehändler die Familienbrauerei aus der Ortenau. Der Kontakt war schnell geknüpft, beide Seiten begeistert und so reiste am Samstagmorgen eine kleine Delegation aus Heidelsheim mitsamt Übertragungsequipment nach Renchen. Dieses Außenteam wurde während der Übertragung immer wieder live hinzugeschaltet um spannende Infos rund um die Biere der Brauerei, die Brauart, die Technik, die Geschichte und mehr zu liefern. Sendezentrum in Heidelsheim war das “Servus Anni” und das gleich mit zwei Studios. Während Chris Venohr in der neuen Küche im Stüberl im ersten Obergeschoss frische Bratwürste zubereitete, erzählte Bernd Fesenbecker draußen vor dem Café witzige und unterhaltsam Anekdoten rund um das Thema Bier und seine Leidenschaft – das Sammeln von Kronkorken. Später wurde hier dann natürlich auch live gegrillt.

Die Zuschauer zu Hause konnten alles direkt miterleben, waren nicht nur aus Heidelsheim sondern auch aus der ganzen Region zugeschaltet. Am Morgen hatten sie noch – streng durchgetaktet – ihre Pakete für den Abend in Heidelsheim abgeholt. Darin enthalten waren 4,5 Liter Bier, zwei Flaschen Heidelsheimer Schnaps, hausgemachter Krautsalat und vakuumierte, handgemachte Würste sowie Bannholzer-Brötchen, Senfkörner und eine Karte für das Online-Bingo.

Punkt 18 Uhr ging es dann los. Unter der Regie von Michael Schlindwein verlief die Samstagabendshow aus Heidelsheim nach einem straff durchgeplanten Drehbuch. Rund dreieinhalb Stunden wurde gemeinsamen verkostet, gebrutzelt, gefachsimpelt und gespielt. Ein wahrhaft gelungener Abend – dank des Engagements der Heidelsheimer Vereine, des Teams von Servus Anni, sowie der Brauerei Bauhöfer und vieler weiterer ehrenamtlicher Helfer. So vielfältig die Möglichkeit dieser digitalen Treffen aber auch sein mögen, es gibt wohl niemanden in Heidelsheim, in Renchen oder sonstwo im Lande, der sich nicht wünschen würde, bald einmal wieder richtig miteinander in Kontakt zu kommen… Ohne Netz und doppelten Boden, ohne Abstand, ohne Maske und ohne Sorgen.

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