Am kleinen großen Bahnhof

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Seit 20 Jahren der kleinste Bahnhof im Kraichgau – Willkommen in “Bad Schönborn – Im Sand”

Wer der Liebe zur Lok einmal erlegen ist, der ist rettungslos verloren. Hans Schrumpf aus Mingolsheim ist ein solch hoffnungsloser Fall. 1967 begann er damals seine Laufbahn bei der einstigen Bundesbahn, lernte sein Handwerk noch im Führerstand einer echten Dampflokomotive. Auch nach seiner Zeit bei der Bahn blieb er den mächtigen Wasserdampf oder Diesel-Wolken ausstoßenden Schlachtrössern treu und baute deren Welt im kleineren Maßstab in Messehallen nach. Kilometerweise verlegte er Gleise für Ausstellungen überall auf der Welt, in Sinsheim, in Köln, in München aber auch weiter weg z.b. in England.

Irgendwann stellte er sich mit ein paar Gleichgesinnten die Frage: Warum machen wir das nicht auch einfach einmal für uns selbst? So entstand die Idee zu Hause in Bad Schönborn einen Eisenbahnverein mit einer ganz eigenen Anlage ins Leben zu rufen. Gesagt getan, vor genau 20 Jahren gründeten sich so die „Eisenbahnfreunde Bad Schönborn e.V.“, um die beiden Vorstände Arnold Münchberger und Hans Schrumpf. Nun ging es darum ein Grundstück zu finden, wie sich herausstellen sollte kein leichtes Unterfangen. Ein erster Vorschlag der Gemeinde scheiterte an naturschutzrechtlichen Bedenken des Landratsamtes, doch der zweite Anlauf sollte schließlich von Erfolg gekrönt sein. Direkt am Kurgebiet wurden die Eisenbahner fündig und begannen 2003 mit dem Bau der Anlage. Auf dem langgezogenen Areal entstanden 600 Meter Gleise, die in einer Spurbreite von 5 und 7¼ Zoll an einer Schiebebühne, einem Lokschuppen, einer Güterhalle, einer Kirche, einem Stellwerk und natürlich an einem waschechten Bahnhof vorbeiführen.

Faszinierend ist dabei die Präzision und die Detailliebe mit der die Eisenbahner dies alles erschaffen haben. Die komplette Anlage ist absolut funktional, alles läuft im kleinen, wie es das auch im großen tut. Lichtanlagen, Weichen, Uhren, Stellwerk, Hebeanlage… Selbstredend auch die Lokomotiven! Sowohl jene elektrischen Typs, als auch die Varianten, die von Dampfkraft angetrieben werden. Geölt, geschmiert und professionelle gewartet sind sie jederzeit in der Lage aus dem kleinen Lokschuppen die kleine, große Fahrt durch Bad Schönborns dritten Ortsteil anzutreten. Vom Bahnhof “Im Sand” geht die Reise vorbei an kleinen und großen Exponaten aus der Welt der Eisenbahn – darunter eine 1939 gebaute Deutz OMZ 122R, echte Feldbahnwaggons aus deutschen Gruben und einem alten Mannschaftswagen, mit welchem früher wertvollen Frachten in langen Güterzügen Geleitschutz gegeben wurde.

Die Anlage ist derart schön und liebevoll zusammengestellt, dass es wirklich schmerzt, von den Ereignissen des Jahres 2011 zu hören. Durch Brandstiftung fiel ein wesentlicher Teil der Anlage den Flammen zum Opfer, der erhebliche Schaden konnte nur durch einen personellen und finanziellen Kraftakt im Laufe der Zeit gemildert werden. Die Nachwehen dieses schicksalhaften Tages sind noch heute zu spüren und schmerzen die Eisenbahner immer noch.

Ans Aufgeben denkt die bunte Truppe, bestehend aus 35 Mitgliedern aber niemals. Den Menschen die Faszination der Eisenbahn näher zu bringen, sie für die technischen Raffinessen und die Entwicklung zu begeistern, steht immer noch ganz oben auf der Prioritätenliste. In normalen Jahren veranstalten die Eisenbahner bis zu 6 Fahrtage im Jahr, an denen die Anlage für die Öffentlichkeit zugänglich ist und Rundfahrten mit den kleinen Lokomotiven angeboten werden. Durch die Pandemie fiel dies in den vergangenen zwei Jahren ins Wasser, am vergangenen Wochenende war es erstmals seit langem wieder soweit. Bei bestem Kaiserwetter strömten die Menschen auf das Gelände und warteten geduldig auf die nächste, heißbegehrte Fahrt ab und bis zum Bahnhof “Bad Schönborn – Im Sand”. Gerade für die Kleinsten bedeutet dieser Trip 3 Minuten absoluter Glückseligkeit.

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