Brot essen ist keine Kunst, wohl aber Brot backen…
Es gibt kein Lebensmittel auf der Welt, dass so gut schmecken kann wie Brot. Für ein richtiges Brot würden wir jedes Entrecôte und jeden Château Mouton-Rothschild links liegen lassen. Die krosse Kruste, der aromatisch duftende Teig, die Geschmacksexplosion des ersten Bissens. Doch ein solches Brot zu finden, ist heutzutage verdammt schwer. Das was bei den Discountern aus den Ausgabeschächten geworfen wird, hat mit einem echten Brot nichts gemein. Ein echter Bäcker formt seine Laibe mit Wasser, Hefe, Mehl und viel Liebe. Er setzt eigene Sauerteige an und lässt industrielle Backmischungen nicht einmal in die Nähe seiner Backstube. Doch in unserer Geiz-ist-Geil-Zeit sind viele Menschen nicht mehr, bereit ein echtes Brot zu würdigen oder gar zu bezahlen… 99 Cent für den Gummi-Laib aus dem Supermarkt sind oft schon das höchste der Gefühle. Doch bei immer mehr bewusst agierenden Zeitgenossen beginnt ein Umdenken und eine Rückbesinnung auf alte Backtraditionen einzusetzen und die Erkenntnis das Brot eine echte Delikatesse sein kann zu reifen.
Steffen Leonhardt aus Bretten hat diese Bewegung erkannt und seine Backstube von Grund auf umgekrempelt. Seit 1906 ist die Bäckerei Leonhardt bereits in Familienbesitz und hat sich weit über ein Jahrhundert in der Pforzheimer Straße gegen alle Widrigkeiten der Zeit behauptet. Doch dem Trend der Billigheimer konnte auch sie nichts entgegen setzen und drohte vor einigen Jahren komplett von der Bildfläche zu verschwinden. Trotz hitziger Debatten in der Familie wagte Steffen Leonhardt den Neustart und richtete seine Bäckerei völlig neu aus. Er lernte die französische Backkunst an der Bäckerakademie und durchlief zuletzt sogar die schwierige Prüfung zum waschechten Brot-Sommelier. Seither erschafft er in seiner Backstube weniger Brote als vielmehr kleine Kunstwerke. Das mag übertrieben kitschig klingen, erweist sich aber beim ersten Biss in einer seiner Spezialitäten als einzig passende Umschreibung. Nehmen wir zum Beispiel den scharfen Hirten. Ein kleiner grober und tiefdunkler Brotlaib mit einem raffinierten Innenleben. Peperoni, Walnüsse und Feta finden sich im grobporigen und herzhaften Teig und bilden zusammen ein wahnsinnig intensives Geschmackserlebnis. Oder der Verkaufsrenner, das französische Landbrot… Jeder Laib ist einzigartig und hat eine so krosse Kruste, dass sie beim Aufbrechen laut und vernehmlich knackt. Die Krume hingegen ist locker und leicht, schmeckt aber so intensiv nach frischem Brot dass man sie ohne jeden Aufstrich essen möchte um den Geschmack mit nichts zu überdecken. Dann gibt es noch Baguettes mit wildem Majoran und Fenchel, Focaccias mit frischen Tomaten in mildem Olivenöl, süße Chaussons mit Äpfeln, Piemonteser Haselnussbrot und vieles mehr….
Seit seiner Weiterbildung darf sich Steffen Leonhardt übrigens „Artisan Boulanger“ nennen, frei übersetzt bedeutet das: Bäcker Handwerker. Und genau das trifft es auch! In seiner Backstube wird noch mit den Händen geschafft. Keine industrielle Bearbeitung, sondern liebevolle Handarbeit. Das mittlerweile 25-Köpfige Team backt ab den frühen Morgenstunden nicht nur für den Laden in der Pforzheimer Straße sondern auch für die Verkaufsstände auf den Wochenmärkten in der Region. Früher hatten die Leonhardt noch weitere Geschäfte und sogar ein kleines Cafe, doch für das neue Konzept hat Steffen das alles über Bord geworfen und konzentriert sich nun auf das worauf es ankommt – seine Backwaren. Ständig arbeitet er an neuen Ideen und Kreationen. Wie man Geschmäcker kombiniert – auch solche bei denen man es nicht erwarten würde – hat er im Zuge der Ausbildung als Brot-Sommeliert gelernt. Der Erfolg gibt ihm Recht! Seit der Neueröffnung floriert die Bäckerei und schreibt gesunde schwarze Zahlen. Abgehoben ist Steffen deshalb nicht – sein neues Logo zeigt ihn ein wenig selbstironisch mit riesiger Nase und mit erhobenen Weizenähren. Seine Schlagworte lauten seither: Tradition, Passion, Revolution… Das erste steht für die Wurzeln des Familienbetriebes, das zweite für die Leidenschaft und das dritte für das Aufbegehren gegen Althergebrachtes und den damit verbundenen Generationenkonflikt.
Einen Traum hat Steffen aber neben dem bisher Geleisteten noch! Er will eine eigene Backschule eröffnen um sein Wissen und seine Begeisterung fürs Backen weitergeben zu können. „Dazu noch einen Verkaufstresen um das Geschaffene gleich ofenfrisch anzubieten…“ schwärmt der jung gebliebene 43-Jährige und schweift mit dem Blick ab. Bis es soweit ist, finden sie die Bäckerei Leonhardt wie immer in der Pforzheimer Straße. Schauen Sie vorbei und wählen Sie das, was Sie spontan anlacht. Nur eine Bitte haben wir zum Schluss. Nehmen Sie sich einen Moment Zeit um den ersten Bissen ganz bewusst zu genießen – danach wird Brot für Sie nie wieder gleich Brot sein…Versprochen.
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