Wunderbare Orte, an denen sich Menschen, Pflanzen, Tiere und Insekten wohlfühlen und friedlich miteinander koexistieren können. Ubstadt-Weiher zeichnet die schönsten Naturgärten aus.
Was sich hinter so mancher unscheinbaren Fassade verbirgt, erschließt sich nur dem, der einen Blick dahinter werfen darf. Hinter dem hölzernen Hoftor der Familie Drach in Stettfeld beispielsweise öffnet sich zuerst ein wunderbarer Innenhof mit viel Sandstein, altem Backstein und der alten Dämmung aus Stroh und Lehm an der Fassade des Bauernhauses aus dem 18. Jahrhundert. Doch es ist nicht die alte Bausubstanz die uns heute hierher geführt hat, sondern der liebevoll gepflegte Naturgarten. Familie Drach hat sich mit ihrem vor Leben nur so strotzenden kleinen Paradies beim Naturgartenwettbewerb beworben – ein gemeinsames Projekt der Gemeinde Ubstadt-Weiher, dem Obst und Gartenbauverein Weiher, der Gartenfreunde Stettfeld, dem Naturschutzverein Alternative Ecke, sowie dem Imkerverein Bruchsal.
Prämiert werden nicht die schönsten Gärten im optischen Sinne, sondern jene, die besonders viel Wert auf Artenvielfalt und ein ökologisches Gleichgewicht legen. Familie Drach aus Stettfeld darf sich daher zu den drei Bestplatzierten zählen, so hat es die Jury am gestrigen Dienstagabend bekannt gegeben. Die Begründung deckt sich mit dem Eindruck, den wir beim Besuch des weitläufigen Gartens gewonnen haben: “Die Mauern der Gebäude und der offene Schuppen mit historischem Gebälk im Hof bieten Lebensraum für Wildbienen und Fledermäuse, im Garten können sich Reptilien und andere Kleintiere zwischen Steinhäufen verkriechen und Vögel finden allerlei Nistmöglichkeiten im vielfältigen Gehölzbestand.”. 100 € Preisgeld und einen Meisenkasten gibt es dafür als Anerkennung.
Noch etwas besser abgeschnitten hat der Garten der Familie Bott in Weiher. Auch hier war es letztlich die Symbiose aus verschiedenen Biotopen und sorgfältig ausgewählten Pflanzen sowie Rückzugsorten für Tiere und Insekten aller Arten, die die Jury überzeugen konnten. Für das über viele Jahrzehnte hinweg gewachsene Refugium, in dem sich schon mehrere Generationen der Familie Bott verwirklicht haben, gab es ein Preisgeld in Höhe von 200 € sowie einen Buchgutschein. Als Begründung gab die Jury, das Folgende zu Protokoll.”…Die Seerosen im Teich und vielfältige Staudenbeete bringen Farbe in den Garten, in Hochbeeten wachsen auf dem eigenen Kompost üppige Kürbisse und andere Gemüsepflanzen und dazwischen finden sich überall Schlupfwinkel und Nistmöglichkeiten für Vögel und Insekten.”
Klare Gewinnerin des Naturgartenwettbewerbes war in diesem Jahr aber Christa Martus die in ihrem Stettfelder Garten mit viel Liebe, Bedacht und Sachkenntnis ein Paradies geschaffen hat, in dem das Gleichgewicht der Natur bestmöglichst seine symbiotischen Kräfte entfalten kann. Hier gibt es Raum für Wildtiere in extra dafür angelegten Steinmäuerchen und Reisighaufen, dazwischen sorgen Laufenten für Ordnung und Abwechslung zudem können in den bereitgestellten Refugien Wild- und Kulturpflanzen harmonisch nebeneinander wachsen, und inmitten des üppigem Grüns auch in den heißen Sommermonaten gedeihen.
„Ich bedanke mich herzlich bei allen, die an unserem Wettbewerb teilgenommen haben“, betonte Bürgermeister Löffler, der als Mitglied der Jury dazu beigetragen hat, die Siegergärten auszuwählen „Unsere Jury hat wunderbare Gärten gesehen und sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Jeder einzelne Naturgarten ist ein Gewinn für die Artenvielfalt und für uns Menschen. Die zahlreichen Naturgärten machen Ubstadt-Weiher attraktiv und lebenswert. Dafür sage ich allen Gewinnerinnen und Gewinnern, allen Teilnehmenden und auch allen anderen Menschen mit Naturgarten ganz herzlich Danke!“
In der Tat trägt jeder, der zu Hause einen Garten mit Fokus auf Artenreichtum und Naturnähe anlegt, ganz aktiv zum Umwelt- und Klimaschutz bei. Das bedeutet auch, ganz bewusst zuzulassen, dass nicht jede Ecke des Gartens immer sorgfältig gemäht oder auf Kante und Ecke getrimmt wird. Vielmehr geht es darum, durch den richtigen Mix aus Pflanzen und Rückzugsorten kleine Biotope zu schaffen, in denen sich Flora und Fauna ausbreiten und ungestört entwickeln können. Auch das hat seine ganz eigene Ästhetik und Schönheit, denn was nützt der schönste Garten, wenn in ihm kein Leben herrscht?
Ein Kommentar von Stephan Gilliar – Es ist beeindruckend und nachahmenswert, wie viele Menschen in ihren Gärten nicht nur Rückzugsorte für sich selbst, sondern auch für heimische Pflanzen, Tiere und Insekten schaffen. Sie tragen dazu bei, unsere Ökosysteme zu bewahren, zu pflegen und zu erhalten. Sie setzen ein Zeichen gegen lebensfeindliche Schottergärten, entscheiden sich bewusst gegen pseudo-ästhetische viereckige Rasenkonstrukte, die per Roboter auf 2 cm gehalten werden und in welchen jedes verdächtige Hälmchen als Unkraut klassifiziert und ausgemerzt wird. Diese verborgenen Naturschützer zu ehren und sie bei einem Wettbewerb auszuzeichnen, ist ein wertvolles Stück Anerkennung. Insgesamt eine schöne und ehrenwerte Initiative der Gemeinde Ubstadt-Weiher, die hoffentlich im nächsten Jahr in die Verlängerung gehen wird. Nun würde man sich nur noch wünschen, dass in allen anderen Bereichen der Gemeindeentwicklung ähnlich viel Sorge und Wert auf Naturverträglichkeit, Nachhaltigkeit, Artenschutz und Klimaschutz gelegt würde. Ob in Zeiten der Wasserknappheit, der Dürren und der sich erhitzenden Atmosphäre weitere Neubaugebiete, Gewerbeflächen oder Straßenbauprojekte mit der damit einhergehenden Flächenversiegelung wirklich unbedingt notwendig sind, sollte daher unter diesen Gesichtspunkten noch einmal gewissenhaft durchdacht werden. Denn die schönsten Naturgärten können nicht ausgleichen, was im großen Stil an anderer Stelle unter Beton verloren geht.