Noch immer steht der alte Bäckermeister Alfons Bannholzer jede Nacht auf, um in seiner Backstube sein Tagwerk zu beginnen.
Wer Alfons sieht, der muss ihn auf der Stelle gern haben. Sein schlohweißes Haar, die buschigen Augenbrauen, das schüchterne Lächeln und der offene Blick – ein Dorf-Opa wie aus dem Bilderbuch. Mich erinnert er an Sigi Zimmerschied in seiner Paraderolle als Eberhofers Vorgesetzter Moratschek, Alfons Tochter Annie flüstert mir hingegen ins Ohr: “Kennst Du noch Dr. Snuggles?” und wir müssen beide als Kinder der 80er losprusten.
Doch ob Moratschek oder der Doc, Alfons ist in jedem Fall ein Heidelsheimer Original – jeder im Dorf kennt ihn, denn Alfons war schon da, als die allermeisten von Ihnen es noch nicht waren. Seit er zurückdenken kann, war er der Bäcker im Ort, vor ihm war es sein Vater, vor ihm dessen Vater und wiederum vor ihm dessen Vater. Seit 1861 steht in Heidelsheim immer ein Bannholzer am Ofen, knetet Teig und backt Brot. Sein ganzes Leben lang verrichtet Alfons bereits sein Tagwerk, hat sich dabei im wahrsten Sinne des Wortes den Buckel rund geschafft. Ganz langsam und gebeugt steigt er in seinen karierten Bäckerhosen die paar Stufen in seine alte Backstube hinunter, wo er unzählige Stunden seines Lebens verbracht hat. Noch heute steht er jeden Morgen um halb Zwei auf, setzt den Teig an, kümmert sich später um seine Spezialität Sahnerollen und Sahnetorten. Um 3 Uhr stößt sein Sohn Matthias, der die nächste Generation der backenden Bannholzers bildet, dazu. Gemeinsam trinken Sie einen schnellen Kaffee und weiter geht es im emsigen, morgendlichen Treiben einer Bäckerei.
Während in Alfons Reich noch alles händisch, wie der alte Meister es gelernt hat und gewohnt ist, vonstatten geht, bahnt sich im Nachbarraum bereits die Zukunft ihren Weg. Über eine Million Euro investiert Matthias derzeit in neue Gerätschaften und eine hochmoderne Backstube. Anders geht es nicht, die Zeit bleibt schließlich nicht stehen. Das weiß auch Alfons, der in all seinen Jahren als Heidelsheimer Bäcker stets in Neues vertraut und investiert hat. Für ihn einer der ausschlaggebenden Gründe, wieso es die Bäckerei Bannholzer noch gibt und so viele andere kleine Familienbäckereien nicht mehr. So vieles hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert, nicht zuletzt die Kundschaft selbst. 80 Prozent kaufen Ihr Brot und ihre Brötchen im Supermarkt, viel zu häufig geht es zwischenzeitlich und Bequemlichkeit und um ein paar Cent Ersparnis, gibt Alfons konsterniert zu bedenken und sieht auch bei den Heidelsheimern diesen Paradigmenwechsel: “Wir haben weniger Stammkundschaft, als wir es früher hatten” weiß er etwas geknickt zu berichten.
Mit dem “Früher” kennt er sich aus, schließlich hat Alfons die Jahre und Jahrzehnte in seinem Heidelsheim kommen und gehen gesehen. Geboren wurde er 1942 hinein in eine echte Bäcker-Dynastie. Schon sein Urgroßvater Engelhardt eröffnete 1861 in der Bruchsaler Straße die erste Bäckerei der Familie. Wie unfassbar lange das her ist… Es war jenes Jahr, als in dem Abraham Lincoln zum Präsidenten gewählt wurde und Philipp Reis seine neue Erfindung, den sogenannten Telefonapparat, vorstellte. Drei Pfennige kostete damals das Brot, allerdings bei einem durchschnittlichen Stundenlohn von nicht einmal 30 Pfennigen. Auf die erste, in Pacht betriebene Bäckerei, folgte 1876 in der Wettgasse die erste eigene Bäckerei der Familie Bannholzer. Auf Urgroßvater Engelhardt folgte schließlich Alfons Großvater Josef, der 1886 seine Gesellenprüfung ablegte. Später kam der Umzug auf den Heidelsheimer Marktplatz, dann der Kauf des kleinen Hauses in der Judengasse, in dem die Bäckerei Bannholzer noch bis heute zu finden ist. Ursprünglich ein kleines, schiefes Fachwerkhäuschen, das in den 50ern saniert und um ein weiteres Stockwerk erweitert wurde, ist es nun seit 120 Jahren Stammsitz der Heidelsheimer Bäcker-Dynastie.
Eine solche Familiengeschichte verpflichtet natürlich. Die Erwartungshaltung, den Beruf des Bäckers auszuüben, ergibt sich aus den vielen vorangegangenen Generationen unweigerlich von selbst. Bei Alfons stellte sich die Frage gar nicht, es war immer klar, dass er wie sein Vater, sein Großvater und sein Urgroßvater auch das Bäckerhandwerk erlernen wird. So besuchte er nach der Volksschule in Heidelsheim die Gewerbeschule und schließlich die Meisterschule in Bruchsal. Seine Lehrzeit absolvierte er bei der Bäckerei Ossfeld in der Bruchsaler Badgasse, danach bei der Bäckerei Heidinger in Mühlacker. “25 kleine Bäcker gab es damals in Bruchsal, dazu Cafés und Konditoreien… alle weg“, sagt Alfons, der sich gut an die goldenen Tage des Bäckerhandwerks in seiner Stadt erinnern kann.
1960 kam Alfons zurück nach Heidelsheim, übernahm den elterlichen Betrieb, sein Vater Robert – der die Bäckerei von Josef übernommen hatte, starb nur drei Jahre später. Auf einer Faschingsveranstaltung in Odenheim lernte Alfons schließlich seine Frau Berta kennen, wurde Vater zweier Kinder: Matthias und Annette. Während Matthias das lange Erbe der Bannholzers als nächster Bäcker in der Familie antrat, betreibt Annette – alias Anni – zwischenzeitlich mit ihrem Mann Chris das kleine Bistro-Café “Servus Anni” im Nachbarhaus. Kuchen, Brot und Brötchen hierfür kommen natürlich über kurze Wege aus der Backstube der Familie.
Dass ihr Papa immer noch mit über 80 Jahren jeden Morgen in aller Herrgottsfrühe die Arbeit in der Backstube antritt, sieht Anni dabei mit gemischten Gefühlen. Eigentlich hätte sich Alfons seinen Ruhestand mehr als verdient, doch er kann sich ganz einfach nichts anderes vorstellen und so hält er es wie die alte Miss Sophie: “Same procedure as every year”.. oder in diesem Fall “every day”. Anni kennt überhaupt kein anderes Bild. Wenn sie herunterkommt, ist der Papa immer schon seit Stunden bei der Arbeit. So wird es laufen, bis zu seinem letzten Tag, da gibt sich niemand in der Familie Bannholzer einer Illusion hin… nicht Alfons und auch nicht Anni. “Wenn er mal nicht morgens runter kommt, dann wiss ma´s” sagt sie und obgleich das traurig klingen mag, ist es das aber eigentlich nicht. Dann ist Alfons so gestorben, wie er gelebt hat. Im Kreise seiner Familie, in seiner geliebten Backstube, bei der Tätigkeit, die sein ganzes Leben geprägt hat. Noch ist es aber nicht so weit, noch steht der alte Bäckermeister auf beiden Beinen. Freu Dich Heidelsheim – Alfons ist noch da!
Hut ab vor dieser Lebensleistung!!!
Und bitte nicht vom Tod reden!!!
Vielen Dank für diese wundervolle Geschichte. Ja, diese Familienbetriebe haben heute schon sehr zu kämpfen. Discounter bieten auch etwas wie Brote und Brezzn an, die sehr billig sind. Ich lege großen Wert auf Qualität. seit ich hier zugezogen bin kaufe ich bei Bannholzer.
In meiner alten Heimat Gochsheim gibt es auch noch so einen Betrieb. Die Föcklers haben auch so eine Familientradition. ich erinnere mich noch an meine Kindheit wo man bei Föcklers seine zu Hause hergestellten Brote backen lassen konntest. Abgerechnet wurde da zum Kilo-Preis mit einer alten grünen Waage.
Das ist eine schöne und treffende Huldigung an eine besondere Bäckerei, eine besondere Familie und einen besonderen Mann. Genauso wie abgebildet, kennen die meisten Kunden sicherlich den Alfons. Ein sehr romantisches Bild, was an alte Zeiten und Familienbetriebe und natürlich ehrliche Handwerkskunst erinnert. Wir freuen uns sehr, dass es Euch alle gibt und dass wir eure phantastischen Backwaren und neuerdings auch die herrlichen Zeiten im Cafe „servus ANNi“ genießen dürfen. Herzlichen Dank für Alles!
Ich finde es so schön, daß es noch Menschen gibt, die ihr Handwerk verstehen und die Arbeit mit solcher Hingabe meistern. Ich werde bald dort sein um Brot und Co zu probieren.
Wenn ich in Heidelsheim bin,kaufe ich immer meine Backwaren in der Bäckerei Bannholzer,die Zitronenrolle ist mein Lieblingskuchen.
Wer handwerklich Gemachtes beim Bäcker kauft, erspart sich Allergien. Aber Geiz ist Geil bzw. allergen!
Dann auf die nächsten 80 Jahre, lieber Alfons.
Die Bäckerei Bannholzer gehört zu Heidelsheim. Ohne sie wäre es nicht das Selbe.
Ich bin gelernte Konditorin und ich muss sagen Alfons und auch Matias haben mir viel gezeigt im Handwerk und ich wüsste nicht wie es wäre wen Alfons nicht mehr da ist der Familien Betrieb ist der beste in heidelsheim und die Backwaren sind auch einfach die besten und bin froh das ich eine zeit lag in diesen wunderschönen Betrieb arbeiten durfte
Hut ab ,vor diesen Mann, hatte das Glück, mit ihm ein paar Jahre zu arbeiten. Schätze ihn heute noch als ein guter Mann und Chef.
Schön, dass es noch Bäcker vom alten Schlag gibt.
Kleine Korrektur über die Vorgeschichte von Alfons.
Daß sein und mein Opa Josef Bäcker waren, geht so in Ordnung. Jedoch war sein Vater Robert niemals Bäcker, sondern er war der Landwirt in der Familie. Nach Josef’s Tod hat mein Vater Philipp, Alfon’s Onkel, als Bäckermeister und Konditor die Bäckerei geführt und zwar solange bis Alfons soweit war. Auch mein Vater hatte dieses Pflichtgefühl gegenüber der Familie wie es Alfons (die „Schwarze Perle“ – wie ihn mein Vater ab und zu nannte) innehat.
Wir alle und alle um ihn herum profitieren davon und tun es immer noch – deshalb also, ein ganz großes Dankeschön an dich Alfons.
Leckeres frisches Brot &co. Den mohnstreussel muss ich jedes mit nach Bayern Nähe Regensburg mitbringen,wenn ich hinfahre.Preis Leistung ist top,weiter so
Wir alle lieben diese Bäckerei in unserem Ort. Qualität und Geschmack erinnern mich stark an meine Kindheit in den 80zigern zurück, wo jedes Ort noch solch eine Bäckerei hatte. Das wird zum Beispiel auch mit dem gratis Brausestängele für die Kinder noch heute umgesetzt! Wo bitte findet man das heute noch? In einer hektischen Welt leider nirgends mehr! Bei euch sieht die Welt noch etwas anderes aus! Wirklich großes Kino was ihr da macht! Ihr seid wahrhaftig eines der Highlights in Heidelsheim!!! Vielen Dank dafür!
Habe mich riesig gefreut über Ihren Bericht über Alfons, er hat Sofie erwähnt, das ist meine Getel in Neuthard die hat viel in seiner Backstube mitgeholfen. Seine Frau Berta ist meine Cousine. Danke für Ihren wunderbaren Bericht über Alfons.