Zu Fuß verliert

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Wer im Kraichgau als Fußgänger oder Radfahrer unterwegs ist, zieht im Zweifel immer den Kürzeren

Ein Kommentar von Philipp Martin

Steigen wir mit ein paar Szenen ein, die jeder von uns nur zu gut kennt: Da wäre der Mann in Neibsheim, der beinahe vom ausladenden Seitenspiegel eines LKW erfasst wurde, der aufgrund der geringen Gehwegbreite fast an der Hauswand kratzte… Oder die beiden Mädchen in Unteröwisheim, zwischen deren Schulranzen und den vorbeifahrenden Autos keine Scheibe Brot mehr gepasst hätte. Oder wie wäre es mit dem Radfahrer, der im städtischen Stoßverkehr teilweise mit wenigen Zentimetern Abstand vom vorbeifahrenden Fahrzeug überholt wird? Situationen, wie sie in der Region tagtäglich vermutlich unzählige Male vorkommen.

“It’s a Man’s Man’s Man’s World” hat James Brown gesungen, dabei stimmt eher: “ It’s a Cars’s World” – diese Welt gehört den Autofahrern. Immer mehr Autos sind auf unseren Straßen unterwegs, immer größer und schwerer werden die Vehikel dabei. Der Platz, den sie dabei beanspruchen, wird selten hinterfragt, im Zweifelsfall muss Anderes eben weichen. So kommt es, dass unsere Dorfplätze statt Raum für Geselligkeit zu bieten, vielmehr zu öden Parkplätzen verkommen, Häuser für die Verbreiterung von Straßen abgerissen werden und Naturraum für neue Verkehrswege zerschnitten oder gleich ganz zerstört wird.

Anstatt diese Entwicklung zu hinterfragen oder ihr gar etwas entgegenzusetzen, gießen wir betriebsblind nur immer mehr Öl ins Feuer. Zu viel Verkehr auf unseren Straßen? Na dann müssen neue Straßen her! Hoppla, das reicht immer noch nicht? Bauen wir weiter und weiter und weiter…

Es ist verrückt wie bereit wir doch dabei sind, uns selbst vom allmächtigen Fahrzeug in die Ecke treiben zu lassen. Wir lassen es zu, dass unsere Kinder auf 50 Zentimeter breiten Bordsteigen direkt neben massiven 40 Tonnern zur Schule gehen, verhöhnen Fahrradfahrer indem wir Ihnen vermeintliche “Schutzstreifen” ohne jegliche räumliche Trennung zu den Blechlawinen auf die Straße pinseln.

Als Rechtfertigung für diesen Irrsinn dient uns immer wieder das Mantra: “Das Auto ist auf dem Land doch unersetzbar“. Das ist derzeit auch nicht zu leugnen, doch wer immer nur weiter in ein alles verzehrendes System investiert und Alternativen noch im Keim belächelt, verächtlich macht und totredet, der wird nie aus diesem Teufelskreis entkommen.

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22 Gedanken zu „Zu Fuß verliert“

  1. Beim ADFC läuft gerade wieder die Zufriedenheitsumfrage (Stichwort ADFC Fahrradklima) mit anschließender Notenvergabe für Städte und Gemeinden in verschiedenen Kategorien. In der Vergangenheit hat es zum Beispiel Kraichtal nicht einmal in die Auswertung geschafft, obwohl für so kleine Städte nur 50 Teilnehmer erforderlich wären. Also mich würde eine Kraichtal-Note mal interessieren …

  2. In manchen Straßen in Bad Schönborn muss ich einige Male auf den Gehweg ausweichen um entgegenkommenden Wagen auf zugeparkten Wegen auszuweichen auf einer Strecke von 150 m und Sonntag möchte ich jemanden besuchen, aber sonntags fährt kein Bus… Daran wird sich auch nichts ändern.

  3. Mich wundert hier nix mehr! Landratsamt und Bürgermeister opfern hier ALLES für den Verkehr!!!
    Und dazu noch Neubaugebiete und Industriegebiete…
    Zum Beispiel zahlt Kraichtal allein schon 523000 Teuro für Ersatzflächen in anderen Kommunen.
    Bravo, weiter so! Und nur nix dazu lernen!!!

  4. Es dauert ja nicht mehr lange, wenn unsere oliv-grünen „Freunde“ das Land endlich wirschaftlich gegen die Wand gefahren haben, wird sich die Zahl der Pkw’s sich automatisch reduzieren. Und die LKW’s können KEIN AdBlue mehr tanken, weil es dann keines mehr produziert werden kann. Aber macht ja nix, wenn dann die Regale in den Lebensmittelmärkte leer bleiben und eine Teuerung weitere Kreise zieht. Steigen wir doch auf Selbstversorgung um. Wen kümmert es, wenn die Arbeitslosenzahlen steigen? Der „Staat“ zahlt ALLES und wenn er keine Kohle mehr hat – einfach die Steuern rauf. MWSt von 19 auf 29 % und die von 7 auf 19 % macht doch NIX !!!!!

  5. Man lässt hier völlig konzeptlos LKW’s und Mautpreller durch die Pampa rollen, plant unsinnige Neubaugebiete und wundert sich, warum Strassen, Häuser und irgendwann die Menschen samt Kultur kaputt gehen. So wie in dieser Gegend erlebt man das selten! Offensichtlich völlige Veranwortungslosigkeit von Verwaltung, Behörden und politsch „Verantwortlicher“!!!???

  6. Ein Wort an die Kommentatoren: Wie sollen wir unseren Kindern beibringen, sich im Internet anonym zu verhalten und keine persönlichen Daten preiszugeben, wenn hier der Opa in seiner Rage polternd mit Vor- und Zunamen unterzeichnet. Falls es sich bis zu euch noch nicht herumgesprochen haben sollte: Man verwendet im Netz keine Klarnamen. Niemals, nie, nicht.

    • Unserer Meinung nach ist exakt das Gegenteil zutreffend. Sich hinter dem wohlfeilen Mantel der Anonymität zu verstecken, verleitet in viel zu vielen Fällen dazu Dinge von sich zu geben, die einem im normalen Leben die Schamesröte ins Gesicht treiben sollten. Das offene Visier fehlt in unsere Gesellschaft viel zu häufig.

      • Vollkommen richtig! Man sieht es leider ja auch hier wieder an einigen Antworten mit „Oliv-Grün“ im Text. Wenn ich solch ein dummes Zeug zusammenschreiben würde, würde ich mich allerdings auch schämen, meinen Namen mitzuveröffentlichen.

        Ach ja, danke für den tollen Artikel, welchen ich als Sinsheimer, bei dem den gesamten Tag LKWs und PKWs, trotz 30er-Zone vorbeirasen, vollumfänglich zustimmen kann.

  7. Ob anonym oder nicht…geht am eigentlichen Thema vorbei.
    Wie zu sehen ist, sind einige Kommentare fast zwei Jahre alt, der Artikel vermutlich auch.
    Was hat sich geändert? Nix!
    Äh halt…es ist noch schlimmer geworden, allem voran in Kraichtal.
    Da haben wir einen Bürgermeister, der vor der Wahl auf seiner Homepage ganz groß angekündigt hat, sich um den Verkehr zu kümmern.
    Was ist passiert? Nix. Nur Dampfplauderei. Und die Partei gewechselt.
    So zynisch das klingt: wie brauchen anscheinend mehr Tote (Kinder, Ältere…), bis hier die Kommunen und das Landratsamt was tun.
    Halt, besser wäre es, die Zuständigen dort an die besagten toten Dorfplätze oder Hauptstrassen umzusiedeln.
    Dann ginge es ganz schnell!
    Gruß von der Dorfmitte!

  8. Im Auto kann ich „anonym“ durch die Strassen brettern, im Internet kann ich anonym über Andere wettern.
    Beides war einmal ein Stück Freiheit und hat sich zur Zwangsjacke entwickelt. Alles hat zwei Seiten.
    Mensch sprich miteinander ! Schau in die Augen deines Gegenübers ! Sag ihm deine Meinung ! Aber offen ! Mit offenem Visier ! Nicht hintenrum !

  9. Huiiii hier sind aber viele Apostroph unterwegs die nicht hierher gehören.
    „Car´s´s“?
    LKW ist schon der Plural. Und schon gar nicht mit Apostroph s.

    Nur zur Info….

  10. Ich hatte eigentlich ins Auge gefasst,
    mir zur Rente ein E-Bike zu leisten.
    Ich habe dieses Vorhaben wieder fallen lassen nach dem ich mit meinem „alten Fahrrad“, nach längerer, krankheitsbedingter Pause,
    zwei, drei mal hier in der Gegend in u. um Bretten – Oberderdingen unterwegs war.
    Ich fühle mich mit dem Fahrrad auf den Straßen, außer – wie innerorts, schlicht und ergreifend nicht mehr sicher.
    Es reicht eigentlich auch schon völlig aus mit dem Auto unterwegs zu sein, um zu erleben wie einige Zeitgenossen und innen inzwischen auf den Straßen „unterwegs“ sind.
    Da lauf ich lieber zu Fuß und wenn’s nötig ist fahr ich auf 4 Rädern.

    • Geht mir genauso, bin heute von Kraichtal nach KA und zurück gefahren…mit dem Motorrad.
      Man kann sich nur schämen, was da wie mit zwei Rädern unterwegs ist.
      Und die Riesen-PKW, an Rücksichtslosigkeit nicht zu überbieten. Abstand halten unbekannt, Geschwindigkeitbegrenzung interessiert niemanden.
      Da hilft nur Lernen durch Schmerzen…finanzieller Aderlass durch rausblitzen!

  11. Oh, ich erkenne meine Kommentare aus 2022 wieder…da brauch ich nix neues schreiben…hat sich nix geändert!

  12. Seit 5 Uhr donnern hier die LKW durch den Ort.
    Dann kommen die SUV Muttis und stellen ihre Kinder an der Bushaltestelle ab.
    Zwischendurch Traktoren mit zwei Anhänger. Dazu Mähdrescher.
    Die 30er Schilder interessieren niemanden.
    Kontrollen Fehlanzeige.
    Aber Lärmaktionspläne machen.
    Statt effektiv was zu tun, verschanzt man sich im Rathaus und verschwendet Steuergelder.
    Aber man kann behaupten und nach oben melden, man hätte was getan.

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