Vor 50 Jahren wurde Zeutern ein Teil des Ubstadt-Weiherer Kleeblatts
Ein kleines Liebeslied auf das idyllisches Dörfchen am Katzbach
Ach Zeutern, ich erinnere mich noch wie gestern. Als ich dich das erste Mal gesehen habe war ich etwa 10 Jahre alt. Ich wanderte damals mit meinen Eltern auf einer dieser unzähligen, obligatorischen Familienwanderungen über den Höhenkamm von Odenheim zur Himmelreichhütte. Mit rotem Kopf und Striemen vom schweren Rucksack auf den Schultern, sah ich dich dann über das Geländer gelehnt zum ersten Mal. Ein Dorf wie aus einem Märchenbuch, mit malerisch verwinkelten Gassen, dem kleinen Kirchturm, angeschmiegt an die sanften Kraichgauhügel.
Heute bin ich nun schon über 40 Jahre alt und es zieht mich immer regelmäßig nach Zeutern. Ich wandere gerne durch die kleinen Sträßchen und Gassen, schaue mir das von wildem Wein und Rosenstöcken umrahmte Fachwerk allerorten an und lausche dem Gluckern des Katzbachs. In den wenigen freien Stunden die uns der Alltag lässt, gehen meine Frau und ich auch gerne am Wochenende hier aus. Einen warmen Sommerabend verbringt man nirgendwo schöner als im verwinkelten Innenhof des Weinschlauches oder auf der schönen Bachterrasse von Da Tony. Richtig Appetit dafür bekommt man vorher auf einer Wanderung durch die Hohlwege und die Weinberge rund um das Weindörfchen.
Der Wein ist ohnehin das Steckenpferd der “Zeidama”, nicht umsonst ist ihr Uzname schließlich “Weinschläuche” und den haben Sie schon vor verdammt langer Zeit erhalten. Einst war es nämlich üblich 10 Prozent des Weines an die fürstbischöfliche Amtskellerei abzuführen, den sogenannten Weinzehnt. Das passte den Zeuternern natürlich gar nicht und so wurden sie erfinderisch. Kurzerhand wurden die den Weinzehnt eintreibenden Kutscher nach Strich und Faden abgefüllt. Als sie spät am Abend völlig blau und auf dem Kutschbock dösend die Heimreise antraten, fuhren ihnen ein paar Zeuterner Winzer hinterher und füllten mit langen Schläuchen den Wein wieder zurück in Ihre Fässer. Durch diese Schläuche kamen also die Zeuterner zu ihrem Namen. Persönlichkeiten und echte Typen findet man hier ohnehin überall: Woischlaich und ihre friends, Fair-Play-Fans, Jakobswegwanderer samt Eselgespann und sogar die Regierung einer autarken Republik – in Zeutern sind sie alle daheim.
Ja, sie sind kreativ die Zeuterner und sie feiern auch verdammt gerne. Straßenfest, Kirchweih, Maibaumaufstellung und natürlich vor und nach dem legendären Dämmerungsumzug während der närrischen Tage. Zu jeder Gelegenheit werden auf dem kleinen Oberdorfplatz Stühle und Bänke aufgestellt und dort gemeinsam gelacht, gegessen und getrunken – zumindest immer dann, wenn kein Virus hier einen Strich durch die Rechnung macht. Wie gerne hätte ich – und wahrscheinlich auch viele andere auch – gemeinsam mit den Zeuternern im letzten Jahr ihren runden Geburtstag gefeiert. Ein rauschendes Fest war anlässlich des 1250. Jubiläums geplant. Zum Höhepunkt sollten sogar die Schürzenjäger aus dem Zillertal nach Zeutern reisen und ein großer Festumzug samt süddeutschem Böllerschützentreffen hätte dieser gigantischen Sause am Tag darauf die Krone aufsetzen sollen. Die Krise hat all dies zunichte gemacht, doch es braucht mehr als nur ein Virus um die Zeuterner vom Feiern abzuhalten. Im kleinen Kreis sitzen sie schon jetzt wieder beieinander und warten sehnsüchtig darauf sich auch im Großen wieder begegnen zu können. Entspannt und gelassen harren Sie der Dinge die da kommen mögen – Angst hat in Zeutern ohnehin niemand, schließlich hat man doch das Himmelreich von früh bis spät stets vor Augen. In diesem Jahr gibt es wieder einen kleinen Anlass zu feiern – am 1. Januar 1972, also recht genau vor 50 Jahren, wurde Zeutern ein Teil der Gemeinde Ubstadt-Weiher. Im Geschacher der damaligen Gemeindegebietsreform, bestand übrigens auch durchaus die Möglichkeit, sich mit Östringen zusammenzuschließen. Doch schlussendlich entschieden sich die Zeidama für Ubstadt-Weiher und haben es bis heute nicht bereut.