Vor 30 Jahren lief der letzte „Döschwo“ vom Band – im Kraichgau knattert der kultige Viertakter noch heute
Waghäusel/Sinsheim: Der 27. Juli 1990 ist ein denkwürdiger Tag: nach über 40 Jahren Produktionszeit verlässt der letzte Citroen 2 CV die Fertigungshalle in Mangualde/Portugal. Seit dem ersten Modell mit 9 PS wurden über 5 Millionen Stück des Kultautos „Ente“ gebaut. Die Entwicklung vom schlichten Fortbewegungsmittel mit höchstens 65 km/pro Stunde passt sich fast jährlich den steigenden Ansprüchen der Kunden an. So folgt nach den Blinkern und Heizung bzw. Lüftung in den 50er Jahren die Steigerung der Motorleistung bis zu 28 PS Mitte der 70er. 1982 werden die ursprüngliche Trommel- in Scheibenbremsen getauscht und wenige Jahre später „fliegt“ auch die Ente umweltfreundlich, wie der Werbeslogan 1986 „I Fly bleifrei“ aussagt.
An besondere Verbesserungen in der Ausstattung kann sich auch Franz Schreier, mit einer eigenen 2 CV-Werkstatt in Sinsheim, erinnern. Seit 40 Jahren verbindet den Profischrauber, der mit 67 eigentlich schon in Rente gehen könnte, sein Herzblut mit diesen besonderen Citroen-Modellen. Der aus Sandhausen stammende gelernte Schlosser schonte die knappen Studentenkassen und reparierte schon in jungen Jahren die günstigen Fortbewegungsmittel der Kommilitonen: in einer Werkstatt kostete damals immerhin nur die Reparatur der Bremsanlage 600,00 D-Mark, dabei war die Technik doch „so einfach“. Schmunzelnd erzählt er, dass es mit einer Wette begann: 2 Std. für den Komplettaustausch der Trommelbremsen – Schreier gewann. Schlussendlich entwickelte sich daraus eine besondere Verbindung zum 2 CV. Die vier Kinder sind ebenfalls in der KFZ-Branche zu Hause. In der Sinsheimer Werkstatt finden sich Langzeit-Kunden seit den 80er Jahren genauso wie aus Finnland, England und den Benelux-Ländern. Viele Komplett-Restaurationen gehen auf das Fachwissen von Franz Schreier zurück. Seine Frau Inge möchte unbedingt noch von ihrer beider Freizeit-Ausgleich berichten: Cross-Entenrennen sind die beiden zwischen 1988 und ´94 begeistert gefahren. So hängt die Gewinnerschleife aus Wittgenborn noch immer im Werkstatt-Büro. 2020 sollte das Deutschlandweite Enten-Treffen mit ca. 5-600 erwarteten 2CV in Karlsruhe stattfinden. Leider muss sich Familie Schreier nun bis 2021 zum weltweiten Treffen in der Schweiz gedulden.
Doris Vogel-Wahrheit aus Kirrlach lebt mit dem Citroen 2 CV ganz ohne Treffen und schnickschnack: „meine Ente war und ist doch kein Ausstellungsstück“ betont sie gleich zu Anfang des Gesprächs. Es zeigt sich warum: die fidele Rentnerin hat noch nie ein anderes Auto besessen! Die 13. „Ente“ befindet sich bereits seit 1984 in Ihrem Besitz. Zum Führerschein 1963 erhielt sie die erste (damals gingen sogar die Türen noch vorne auf) und entwickelte sich zu ihrem „Lieblingswagen“. „Wenn es ginge, nähme ich sie mit ins Bett“ lacht sie. Doch romantisch war es immer; so kommt auch Mann Heinz ins Schwärmen: über 5000km waren es durch Südfrankreich bis nach Marseille. Je nach Wetterlage war manchmal der Wind so stark, dass es den Anschein erweckte, die leichte Ente bliebe einfach stehen. Das Gepäck auf dem Dachgarten und 18PS machen diese Geschichte zu einer von vielen unvergesslichen Erlebnissen. Seit vielen Jahren wird die rot-schwarze Ente als Alltagsfahrzeug genutzt: ausgestattet mit einer Anhängerkupplung und einem Hänger aus 1976 ist auch der Transport diversen Materials kein Problem mehr. Neueste Errungenschaft ist ein gestreiftes Sonnensegel, „damit es mir nicht auf die Glatze brennt“ lacht Heinz und Doris führt ihr passendes „Ausfahrt-Outfit“ mit Hut vor. Ganz besonders stolz sind die beiden auf den Austausch der Motorhaube: so ergänzt das besondere Gespann eine von Heinz Vogel eigenhändig aufgearbeitete, auffällige Motorhaube aus 1956.
Ebenfalls auffällig ist die Lackierung einer Ente in Wiesental: Vera Schmitt, Modekennerin und Entenfan, selbstständig und strahlend, sobald das Gespräch auf ihre Leidenschaft kommt: „Ente fahren ist Liebe“. Ihr erstes Auto war von 1986 – ´92 ein 2 CV. Mit diesem Auto hab ich ALLES erlebt schwelgt Vera in den Erinnerungen: sogar die Rückbank habe sie ausgebaut und Grünschnitt für Ihre Pferde damit „besorgt“ und transportiert. Nach ihrer Hochzeit hielten die besorgten Männer (Vater und Ehemann) dieses Gefährt allerdings nicht angemessen sicher für eine Schwangere und kleine Kinder, so strandete das gute Stück nach Jahren und Durchrostung als Blumenkübel. Eine besondere Weihnachts-Überraschung hatte Mann Dieter dann viele Jahre später aber doch: eines der letzten Modelle aus 1990 sollte Orts intern ein neues Zuhause finden und wo wäre die mit Blumen lackierte rosa Ente besser aufgehoben als bei Vera Schmitt.
Einen auffälligen Werbeträger findet man auch in Ubstadt-Weyer: Bernhard Hoffmann fasst auf unsere Anfrage kurz und knapp passend zusammen: „Das ist auch kein Auto im herkömmlichen Sinne. 2 CV ist Statement und Herausforderung zugleich. Hängende Pedale stellen den Unterschenkeln und Füßen des Fahrers unbekannte Aufgaben und die Spazierstockschaltung ist eine besondere Aufgabe. Dafür wird man aber mit einem unvergleichlichen Fahrgefühl belohnt und alle anderen Verkehrsteilnehmer reagieren plötzlich zuvorkommend und freundlich…“
Redaktion: Alexandra Nachtigal