Große Weine kommen aus Ubstadt-Weiher. Um daran zu erinnern, legt der Gemeinderat bei der alljährlichen Weinlese traditionell selbst Hand an
Der Herbst kommt und mit ihm die Weinlese. Kühl weht der Septemberwind an diesem Donnerstagnachmittag durch die Weinreben im Stettfelder Gewann “Olmühle”. Zwischen den Weinstöcken sieht man Gesichter, die man hier normalerweise eher nicht vermuten würde. Es sind die Damen und Herren des Gemeinderates Ubstadt-Weiher, die an diesem Nachmittag die Trauben ernten. Eimer um Eimer wird gefüllt und die prallen Früchte in den großen grünen Zuber geschüttet. Später werden sie dann zur Winzergenossenschaft Zeutern transportiert, wo sie Teil des Müller-Thurgau – Jahrgang 2022 werden.
“Wir machen das, um daran zu erinnern, dass Ubstadt-Weiher immer noch eine Weinbaugemeinde ist” erklärt Bürgermeister Tony Löffler, der statt Anzug und Krawatte heute festes Schuhwerk und Arbeitskleidung trägt. Damit hat er natürlich recht, in Stettfeld und vor allem im Weinbaudorf Zeutern gibt es noch jede Menge gut bestellter Weinberge, die von mehreren Winzern bewirtschaftet werden und jedes Jahr gute Tropfen hervorbringen.
Auch der Jahrgang 2022 wird sich nicht verstecken müssen, weiß Jochen Kunz, Gemeinderat und Winzer in Personalunion, hier auf dem Weinberg heute ein gefragter Mann. Die jahrzehntealten Weinstöcke haben tiefe Wurzeln und konnten trotz des trockenen Sommers noch ausreichend Wasser in die Ausbildung der Trauben fließen lassen, erzählt der Profi und erläutert die Strategie, die Winzer in den heißen Monaten Juli und August angewandt haben: “In diesem Jahr haben wir die Pflanzen nur moderat entblättert, so dass die jungen Trauben noch genügend Schatten abbekommen haben”.
Die Weinlese per Hand hat mittlerweile übrigens Seltenheitswert. Normalerweise wird der Job von einem automatisierten Vollernter übernommen, High-Tech-Maschinen, die die Reben entlang fahren und die Trauben schonend einbringen. “Zu 98% wird die Weinlese mit diesen Maschinen erledigt” weiß Jochen Kunz, stellvertretender Vorsitzender der Winzergenossenschaft, die selbst über mehrere dieser Gerätschaften verfügt.
Heute geht es aber nicht um Effizienz, sondern um Tradition und ein Signal an die Menschen in Ubstadt-Weiher, die Stärken und Eigenschaften der eigenen Heimat zu ehren und nicht zu vergessen. Zum Schaden der Räte soll der arbeitsreiche Nachmittag aber auch nicht sein und so wartet nach der Weinlese das nicht minder traditionelle, deftige Vesper nur einen Steinwurf vom Weinberg entfernt.