Wie in Licht im Dunkel

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Erneute Kundgebungen in Bruchsal und Östringen setzen ein starkes Zeichen für ein besseres Miteinander

Nein, es waren nicht ganz so viele Menschen, wie bei der großen Demonstration am 27. Januar, als sich rund 500 Menschen unter dem Motto “Demokratie verteidigen“ auf dem Bruchsaler Marktplatz einfanden. Doch immerhin knapp 300 Bruchsaler/innen zeigten am Abend des 1. März Flagge, einem Datum dass sich schmerzhaft in die Bruchsaler Geschichte eingebrannt hat. Am 1. März 1945, nur wenige Wochen vor Kriegsende, wurde die Stadt bei massiven Luftangriffen fast nahezu zerstört. Innerhalb von nur 45 Minuten fielen weit über 50.000 Bomben auf Bruchsal, löschten über 1000 Leben aus und zerstörten etwa 90 % des Stadtgebietes. Die Schrecken des damaligen Krieges mögen für viele Menschen zwischenzeitlich ein Teil weit zurückliegender Geschichte sein, doch der Krieg als solches, ist auch heute, während sie diese Zeilen lesen, mitten in Europa wieder traurige grausame und höchst akute Wirklichkeit.

Um darauf aufmerksam zu machen, diesen Umstand wieder mehr ins Bewusstsein zu rücken und dafür zu sensibilisieren, Fehler aus der Vergangenheit nicht zu wiederholen, hatte einen breites Bündnis aus Vereinen, Gewerkschaften, Parteien, Kirchen und mehr zu einer Kundgebung auf den Bruchsaler Marktplatz geladen. Ein wichtiger und bedeutsamer Anlass in einer Zeit der kriegerischen Auseinandersetzungen und des Aufkeimens rechten und nationalistischen Gedankenguts, findet Organisator Christian Holzer (SPD). “Daher ist es uns so wichtig, dass jetzt gerade so viele Menschen auf die Straßen gehen, ein Zeichen setzen und man nimmt schon wahr – zumindest jetzt für den Moment – es geht in Ruck durchs Land und wir hoffen, dass sich das Ganze auch bis zur nächsten Wahl und auch zukünftig trägt, dass mehr Leute es wertschätzen, was es heißt, eine Demokratie zu leben, dass wir auch dafür einstehen müssen.”

Johanna aus Bruchsal bereichert die Kundgebung mutig mit einem eigenen Rap für den Frieden

Neben Holzer sprach unter anderen auch Sabina Stemann-Fuchs von der Caritas, die ihre Sorge vor einem Bruch der solidarischen Gesellschaft zum Ausdruck brachte: “Wehret den Anfängen. Extremistische Kräfte, die völkisches Gedankengut verbreiten oder mit den russischen Despoten liebäugeln, gefährden unsere Demokratie und zuvorderst Menschen, die anders sind”. Auch Syed Assad Hussain von der Bruchsaler SPD fand diesbezüglich klare Worte: “Die Formel der wehrhaften Demokratie darf nicht nur ein Lippenbekenntnis sein”. Es gälte auch entschieden den Stammtischparolen etwas Konkretes entgegenzusetzen. Am Ende der Kundgebung ließen nahezu alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Lichter ihrer Smartphones im zwischenzeitlich abendlich dunklen Bruchsal erleuchten, ein eindrückliches und schönes Bild!

Auch Östringen zeigt Flagge

Nur einen Tag später fanden sich auch auf dem Östringer Kirchberg mehrere hundert Menschen ein, um ihrerseits für Demokratie und Menschenrechte ein Zeichen zu setzen. Gerechnet hatten die beiden Veranstalterinnen Birgit Michaelsen und Franziska Hamann (beide SPD) mit etwa 200 Teilnehmern, am Ende waren es doppelt so viel. Um 13:30 Uhr verwandelte sich der große Platz vor dem Rathaus im Schatten der Kirche St. Cäcilia in ein einziges Menschenmeer. Unterstützt wurde die Kundgebung durch zahlreiche Parteien, gemeinnützige Einrichtungen, Ärzte, Apotheker und viele städtische Vereine, unter Ihnen der FC Östringen, der SV Tiefenbach, der Turnverein Odenheim, der KSV Östringen und die Katzbachbuwe. Eingeladen waren zwar mehr, doch die Kernbotschaft “Für Demokratie und Menschenrechte” war manchen offenbar zu politisch. So schrieb beispielsweise der Fasnachtsverein “Wicker Wacker Östringen” in einer Stellungnahme: “…Als Vereine stehen wir jedoch nicht über dem Gesetz. Wir erkennen an, dass Versäumnisse der Politik, Schiefstände oder Unzufriedenheiten von allen Narren angesprochen, jedoch nicht korrigiert werden können. Die Fastnacht sowie unsere Vereine sind parteipolitisch neutral, weshalb wir uns nicht aktiv an oben genannter Kundgebung beteiligen werden….”.

Sich aus dem derzeitigen Diskurs herauszuhalten, steht für Östringens Bürgermeister Felix Geider nicht zur Option. Als erster Redner der Kundgebung, formulierte er seine Sorge um den gesellschaftlichen Zusammenhalt klar und unumwunden: “Leider leben wir in einer Zeit, in der diese Grundwerte, die beiden wichtigsten Grundpfeiler unserer Verfassung, zunehmend unter Druck geraten. Umso wichtiger ist es, dass sich die Menschen in Deutschland für diese grundlegenden Werte unseres sozialen Zusammenlebens aktiv einsetzen und ihre Stimme erheben, wenn diese Werte in Gefahr sind. Es ist für uns alle höchste Zeit, wie ich meine, klare Signale zu setzen.” Unterstützt wurde Geider durch zahlreiche anwesende Mitglieder des Östringer Gemeinderates, dessen Fraktionen allesamt auf dem Kirchberg vertreten waren. Dem Bürgermeister folgten noch zahlreiche weitere Redner: Der katholische Pfarrer Thomas Glatzel, dessen Redebeitrag über das Wirken Gottes einer Predigt nahe kam, sowie Niclas Moldenhauer, (FDP), Klaus-Dieter Knorr (SPD), Florian Golling (B90/Grüne) und Klemens Haag (ULi). Darüber hinaus sprachen Vertreter der Jusos sowie mit Udo Schmid, der Leiter des HZÖ.

Bürgermeister Felix Geider zeigte sich tief beeindruckt von der Kundgebung und den vielen anwesenden Menschen aus seiner Stadt. “Heute bin ich als ihr Bürgermeister sehr stolz darauf zu sehen, wie sich ganz schnell die demokratischen Parteien, die Kirchen, Vereine, Gruppen, Initiativen und Betriebe zusammengeschlossen haben mit einer klaren Botschaft: “Ja zu den Werten unseres Grundgesetzes! Nein zu Hass und Hetze! Nein zu Ausgrenzung! Danke Ihnen allen, dass wir diese klare Botschaft gemeinsam aussenden dürfen! Vielfalt ist unsere Stärke!”

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